Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.der sinnlichen Triebe. thierischen Oeconomie, das Ausdehnen und Zusammen-fallen der Lunge, die Bestimmung des Umlaufs des Bluts, die Abkühlung desselben, vielleicht die Verwandelung des Milchsafts in Blut, und viele andre Nutzen, der Absicht der Natur gemäß zur Folge haben, §. 171. 205. wie sol- ches in der Physiologie der eigentlichen mechanischen Na- tur thierischer Körper ausführlich gelehret wird. H. P. 8 Abschn. Blos darum, weil im natürlichen Zustande die Thiere diesen Trieb fast augenblicklich eigenmächtig zu be- friedigen vermögend sind, währet derselbe bey ihnen nicht so lange, als andre, und vielleicht hat man aus dieser Ur- sache allein das Athemholen bisher nicht für die Seelenwir- kung eines Triebes erkannt. Daß es eine Seelenwirkung sey, hat der Herr v. Haller vollkommen eingesehen, H. P. §. 268. 273. und um desto mehr ist es zu bewundern, daß man ihm darinn noch neuerlich nicht nur widersprochen, sondern auch diese Meynung sogar zur Last geleget hat. Wir wollen die eignen Worte des großen Mannes, die die Sa- che augenscheinlich machen, als eine vortreffliche Erläute- rung, nicht unangeführet lassen: "Da das Herz alle Au- "genblicke neues Blut in die Lunge nachschicket, so entsteht "eine Anhäufung desselben in ihr, so daß die rechte Herz- "höle nicht mehr recht sich ausleeren kann, und das Blut "der obern Hohlader sammt ihren Aesten, selber bis ins "Gehirn, ins Stocken geräth, die Adern aufschwellt, das "Antlitz roth machet, auch wohl ein Gefäß im Gehirne zer- "sprenget, wenn man im Anstrengen der Kräfte die Luft "lange unausgeathmet läßt. Dieses Anhäufen des Bluts "erwecket in der Seele eine große Angst: und auf diese "Weise ersticken die Thiere in einer zusammengedrückten "und allzuschweren Luft, und nach dem Zuschnüren der Luft- "röhre. Daß nun der noch lebende Mensch dieser Angst "vorkomme, so läßt er nach, die Kräfte des Einathmens "zu gebrauchen, und setzet an ihre Stelle die Werkzeuge des "Ausathmens in Bewegung, die die Lunge von dem über- "flüssigen Blute befreyen. Die Wirkungen des Ausath- "mens S
der ſinnlichen Triebe. thieriſchen Oeconomie, das Ausdehnen und Zuſammen-fallen der Lunge, die Beſtimmung des Umlaufs des Bluts, die Abkuͤhlung deſſelben, vielleicht die Verwandelung des Milchſafts in Blut, und viele andre Nutzen, der Abſicht der Natur gemaͤß zur Folge haben, §. 171. 205. wie ſol- ches in der Phyſiologie der eigentlichen mechaniſchen Na- tur thieriſcher Koͤrper ausfuͤhrlich gelehret wird. H. P. 8 Abſchn. Blos darum, weil im natuͤrlichen Zuſtande die Thiere dieſen Trieb faſt augenblicklich eigenmaͤchtig zu be- friedigen vermoͤgend ſind, waͤhret derſelbe bey ihnen nicht ſo lange, als andre, und vielleicht hat man aus dieſer Ur- ſache allein das Athemholen bisher nicht fuͤr die Seelenwir- kung eines Triebes erkannt. Daß es eine Seelenwirkung ſey, hat der Herr v. Haller vollkommen eingeſehen, H. P. §. 268. 273. und um deſto mehr iſt es zu bewundern, daß man ihm darinn noch neuerlich nicht nur widerſprochen, ſondern auch dieſe Meynung ſogar zur Laſt geleget hat. Wir wollen die eignen Worte des großen Mannes, die die Sa- che augenſcheinlich machen, als eine vortreffliche Erlaͤute- rung, nicht unangefuͤhret laſſen: „Da das Herz alle Au- „genblicke neues Blut in die Lunge nachſchicket, ſo entſteht „eine Anhaͤufung deſſelben in ihr, ſo daß die rechte Herz- „hoͤle nicht mehr recht ſich ausleeren kann, und das Blut „der obern Hohlader ſammt ihren Aeſten, ſelber bis ins „Gehirn, ins Stocken geraͤth, die Adern aufſchwellt, das „Antlitz roth machet, auch wohl ein Gefaͤß im Gehirne zer- „ſprenget, wenn man im Anſtrengen der Kraͤfte die Luft „lange unausgeathmet laͤßt. Dieſes Anhaͤufen des Bluts „erwecket in der Seele eine große Angſt: und auf dieſe „Weiſe erſticken die Thiere in einer zuſammengedruͤckten „und allzuſchweren Luft, und nach dem Zuſchnuͤren der Luft- „roͤhre. Daß nun der noch lebende Menſch dieſer Angſt „vorkomme, ſo laͤßt er nach, die Kraͤfte des Einathmens „zu gebrauchen, und ſetzet an ihre Stelle die Werkzeuge des „Ausathmens in Bewegung, die die Lunge von dem uͤber- „fluͤſſigen Blute befreyen. Die Wirkungen des Ausath- „mens S
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der ſinnlichen Triebe.
thieriſchen Oeconomie, das Ausdehnen und Zuſammen-
fallen der Lunge, die Beſtimmung des Umlaufs des Bluts,
die Abkuͤhlung deſſelben, vielleicht die Verwandelung des
Milchſafts in Blut, und viele andre Nutzen, der Abſicht
der Natur gemaͤß zur Folge haben, §. 171. 205. wie ſol-
ches in der Phyſiologie der eigentlichen mechaniſchen Na-
tur thieriſcher Koͤrper ausfuͤhrlich gelehret wird. H. P.
8 Abſchn. Blos darum, weil im natuͤrlichen Zuſtande die
Thiere dieſen Trieb faſt augenblicklich eigenmaͤchtig zu be-
friedigen vermoͤgend ſind, waͤhret derſelbe bey ihnen nicht
ſo lange, als andre, und vielleicht hat man aus dieſer Ur-
ſache allein das Athemholen bisher nicht fuͤr die Seelenwir-
kung eines Triebes erkannt. Daß es eine Seelenwirkung
ſey, hat der Herr v. Haller vollkommen eingeſehen, H. P.
§. 268. 273. und um deſto mehr iſt es zu bewundern, daß
man ihm darinn noch neuerlich nicht nur widerſprochen,
ſondern auch dieſe Meynung ſogar zur Laſt geleget hat. Wir
wollen die eignen Worte des großen Mannes, die die Sa-
che augenſcheinlich machen, als eine vortreffliche Erlaͤute-
rung, nicht unangefuͤhret laſſen: „Da das Herz alle Au-
„genblicke neues Blut in die Lunge nachſchicket, ſo entſteht
„eine Anhaͤufung deſſelben in ihr, ſo daß die rechte Herz-
„hoͤle nicht mehr recht ſich ausleeren kann, und das Blut
„der obern Hohlader ſammt ihren Aeſten, ſelber bis ins
„Gehirn, ins Stocken geraͤth, die Adern aufſchwellt, das
„Antlitz roth machet, auch wohl ein Gefaͤß im Gehirne zer-
„ſprenget, wenn man im Anſtrengen der Kraͤfte die Luft
„lange unausgeathmet laͤßt. Dieſes Anhaͤufen des Bluts
„erwecket in der Seele eine große Angſt: und auf dieſe
„Weiſe erſticken die Thiere in einer zuſammengedruͤckten
„und allzuſchweren Luft, und nach dem Zuſchnuͤren der Luft-
„roͤhre. Daß nun der noch lebende Menſch dieſer Angſt
„vorkomme, ſo laͤßt er nach, die Kraͤfte des Einathmens
„zu gebrauchen, und ſetzet an ihre Stelle die Werkzeuge des
„Ausathmens in Bewegung, die die Lunge von dem uͤber-
„fluͤſſigen Blute befreyen. Die Wirkungen des Ausath-
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