Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Neid, u. s. w. die Gesundheit zerrüttet und das Leben ver-
kürzet. §. 252. d. A. 1 B. 46 St. S. 628.

5. Daß endlich sinnliche Triebe und Leidenschaften,
deren Gegenstände wahre äußere Empfindungen sind, nach
§. 258. ohne hinzukommende äußere sinnliche Eindrücke
in die Nerven nicht befriediget werden können, das bewei-
sen alle Wollüste der Sinne unwidersprechlich: nur muß
man die Befriedigung nicht mit der Entkräftung der Trie-
be oder Leidenschaften verwechseln, welche letztere vielmehr
dadurch mit bewerkstelliget wird, daß man den künftigen
äußern sinnlichen Eindruck verhütet. §. 95.

Wirkungen der sinnlichen Triebe durch die Nerven
in die mechanischen Maschinen.
§. 262.

Die sinnlichen Triebe und die Leidenschaften sind viel
zu merkwürdige Erscheinungen in der thierischen Oecono-
mie, als daß sie nicht besonders genauer betrachtet zu wer-
den verdienen sollten. Was nun also zuerst die sinnlichen
Triebe insbesondre
anbelanget, so lassen sie sich bequem
in vier Hauptarten eintheilen.

1. Starke Begierden, die aus dunkeln sinnlichen
Triebfedern entstehen, und deren Zweck und Gegenstand
unsre Erhaltung und eignes Wohlseyn ist. Sie heißen
die Triebe der Selbsterhaltung.
2. Starke Verabscheuungen, die aus dunkeln sinnli-
chen Triebfedern entstehen, und deren Zweck und Gegen-
stand die Abwendung unsers Unterganges und eignen Ue-
belbefindens ist. Sie heißen die Triebe der Selbst-
vertheidigung.
3. Starke Begierden, die aus dunkeln sinnlichen
Triebfedern entstehen, und deren Zweck und Gegenstand
die Fortpflanzung des Geschlechts durch die Begattung ist.
Sie heißen die Triebe der Fortpflanzung.
4. Starke

I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Neid, u. ſ. w. die Geſundheit zerruͤttet und das Leben ver-
kuͤrzet. §. 252. d. A. 1 B. 46 St. S. 628.

5. Daß endlich ſinnliche Triebe und Leidenſchaften,
deren Gegenſtaͤnde wahre aͤußere Empfindungen ſind, nach
§. 258. ohne hinzukommende aͤußere ſinnliche Eindruͤcke
in die Nerven nicht befriediget werden koͤnnen, das bewei-
ſen alle Wolluͤſte der Sinne unwiderſprechlich: nur muß
man die Befriedigung nicht mit der Entkraͤftung der Trie-
be oder Leidenſchaften verwechſeln, welche letztere vielmehr
dadurch mit bewerkſtelliget wird, daß man den kuͤnftigen
aͤußern ſinnlichen Eindruck verhuͤtet. §. 95.

Wirkungen der ſinnlichen Triebe durch die Nerven
in die mechaniſchen Maſchinen.
§. 262.

Die ſinnlichen Triebe und die Leidenſchaften ſind viel
zu merkwuͤrdige Erſcheinungen in der thieriſchen Oecono-
mie, als daß ſie nicht beſonders genauer betrachtet zu wer-
den verdienen ſollten. Was nun alſo zuerſt die ſinnlichen
Triebe insbeſondre
anbelanget, ſo laſſen ſie ſich bequem
in vier Hauptarten eintheilen.

1. Starke Begierden, die aus dunkeln ſinnlichen
Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegenſtand
unſre Erhaltung und eignes Wohlſeyn iſt. Sie heißen
die Triebe der Selbſterhaltung.
2. Starke Verabſcheuungen, die aus dunkeln ſinnli-
chen Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegen-
ſtand die Abwendung unſers Unterganges und eignen Ue-
belbefindens iſt. Sie heißen die Triebe der Selbſt-
vertheidigung.
3. Starke Begierden, die aus dunkeln ſinnlichen
Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegenſtand
die Fortpflanzung des Geſchlechts durch die Begattung iſt.
Sie heißen die Triebe der Fortpflanzung.
4. Starke
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0264" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.</hi></fw><lb/>
Neid, u. &#x017F;. w. die Ge&#x017F;undheit zerru&#x0364;ttet und das Leben ver-<lb/>
ku&#x0364;rzet. §. 252. d. A. 1 B. 46 St. S. 628.</p><lb/>
              <p>5. Daß endlich &#x017F;innliche Triebe und Leiden&#x017F;chaften,<lb/>
deren Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde wahre a&#x0364;ußere Empfindungen &#x017F;ind, nach<lb/>
§. 258. ohne hinzukommende a&#x0364;ußere &#x017F;innliche Eindru&#x0364;cke<lb/>
in die Nerven nicht befriediget werden ko&#x0364;nnen, das bewei-<lb/>
&#x017F;en alle Wollu&#x0364;&#x017F;te der Sinne unwider&#x017F;prechlich: nur muß<lb/>
man die Befriedigung nicht mit der Entkra&#x0364;ftung der Trie-<lb/>
be oder Leiden&#x017F;chaften verwech&#x017F;eln, welche letztere vielmehr<lb/>
dadurch mit bewerk&#x017F;telliget wird, daß man den ku&#x0364;nftigen<lb/>
a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindruck verhu&#x0364;tet. §. 95.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wirkungen der &#x017F;innlichen Triebe durch die Nerven<lb/>
in die mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 262.</head><lb/>
              <p>Die &#x017F;innlichen Triebe und die Leiden&#x017F;chaften &#x017F;ind viel<lb/>
zu merkwu&#x0364;rdige Er&#x017F;cheinungen in der thieri&#x017F;chen Oecono-<lb/>
mie, als daß &#x017F;ie nicht be&#x017F;onders genauer betrachtet zu wer-<lb/>
den verdienen &#x017F;ollten. Was nun al&#x017F;o zuer&#x017F;t <hi rendition="#fr">die &#x017F;innlichen<lb/>
Triebe insbe&#x017F;ondre</hi> anbelanget, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich bequem<lb/>
in vier Hauptarten eintheilen.</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Starke Begierden, die aus dunkeln &#x017F;innlichen<lb/>
Triebfedern ent&#x017F;tehen, und deren Zweck und Gegen&#x017F;tand<lb/>
un&#x017F;re Erhaltung und eignes Wohl&#x017F;eyn i&#x017F;t. Sie heißen<lb/>
die <hi rendition="#fr">Triebe der Selb&#x017F;terhaltung.</hi></item><lb/>
                <item>2. Starke Verab&#x017F;cheuungen, die aus dunkeln &#x017F;innli-<lb/>
chen Triebfedern ent&#x017F;tehen, und deren Zweck und Gegen-<lb/>
&#x017F;tand die Abwendung un&#x017F;ers Unterganges und eignen Ue-<lb/>
belbefindens i&#x017F;t. Sie heißen die <hi rendition="#fr">Triebe der Selb&#x017F;t-<lb/>
vertheidigung.</hi></item><lb/>
                <item>3. Starke Begierden, die aus dunkeln &#x017F;innlichen<lb/>
Triebfedern ent&#x017F;tehen, und deren Zweck und Gegen&#x017F;tand<lb/>
die Fortpflanzung des Ge&#x017F;chlechts durch die Begattung i&#x017F;t.<lb/>
Sie heißen die <hi rendition="#fr">Triebe der Fortpflanzung.</hi></item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">4. Starke</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0264] I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. Neid, u. ſ. w. die Geſundheit zerruͤttet und das Leben ver- kuͤrzet. §. 252. d. A. 1 B. 46 St. S. 628. 5. Daß endlich ſinnliche Triebe und Leidenſchaften, deren Gegenſtaͤnde wahre aͤußere Empfindungen ſind, nach §. 258. ohne hinzukommende aͤußere ſinnliche Eindruͤcke in die Nerven nicht befriediget werden koͤnnen, das bewei- ſen alle Wolluͤſte der Sinne unwiderſprechlich: nur muß man die Befriedigung nicht mit der Entkraͤftung der Trie- be oder Leidenſchaften verwechſeln, welche letztere vielmehr dadurch mit bewerkſtelliget wird, daß man den kuͤnftigen aͤußern ſinnlichen Eindruck verhuͤtet. §. 95. Wirkungen der ſinnlichen Triebe durch die Nerven in die mechaniſchen Maſchinen. §. 262. Die ſinnlichen Triebe und die Leidenſchaften ſind viel zu merkwuͤrdige Erſcheinungen in der thieriſchen Oecono- mie, als daß ſie nicht beſonders genauer betrachtet zu wer- den verdienen ſollten. Was nun alſo zuerſt die ſinnlichen Triebe insbeſondre anbelanget, ſo laſſen ſie ſich bequem in vier Hauptarten eintheilen. 1. Starke Begierden, die aus dunkeln ſinnlichen Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegenſtand unſre Erhaltung und eignes Wohlſeyn iſt. Sie heißen die Triebe der Selbſterhaltung. 2. Starke Verabſcheuungen, die aus dunkeln ſinnli- chen Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegen- ſtand die Abwendung unſers Unterganges und eignen Ue- belbefindens iſt. Sie heißen die Triebe der Selbſt- vertheidigung. 3. Starke Begierden, die aus dunkeln ſinnlichen Triebfedern entſtehen, und deren Zweck und Gegenſtand die Fortpflanzung des Geſchlechts durch die Begattung iſt. Sie heißen die Triebe der Fortpflanzung. 4. Starke

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/264
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/264>, abgerufen am 22.11.2024.