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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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je lauter dieser leichtfertige Ruhm seine Schwingen um mein Haupt schlägt, um desto brennender spaltet sich die Wunde in meinem Innern; um so lauter klagt mich die Schuld des eigenen Geistes und Herzens an. So hören Sie, mein Vater: es ist mir versagt, ich darf keine Heiligenbilder mehr malen! Der Himmel ist mir verschlossen. Seitdem ich meinen Schwur gebrochen, ist die Einfalt und Unschuld der Kunst von mir genommen. Gott läßt nicht mit sich spielen! Er will ein reines Herz; ich brachte ihm ein entweihtes; und so hat er mich hinausgestoßen in die Welt, in das freche, buhlerische, lügnerische Treiben voll Unwahrheit und Selbstsucht, und hier im Strudel geh' ich unter!

Der Greis richtete sich auf und sagte lächelnd: Das sind Nachwirkungen jener Eindrücke, die die Visionen der kranken Nonne bei Ihnen erzeugten. Doch jene Gebilde waren nichts mehr, als dunkle, abergläubische Vorstellungen. Glauben Sie in der That, daß wir auf eine so grell sinnliche Weise Thorheiten und Verbrechen büßen werden, die in der Desorganisation der feinen und subtilen Materie ihren Grund hatten, die wir Seele, Geist, Urtheil, Herz nennen? Oder halten Sie dafür, daß die Kunst, um Gott wohlgefällig und den Menschen wahrhaft dienlich zu sein, sich nicht von den dürren Linien, in die sie der fromme Glaube, vereint mit dem Barbarismus der Darstellungsmittel, sowie des Mangels künstlerischer Auffassung in jenen frühern Zeiten bannten, befreien müsse?

je lauter dieser leichtfertige Ruhm seine Schwingen um mein Haupt schlägt, um desto brennender spaltet sich die Wunde in meinem Innern; um so lauter klagt mich die Schuld des eigenen Geistes und Herzens an. So hören Sie, mein Vater: es ist mir versagt, ich darf keine Heiligenbilder mehr malen! Der Himmel ist mir verschlossen. Seitdem ich meinen Schwur gebrochen, ist die Einfalt und Unschuld der Kunst von mir genommen. Gott läßt nicht mit sich spielen! Er will ein reines Herz; ich brachte ihm ein entweihtes; und so hat er mich hinausgestoßen in die Welt, in das freche, buhlerische, lügnerische Treiben voll Unwahrheit und Selbstsucht, und hier im Strudel geh' ich unter!

Der Greis richtete sich auf und sagte lächelnd: Das sind Nachwirkungen jener Eindrücke, die die Visionen der kranken Nonne bei Ihnen erzeugten. Doch jene Gebilde waren nichts mehr, als dunkle, abergläubische Vorstellungen. Glauben Sie in der That, daß wir auf eine so grell sinnliche Weise Thorheiten und Verbrechen büßen werden, die in der Desorganisation der feinen und subtilen Materie ihren Grund hatten, die wir Seele, Geist, Urtheil, Herz nennen? Oder halten Sie dafür, daß die Kunst, um Gott wohlgefällig und den Menschen wahrhaft dienlich zu sein, sich nicht von den dürren Linien, in die sie der fromme Glaube, vereint mit dem Barbarismus der Darstellungsmittel, sowie des Mangels künstlerischer Auffassung in jenen frühern Zeiten bannten, befreien müsse?

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/94>, abgerufen am 21.11.2024.