gen äußern, so können doch alle übrige Nervenursprünge im Gehirne davon ungerührt bleiben, so daß durch sie niemals, oder doch nur unter Bedingungen, von solchen Vorstellun- gen Seelenwirkungen entspringen. §. 124.
2. Es kann auch seyn, daß manche Nerven in ihrem Ursprunge der sich abwärts fortpflanzenden sinnlichen Ein- drücke von manchen Vorstellungen (materiellen Jdeen) von Natur unfähig sind, oder werden, obgleich sich die Bewe- gung der materiellen Jdee wirklich mit auf ihren Ursprung erstrecket, und daß nur gewisse Arten der Vorstellungen (ma- teriellen Jdeen) sie so sinnlich rühren können, gleich wie nur gewisse Arten äußerlicher sinnlicher Eindrücke die Nerven gegen sich empfindlich finden §. 47. N. 2. So kann z. E. ein angenehmer Geschmack, oder eine Einbildung oder Vor- hersehung eines solchen, nie ein Erbrechen des Magens er- regen, das in diesem Falle eine Seelenwirkung wäre, da es doch ein unangenehmer Geschmack, oder dessen Einbildung oder Vorhersehung thut, obgleich beyderley Empfindungen durch einerley Nerven an einerley Ursprung im Gehirne kommen, und daselbst eine materielle Jdee erregen, und beyderley Einbildungen oder Vorhersehungen, ihres nähern Ursprungs wegen aus diesen Empfindungen, auch an einer- ley Stellen ihre materiellen Jdeen oder sinnlichen Eindrü- cke ins Gehirn hervorbringen müssen §. 124. und doch nur von der einen Art die Seelenwirkung des Erbrechens er- folget, nicht aber von der andern.
3. Es können die äußerlichen Empfindungen und an- dern Vorstellungen zuweilen so schwach seyn, daß sie den sinnlichen Eindruck ins Gehirn nicht so stark machen, als er zur Hervorbringung einer Seelenwirkung durch die Ner- ven vielleicht nöthig ist, wie solches bey den äußerlichen Em- pfindungen auch Statt findet. §. 47. N. 3. So bringt z. E. ein zu schwaches Kitzeln in der Nase von einem Stau- be kein Niesen, das eine Seelenwirkung von einer äußern Empfindung, (vom Kitzel §. 80.) ist, hervor, hingegen ein stärkeres; und so unterlassen wir im Traume bey vielen
schwachen
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
gen aͤußern, ſo koͤnnen doch alle uͤbrige Nervenurſpruͤnge im Gehirne davon ungeruͤhrt bleiben, ſo daß durch ſie niemals, oder doch nur unter Bedingungen, von ſolchen Vorſtellun- gen Seelenwirkungen entſpringen. §. 124.
2. Es kann auch ſeyn, daß manche Nerven in ihrem Urſprunge der ſich abwaͤrts fortpflanzenden ſinnlichen Ein- druͤcke von manchen Vorſtellungen (materiellen Jdeen) von Natur unfaͤhig ſind, oder werden, obgleich ſich die Bewe- gung der materiellen Jdee wirklich mit auf ihren Urſprung erſtrecket, und daß nur gewiſſe Arten der Vorſtellungen (ma- teriellen Jdeen) ſie ſo ſinnlich ruͤhren koͤnnen, gleich wie nur gewiſſe Arten aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke die Nerven gegen ſich empfindlich finden §. 47. N. 2. So kann z. E. ein angenehmer Geſchmack, oder eine Einbildung oder Vor- herſehung eines ſolchen, nie ein Erbrechen des Magens er- regen, das in dieſem Falle eine Seelenwirkung waͤre, da es doch ein unangenehmer Geſchmack, oder deſſen Einbildung oder Vorherſehung thut, obgleich beyderley Empfindungen durch einerley Nerven an einerley Urſprung im Gehirne kommen, und daſelbſt eine materielle Jdee erregen, und beyderley Einbildungen oder Vorherſehungen, ihres naͤhern Urſprungs wegen aus dieſen Empfindungen, auch an einer- ley Stellen ihre materiellen Jdeen oder ſinnlichen Eindruͤ- cke ins Gehirn hervorbringen muͤſſen §. 124. und doch nur von der einen Art die Seelenwirkung des Erbrechens er- folget, nicht aber von der andern.
3. Es koͤnnen die aͤußerlichen Empfindungen und an- dern Vorſtellungen zuweilen ſo ſchwach ſeyn, daß ſie den ſinnlichen Eindruck ins Gehirn nicht ſo ſtark machen, als er zur Hervorbringung einer Seelenwirkung durch die Ner- ven vielleicht noͤthig iſt, wie ſolches bey den aͤußerlichen Em- pfindungen auch Statt findet. §. 47. N. 3. So bringt z. E. ein zu ſchwaches Kitzeln in der Naſe von einem Stau- be kein Nieſen, das eine Seelenwirkung von einer aͤußern Empfindung, (vom Kitzel §. 80.) iſt, hervor, hingegen ein ſtaͤrkeres; und ſo unterlaſſen wir im Traume bey vielen
ſchwachen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0156"n="132"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I</hi> Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.</hi></fw><lb/>
gen aͤußern, ſo koͤnnen doch alle uͤbrige Nervenurſpruͤnge im<lb/>
Gehirne davon ungeruͤhrt bleiben, ſo daß durch ſie niemals,<lb/>
oder doch nur unter Bedingungen, von ſolchen Vorſtellun-<lb/>
gen Seelenwirkungen entſpringen. §. 124.</p><lb/><p>2. Es kann auch ſeyn, daß manche Nerven in ihrem<lb/>
Urſprunge der ſich abwaͤrts fortpflanzenden ſinnlichen Ein-<lb/>
druͤcke von manchen Vorſtellungen (materiellen Jdeen) von<lb/>
Natur unfaͤhig ſind, oder werden, obgleich ſich die Bewe-<lb/>
gung der materiellen Jdee wirklich mit auf ihren Urſprung<lb/>
erſtrecket, und daß nur gewiſſe Arten der Vorſtellungen (ma-<lb/>
teriellen Jdeen) ſie ſo ſinnlich ruͤhren koͤnnen, gleich wie nur<lb/>
gewiſſe Arten aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke die Nerven<lb/>
gegen ſich empfindlich finden §. 47. <hirendition="#aq">N.</hi> 2. So kann z. E.<lb/>
ein angenehmer Geſchmack, oder eine Einbildung oder Vor-<lb/>
herſehung eines ſolchen, nie ein Erbrechen des Magens er-<lb/>
regen, das in dieſem Falle eine Seelenwirkung waͤre, da es<lb/>
doch ein unangenehmer Geſchmack, oder deſſen Einbildung<lb/>
oder Vorherſehung thut, obgleich beyderley Empfindungen<lb/>
durch einerley Nerven an einerley Urſprung im Gehirne<lb/>
kommen, und daſelbſt eine materielle Jdee erregen, und<lb/>
beyderley Einbildungen oder Vorherſehungen, ihres naͤhern<lb/>
Urſprungs wegen aus dieſen Empfindungen, auch an einer-<lb/>
ley Stellen ihre materiellen Jdeen oder ſinnlichen Eindruͤ-<lb/>
cke ins Gehirn hervorbringen muͤſſen §. 124. und doch nur<lb/>
von der einen Art die Seelenwirkung des Erbrechens er-<lb/>
folget, nicht aber von der andern.</p><lb/><p>3. Es koͤnnen die aͤußerlichen Empfindungen und an-<lb/>
dern Vorſtellungen zuweilen ſo ſchwach ſeyn, daß ſie den<lb/>ſinnlichen Eindruck ins Gehirn nicht ſo ſtark machen, als<lb/>
er zur Hervorbringung einer Seelenwirkung durch die Ner-<lb/>
ven vielleicht noͤthig iſt, wie ſolches bey den aͤußerlichen Em-<lb/>
pfindungen auch Statt findet. §. 47. <hirendition="#aq">N.</hi> 3. So bringt<lb/>
z. E. ein zu ſchwaches Kitzeln in der Naſe von einem Stau-<lb/>
be kein Nieſen, das eine Seelenwirkung von einer aͤußern<lb/>
Empfindung, (vom Kitzel §. 80.) iſt, hervor, hingegen ein<lb/>ſtaͤrkeres; und ſo unterlaſſen wir im Traume bey vielen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchwachen</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[132/0156]
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
gen aͤußern, ſo koͤnnen doch alle uͤbrige Nervenurſpruͤnge im
Gehirne davon ungeruͤhrt bleiben, ſo daß durch ſie niemals,
oder doch nur unter Bedingungen, von ſolchen Vorſtellun-
gen Seelenwirkungen entſpringen. §. 124.
2. Es kann auch ſeyn, daß manche Nerven in ihrem
Urſprunge der ſich abwaͤrts fortpflanzenden ſinnlichen Ein-
druͤcke von manchen Vorſtellungen (materiellen Jdeen) von
Natur unfaͤhig ſind, oder werden, obgleich ſich die Bewe-
gung der materiellen Jdee wirklich mit auf ihren Urſprung
erſtrecket, und daß nur gewiſſe Arten der Vorſtellungen (ma-
teriellen Jdeen) ſie ſo ſinnlich ruͤhren koͤnnen, gleich wie nur
gewiſſe Arten aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke die Nerven
gegen ſich empfindlich finden §. 47. N. 2. So kann z. E.
ein angenehmer Geſchmack, oder eine Einbildung oder Vor-
herſehung eines ſolchen, nie ein Erbrechen des Magens er-
regen, das in dieſem Falle eine Seelenwirkung waͤre, da es
doch ein unangenehmer Geſchmack, oder deſſen Einbildung
oder Vorherſehung thut, obgleich beyderley Empfindungen
durch einerley Nerven an einerley Urſprung im Gehirne
kommen, und daſelbſt eine materielle Jdee erregen, und
beyderley Einbildungen oder Vorherſehungen, ihres naͤhern
Urſprungs wegen aus dieſen Empfindungen, auch an einer-
ley Stellen ihre materiellen Jdeen oder ſinnlichen Eindruͤ-
cke ins Gehirn hervorbringen muͤſſen §. 124. und doch nur
von der einen Art die Seelenwirkung des Erbrechens er-
folget, nicht aber von der andern.
3. Es koͤnnen die aͤußerlichen Empfindungen und an-
dern Vorſtellungen zuweilen ſo ſchwach ſeyn, daß ſie den
ſinnlichen Eindruck ins Gehirn nicht ſo ſtark machen, als
er zur Hervorbringung einer Seelenwirkung durch die Ner-
ven vielleicht noͤthig iſt, wie ſolches bey den aͤußerlichen Em-
pfindungen auch Statt findet. §. 47. N. 3. So bringt
z. E. ein zu ſchwaches Kitzeln in der Naſe von einem Stau-
be kein Nieſen, das eine Seelenwirkung von einer aͤußern
Empfindung, (vom Kitzel §. 80.) iſt, hervor, hingegen ein
ſtaͤrkeres; und ſo unterlaſſen wir im Traume bey vielen
ſchwachen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/156>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.