Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I Th. Th Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
enthaltenen Säfte nach ihren Endungen hinleite, wo sie
sich in manchen Fällen anhäufen, in manchen aber aus-
fließen. "Dolori multa fere cum voluptate communia,
"sunt; fortior nempe sensus; fortior etiam sanguinis con-
"fluxus ad eam partem, quae vel voluptate emovetur,
"vel dolore; exempla sunt in venereis organis, in ipsis
"oculis acrius tuentibus, in fricta cute." v. Hall. Element.
Physiol. T. V. pag.
577. Diese Wirkung ist thierisch,
denn andern mechanischen Maschinen, ob sie gleich auch
dergleichen Canäle haben, ist sie auf solche Art gar nicht ei-
gen; sie erfolget auch nicht in todten Thieren, mithin nicht
nach einem bloßen Mechanismo, §. 7. und ist, so fern sie
auf äußere Empfindungen in denselben Theilen zu erfolgen
pfleget, eine unmittelbare Seelenwirkung von äußern Em-
pfindungen. §. 98. 183. Die unmittelbare Wirkung der
äußern Empfindungen in die Adern ist ein Zusammenzie-
hen. §. 205. Wenn die Endungen der Adern, die die
Säfte vom Herzen ableiten, und sie entweder in andre, die
sie wieder zurückführen, oder in Hölen ergießen, in die sie
sich öffnen, zusammengeschnüret werden, so sammlet sich
im ersten Falle, der immerfort zuströmende Saft gar bald
in ihnen, treibt sie auf, und spannet sie aus, und so entste-
hen, nach den mechanischen Gründen der Pathologie, Sto-
ckung, Geschwulst und Entzündung. So fangen von Ent-
zündungsschmerzen die kleinen Endungen der Schlagadern,
die sonst nicht pulsiren, im entzündeten Theile zu pulsiren
an. H. P. §. 33. Jm andern Falle wird von der gewalt-
samen Ausdehnung der kleinen Endungen ihre Oeffnung in
die Hölen mit Gewalt erweitert, und es erfolget alsdann
von solchen äußern Empfindungen ein reichlicher Ausfluß
der angehäuften Säfte in solche Hölen. Diese Wirkung
ist desto stärker, je stärker die äußere Empfindung ist. §.
194. Daher entstehen in den Muskeln und in allen an-
dern mechanischen Maschinen von schmerzhaften äußern
Empfindungen widernatürliche Cntzündungen mit Ge-
schwulst, von angenehmen, z. E. dem Reiben, der Wärme,

dem

I Th. Th Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
enthaltenen Saͤfte nach ihren Endungen hinleite, wo ſie
ſich in manchen Faͤllen anhaͤufen, in manchen aber aus-
fließen. „Dolori multa fere cum voluptate communia,
„ſunt; fortior nempe ſenſus; fortior etiam ſanguinis con-
„fluxus ad eam partem, quae vel voluptate emovetur,
„vel dolore; exempla ſunt in venereis organis, in ipſis
„oculis acrius tuentibus, in fricta cute.“ v. Hall. Element.
Phyſiol. T. V. pag.
577. Dieſe Wirkung iſt thieriſch,
denn andern mechaniſchen Maſchinen, ob ſie gleich auch
dergleichen Canaͤle haben, iſt ſie auf ſolche Art gar nicht ei-
gen; ſie erfolget auch nicht in todten Thieren, mithin nicht
nach einem bloßen Mechanismo, §. 7. und iſt, ſo fern ſie
auf aͤußere Empfindungen in denſelben Theilen zu erfolgen
pfleget, eine unmittelbare Seelenwirkung von aͤußern Em-
pfindungen. §. 98. 183. Die unmittelbare Wirkung der
aͤußern Empfindungen in die Adern iſt ein Zuſammenzie-
hen. §. 205. Wenn die Endungen der Adern, die die
Saͤfte vom Herzen ableiten, und ſie entweder in andre, die
ſie wieder zuruͤckfuͤhren, oder in Hoͤlen ergießen, in die ſie
ſich oͤffnen, zuſammengeſchnuͤret werden, ſo ſammlet ſich
im erſten Falle, der immerfort zuſtroͤmende Saft gar bald
in ihnen, treibt ſie auf, und ſpannet ſie aus, und ſo entſte-
hen, nach den mechaniſchen Gruͤnden der Pathologie, Sto-
ckung, Geſchwulſt und Entzuͤndung. So fangen von Ent-
zuͤndungsſchmerzen die kleinen Endungen der Schlagadern,
die ſonſt nicht pulſiren, im entzuͤndeten Theile zu pulſiren
an. H. P. §. 33. Jm andern Falle wird von der gewalt-
ſamen Ausdehnung der kleinen Endungen ihre Oeffnung in
die Hoͤlen mit Gewalt erweitert, und es erfolget alsdann
von ſolchen aͤußern Empfindungen ein reichlicher Ausfluß
der angehaͤuften Saͤfte in ſolche Hoͤlen. Dieſe Wirkung
iſt deſto ſtaͤrker, je ſtaͤrker die aͤußere Empfindung iſt. §.
194. Daher entſtehen in den Muskeln und in allen an-
dern mechaniſchen Maſchinen von ſchmerzhaften aͤußern
Empfindungen widernatuͤrliche Cntzuͤndungen mit Ge-
ſchwulſt, von angenehmen, z. E. dem Reiben, der Waͤrme,

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0218" n="194"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Th. Th Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.</hi></fw><lb/>
enthaltenen Sa&#x0364;fte nach ihren Endungen hinleite, wo &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich in manchen Fa&#x0364;llen anha&#x0364;ufen, in manchen aber aus-<lb/>
fließen. <hi rendition="#aq">&#x201E;Dolori multa fere cum voluptate communia,<lb/>
&#x201E;&#x017F;unt; fortior nempe &#x017F;en&#x017F;us; fortior etiam &#x017F;anguinis con-<lb/>
&#x201E;fluxus ad eam partem, quae vel voluptate emovetur,<lb/>
&#x201E;vel dolore; exempla &#x017F;unt in venereis organis, in ip&#x017F;is<lb/>
&#x201E;oculis acrius tuentibus, in fricta cute.&#x201C; v. Hall. Element.<lb/>
Phy&#x017F;iol. T. V. pag.</hi> 577. Die&#x017F;e Wirkung i&#x017F;t thieri&#x017F;ch,<lb/>
denn andern mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen, ob &#x017F;ie gleich auch<lb/>
dergleichen Cana&#x0364;le haben, i&#x017F;t &#x017F;ie auf &#x017F;olche Art gar nicht ei-<lb/>
gen; &#x017F;ie erfolget auch nicht in todten Thieren, mithin nicht<lb/>
nach einem bloßen Mechanismo, §. 7. und i&#x017F;t, &#x017F;o fern &#x017F;ie<lb/>
auf a&#x0364;ußere Empfindungen in den&#x017F;elben Theilen zu erfolgen<lb/>
pfleget, eine unmittelbare Seelenwirkung von a&#x0364;ußern Em-<lb/>
pfindungen. §. 98. 183. Die unmittelbare Wirkung der<lb/>
a&#x0364;ußern Empfindungen in die Adern i&#x017F;t ein Zu&#x017F;ammenzie-<lb/>
hen. §. 205. Wenn die Endungen der Adern, die die<lb/>
Sa&#x0364;fte vom Herzen ableiten, und &#x017F;ie entweder in andre, die<lb/>
&#x017F;ie wieder zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hren, oder in Ho&#x0364;len ergießen, in die &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich o&#x0364;ffnen, zu&#x017F;ammenge&#x017F;chnu&#x0364;ret werden, &#x017F;o &#x017F;ammlet &#x017F;ich<lb/>
im er&#x017F;ten Falle, der immerfort zu&#x017F;tro&#x0364;mende Saft gar bald<lb/>
in ihnen, treibt &#x017F;ie auf, und &#x017F;pannet &#x017F;ie aus, und &#x017F;o ent&#x017F;te-<lb/>
hen, nach den mechani&#x017F;chen Gru&#x0364;nden der Pathologie, Sto-<lb/>
ckung, Ge&#x017F;chwul&#x017F;t und Entzu&#x0364;ndung. So fangen von Ent-<lb/>
zu&#x0364;ndungs&#x017F;chmerzen die kleinen Endungen der Schlagadern,<lb/>
die &#x017F;on&#x017F;t nicht pul&#x017F;iren, im entzu&#x0364;ndeten Theile zu pul&#x017F;iren<lb/>
an. <hi rendition="#aq">H. P.</hi> §. 33. Jm andern Falle wird von der gewalt-<lb/>
&#x017F;amen Ausdehnung der kleinen Endungen ihre Oeffnung in<lb/>
die Ho&#x0364;len mit Gewalt erweitert, und es erfolget alsdann<lb/>
von &#x017F;olchen a&#x0364;ußern Empfindungen ein reichlicher Ausfluß<lb/>
der angeha&#x0364;uften Sa&#x0364;fte in &#x017F;olche Ho&#x0364;len. Die&#x017F;e Wirkung<lb/>
i&#x017F;t de&#x017F;to &#x017F;ta&#x0364;rker, je &#x017F;ta&#x0364;rker die a&#x0364;ußere Empfindung i&#x017F;t. §.<lb/>
194. Daher ent&#x017F;tehen in den Muskeln und in allen an-<lb/>
dern mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen von &#x017F;chmerzhaften a&#x0364;ußern<lb/>
Empfindungen widernatu&#x0364;rliche Cntzu&#x0364;ndungen mit Ge-<lb/>
&#x017F;chwul&#x017F;t, von angenehmen, z. E. dem Reiben, der Wa&#x0364;rme,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0218] I Th. Th Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. enthaltenen Saͤfte nach ihren Endungen hinleite, wo ſie ſich in manchen Faͤllen anhaͤufen, in manchen aber aus- fließen. „Dolori multa fere cum voluptate communia, „ſunt; fortior nempe ſenſus; fortior etiam ſanguinis con- „fluxus ad eam partem, quae vel voluptate emovetur, „vel dolore; exempla ſunt in venereis organis, in ipſis „oculis acrius tuentibus, in fricta cute.“ v. Hall. Element. Phyſiol. T. V. pag. 577. Dieſe Wirkung iſt thieriſch, denn andern mechaniſchen Maſchinen, ob ſie gleich auch dergleichen Canaͤle haben, iſt ſie auf ſolche Art gar nicht ei- gen; ſie erfolget auch nicht in todten Thieren, mithin nicht nach einem bloßen Mechanismo, §. 7. und iſt, ſo fern ſie auf aͤußere Empfindungen in denſelben Theilen zu erfolgen pfleget, eine unmittelbare Seelenwirkung von aͤußern Em- pfindungen. §. 98. 183. Die unmittelbare Wirkung der aͤußern Empfindungen in die Adern iſt ein Zuſammenzie- hen. §. 205. Wenn die Endungen der Adern, die die Saͤfte vom Herzen ableiten, und ſie entweder in andre, die ſie wieder zuruͤckfuͤhren, oder in Hoͤlen ergießen, in die ſie ſich oͤffnen, zuſammengeſchnuͤret werden, ſo ſammlet ſich im erſten Falle, der immerfort zuſtroͤmende Saft gar bald in ihnen, treibt ſie auf, und ſpannet ſie aus, und ſo entſte- hen, nach den mechaniſchen Gruͤnden der Pathologie, Sto- ckung, Geſchwulſt und Entzuͤndung. So fangen von Ent- zuͤndungsſchmerzen die kleinen Endungen der Schlagadern, die ſonſt nicht pulſiren, im entzuͤndeten Theile zu pulſiren an. H. P. §. 33. Jm andern Falle wird von der gewalt- ſamen Ausdehnung der kleinen Endungen ihre Oeffnung in die Hoͤlen mit Gewalt erweitert, und es erfolget alsdann von ſolchen aͤußern Empfindungen ein reichlicher Ausfluß der angehaͤuften Saͤfte in ſolche Hoͤlen. Dieſe Wirkung iſt deſto ſtaͤrker, je ſtaͤrker die aͤußere Empfindung iſt. §. 194. Daher entſtehen in den Muskeln und in allen an- dern mechaniſchen Maſchinen von ſchmerzhaften aͤußern Empfindungen widernatuͤrliche Cntzuͤndungen mit Ge- ſchwulſt, von angenehmen, z. E. dem Reiben, der Waͤrme, dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/218
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/218>, abgerufen am 22.11.2024.