Eine stärkere ganz sinnliche Begierde, die aus dunkeln sinnlichen Reizungen entsteht, und deren materielle Jdeen im Gehirne sich also wenig entwickeln, §. 26. heißt ein blin- der Trieb, (Jnstinkt, Sympathie, sinnlicher Hang, sinnliche Neigung, natürlicher Trieb im weitläufti- gen Verstande; S. §. 295.) und eine solche Verab- scheuung, ein blinder Abscheu; (Antipathie, sinnliche Abneigung, Feindschaft;) beyde aber sinnliche Triebe. (Das Fleisch.) Sie werden in Triebe der Selbsterhal- tung, der Selbstvertheidigung, der Fortpflanzung des Geschlechts, und solche für die Nachkommenschaft eingetheilt.
§. 91.
Stärkere Begierden und Verabscheuungen aus ver- worrenen, (zwar klaren, deren man sich bewußt ist, aber un- deutlichen) sinnlichen Reizungen, deren materielle Jdeen im Gehirne sich also weit mehr entwickeln, als der sinnli- chen Triebe, §. 26. heißen Leidenschaften, (Gemüths- bewegungen, Affeckten,) davon die, aus den sinnlichen Reizungen der Lust, angenehme, der Unlust aber, unan- genehme genennet werden.
§. 92.
Jn jedem sinnlichen Triebe und in jeder Leidenschaft hat man zu unterscheiden:
1. Eine durch die äußern Empfindungen auf eine nähe- re Weise hervorgebrachte dunkle oder verworrene Vorherse- hung und Erwartung einer zukünftigen (innern oder äußern, §. 34. 80.) Empfindung, die also schon Merkmale (Theile) derselben in sich hält §. 73. und solche materielle Jdeen im Gehirne erzeugt, welche aus Theilen der materiel- len Jdee der künftigen Empfindung bestehen, das ist,
die
G
3 Abſchn. der Nerven. Triebe. Leidenſchaften.
Triebe. Leidenſchaften.
§. 90.
Eine ſtaͤrkere ganz ſinnliche Begierde, die aus dunkeln ſinnlichen Reizungen entſteht, und deren materielle Jdeen im Gehirne ſich alſo wenig entwickeln, §. 26. heißt ein blin- der Trieb, (Jnſtinkt, Sympathie, ſinnlicher Hang, ſinnliche Neigung, natuͤrlicher Trieb im weitlaͤufti- gen Verſtande; S. §. 295.) und eine ſolche Verab- ſcheuung, ein blinder Abſcheu; (Antipathie, ſinnliche Abneigung, Feindſchaft;) beyde aber ſinnliche Triebe. (Das Fleiſch.) Sie werden in Triebe der Selbſterhal- tung, der Selbſtvertheidigung, der Fortpflanzung des Geſchlechts, und ſolche fuͤr die Nachkommenſchaft eingetheilt.
§. 91.
Staͤrkere Begierden und Verabſcheuungen aus ver- worrenen, (zwar klaren, deren man ſich bewußt iſt, aber un- deutlichen) ſinnlichen Reizungen, deren materielle Jdeen im Gehirne ſich alſo weit mehr entwickeln, als der ſinnli- chen Triebe, §. 26. heißen Leidenſchaften, (Gemuͤths- bewegungen, Affeckten,) davon die, aus den ſinnlichen Reizungen der Luſt, angenehme, der Unluſt aber, unan- genehme genennet werden.
§. 92.
Jn jedem ſinnlichen Triebe und in jeder Leidenſchaft hat man zu unterſcheiden:
1. Eine durch die aͤußern Empfindungen auf eine naͤhe- re Weiſe hervorgebrachte dunkle oder verworrene Vorherſe- hung und Erwartung einer zukuͤnftigen (innern oder aͤußern, §. 34. 80.) Empfindung, die alſo ſchon Merkmale (Theile) derſelben in ſich haͤlt §. 73. und ſolche materielle Jdeen im Gehirne erzeugt, welche aus Theilen der materiel- len Jdee der kuͤnftigen Empfindung beſtehen, das iſt,
die
G
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3 Abſchn. der Nerven. Triebe. Leidenſchaften.
Triebe. Leidenſchaften.
§. 90.
Eine ſtaͤrkere ganz ſinnliche Begierde, die aus dunkeln
ſinnlichen Reizungen entſteht, und deren materielle Jdeen
im Gehirne ſich alſo wenig entwickeln, §. 26. heißt ein blin-
der Trieb, (Jnſtinkt, Sympathie, ſinnlicher Hang,
ſinnliche Neigung, natuͤrlicher Trieb im weitlaͤufti-
gen Verſtande; S. §. 295.) und eine ſolche Verab-
ſcheuung, ein blinder Abſcheu; (Antipathie, ſinnliche
Abneigung, Feindſchaft;) beyde aber ſinnliche Triebe.
(Das Fleiſch.) Sie werden in Triebe der Selbſterhal-
tung, der Selbſtvertheidigung, der Fortpflanzung
des Geſchlechts, und ſolche fuͤr die Nachkommenſchaft
eingetheilt.
§. 91.
Staͤrkere Begierden und Verabſcheuungen aus ver-
worrenen, (zwar klaren, deren man ſich bewußt iſt, aber un-
deutlichen) ſinnlichen Reizungen, deren materielle Jdeen
im Gehirne ſich alſo weit mehr entwickeln, als der ſinnli-
chen Triebe, §. 26. heißen Leidenſchaften, (Gemuͤths-
bewegungen, Affeckten,) davon die, aus den ſinnlichen
Reizungen der Luſt, angenehme, der Unluſt aber, unan-
genehme genennet werden.
§. 92.
Jn jedem ſinnlichen Triebe und in jeder Leidenſchaft hat
man zu unterſcheiden:
1. Eine durch die aͤußern Empfindungen auf eine naͤhe-
re Weiſe hervorgebrachte dunkle oder verworrene Vorherſe-
hung und Erwartung einer zukuͤnftigen (innern oder aͤußern,
§. 34. 80.) Empfindung, die alſo ſchon Merkmale
(Theile) derſelben in ſich haͤlt §. 73. und ſolche materielle
Jdeen im Gehirne erzeugt, welche aus Theilen der materiel-
len Jdee der kuͤnftigen Empfindung beſtehen, das iſt,
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/121>, abgerufen am 21.11.2024.
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