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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Zweigen überziehen. H. P. §. 679. Das Netz hat we-
nig Nerven und ist unempfindlich.

§. 174.

Der Magen hat viele und beträchtliche Nerven, und
eine ungemeine Empfindlichkeit. Wenn man den Stamm
dieser Nerven (des achten Paares) unterbindet, so geht die
Kraft des Magens und seine Verdauung zu Grunde. Sei-
ne Nerven sind besondrer äußerer sinnlicher Eindrücke in ih-
ren Spitzen fähig, so daß scharfe Dinge, die die Zunge
nicht unterscheiden kann, doch den Magen empören. H. P.
§. 630. Dagegen machen oft andre Dinge, die die Zun-
ge höchst verschieden empfindet, im Magen nicht nur keine
verschiedene, sondern gar keine äußere Empfindung, ob sie
gleich, wie aus den thierischen Bewegungen, die sie in ihm
zuweilen hervorbringen, erhellet, in seinen Nervenspitzen
andre äußere sinnliche Eindrücke machen müssen, die nicht
empfunden werden, weil vermuthlich natürliche Hindernisse
vorhanden sind, welche diese äußern sinnlichen Eindrücke
nicht zum Gehirn aufsteigen lassen, §. 47. wovon aber erst
im folgenden Theile dieses Werks gehandelt werden kann.
(S. §. 428. 429.) Durch seine Empfindlichkeit ist der
Magen sinnlicher Eindrücke von Vorstellungen durchs Ge-
hirn fähig, §. 98. welches Seelenwirkungen sind; §. 97.
z. E. wenn ein heftiger Schmerz einen Magenkrampf er-
reget. Auch können, nach eben den Gründen, woraus es
vom Schlunde und den Gedärmen erwiesen worden, §.
170. die sinnlichen Vorstellungen und Begierden in ihm
Bewegungen hervorbringen, die Seelenwirkungen sind, z.
E. wenn sich von einer Einbildung, Vorhersehung, einem
Eckel, seine Bewegung umkehret, daß er sich erbricht, oder
wenn er durch den Hunger beweget, und durch heftige Lei-
denschaften in Krampf gebracht wird. Der Wille hat we-
nig Gewalt über seine Verrichtungen. Sonst aber ist noch
der Einfluß der Nerven in ihn sehr groß, vermittelst der
Fleischhaut, der Adern, der Drüsen, der Muskeln, des

Zwerch-

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Zweigen uͤberziehen. H. P. §. 679. Das Netz hat we-
nig Nerven und iſt unempfindlich.

§. 174.

Der Magen hat viele und betraͤchtliche Nerven, und
eine ungemeine Empfindlichkeit. Wenn man den Stamm
dieſer Nerven (des achten Paares) unterbindet, ſo geht die
Kraft des Magens und ſeine Verdauung zu Grunde. Sei-
ne Nerven ſind beſondrer aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke in ih-
ren Spitzen faͤhig, ſo daß ſcharfe Dinge, die die Zunge
nicht unterſcheiden kann, doch den Magen empoͤren. H. P.
§. 630. Dagegen machen oft andre Dinge, die die Zun-
ge hoͤchſt verſchieden empfindet, im Magen nicht nur keine
verſchiedene, ſondern gar keine aͤußere Empfindung, ob ſie
gleich, wie aus den thieriſchen Bewegungen, die ſie in ihm
zuweilen hervorbringen, erhellet, in ſeinen Nervenſpitzen
andre aͤußere ſinnliche Eindruͤcke machen muͤſſen, die nicht
empfunden werden, weil vermuthlich natuͤrliche Hinderniſſe
vorhanden ſind, welche dieſe aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke
nicht zum Gehirn aufſteigen laſſen, §. 47. wovon aber erſt
im folgenden Theile dieſes Werks gehandelt werden kann.
(S. §. 428. 429.) Durch ſeine Empfindlichkeit iſt der
Magen ſinnlicher Eindruͤcke von Vorſtellungen durchs Ge-
hirn faͤhig, §. 98. welches Seelenwirkungen ſind; §. 97.
z. E. wenn ein heftiger Schmerz einen Magenkrampf er-
reget. Auch koͤnnen, nach eben den Gruͤnden, woraus es
vom Schlunde und den Gedaͤrmen erwieſen worden, §.
170. die ſinnlichen Vorſtellungen und Begierden in ihm
Bewegungen hervorbringen, die Seelenwirkungen ſind, z.
E. wenn ſich von einer Einbildung, Vorherſehung, einem
Eckel, ſeine Bewegung umkehret, daß er ſich erbricht, oder
wenn er durch den Hunger beweget, und durch heftige Lei-
denſchaften in Krampf gebracht wird. Der Wille hat we-
nig Gewalt uͤber ſeine Verrichtungen. Sonſt aber iſt noch
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[172/0196] I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. Zweigen uͤberziehen. H. P. §. 679. Das Netz hat we- nig Nerven und iſt unempfindlich. §. 174. Der Magen hat viele und betraͤchtliche Nerven, und eine ungemeine Empfindlichkeit. Wenn man den Stamm dieſer Nerven (des achten Paares) unterbindet, ſo geht die Kraft des Magens und ſeine Verdauung zu Grunde. Sei- ne Nerven ſind beſondrer aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke in ih- ren Spitzen faͤhig, ſo daß ſcharfe Dinge, die die Zunge nicht unterſcheiden kann, doch den Magen empoͤren. H. P. §. 630. Dagegen machen oft andre Dinge, die die Zun- ge hoͤchſt verſchieden empfindet, im Magen nicht nur keine verſchiedene, ſondern gar keine aͤußere Empfindung, ob ſie gleich, wie aus den thieriſchen Bewegungen, die ſie in ihm zuweilen hervorbringen, erhellet, in ſeinen Nervenſpitzen andre aͤußere ſinnliche Eindruͤcke machen muͤſſen, die nicht empfunden werden, weil vermuthlich natuͤrliche Hinderniſſe vorhanden ſind, welche dieſe aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke nicht zum Gehirn aufſteigen laſſen, §. 47. wovon aber erſt im folgenden Theile dieſes Werks gehandelt werden kann. (S. §. 428. 429.) Durch ſeine Empfindlichkeit iſt der Magen ſinnlicher Eindruͤcke von Vorſtellungen durchs Ge- hirn faͤhig, §. 98. welches Seelenwirkungen ſind; §. 97. z. E. wenn ein heftiger Schmerz einen Magenkrampf er- reget. Auch koͤnnen, nach eben den Gruͤnden, woraus es vom Schlunde und den Gedaͤrmen erwieſen worden, §. 170. die ſinnlichen Vorſtellungen und Begierden in ihm Bewegungen hervorbringen, die Seelenwirkungen ſind, z. E. wenn ſich von einer Einbildung, Vorherſehung, einem Eckel, ſeine Bewegung umkehret, daß er ſich erbricht, oder wenn er durch den Hunger beweget, und durch heftige Lei- denſchaften in Krampf gebracht wird. Der Wille hat we- nig Gewalt uͤber ſeine Verrichtungen. Sonſt aber iſt noch der Einfluß der Nerven in ihn ſehr groß, vermittelſt der Fleiſchhaut, der Adern, der Druͤſen, der Muskeln, des Zwerch-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/196>, abgerufen am 23.11.2024.