Jede angenehme Leidenschaft, (Freude, §. 359.) ist eine starke Begierde aus verworrenen sinnlichen Triebfe- dern, §. 91. die sich nach den allgemeinen Gesetzen der Leidenschaften entwickelt. §. 94. 108. Man muß sie also von dem Triebe zum Vergnügen, §. 280. unterscheiden, worinn der Gegenstand des Vergnügens nicht klar erkannt, noch unterschieden wird, §. 262. denn in jeder Art der Freude ist man sich desselben bewußt, ob man sich ihn gleich nur verworren vorstellet. Bey der Fröhlichkeit ist er et- was zukünftiges Angenehmes, das man aus dem Gegen- wärtigen, bey der Zufriedenheit, ein solches, das man aus dem Vergangenen, und bey der Hoffnung ein sol- ches, das man in der Zukunft erwartet: Baumg. Metaph. §. 505. und da also die Arten der Freude nicht aus Trie- ben entstehen, §. 262. so sind sie auch keine Affektentrie- be. §. 296. 298. Jhre Seelenwirkungen sind aus denen von einer sinnlichen Lust uud einer sinnlichen verworrenen Vorhersehung zusammengesetzet. §. 103. 257. 258. Ei- ne Freude über die Ehre ist die Ehrbegierde, über die Vollkommenheit eines Andern, die Liebe, (die Leiden- schaft,) die in verschiedenen Verhältnissen des Geliebten ge- gen den Liebenden, Dankbarkeit, Barmherzigkeit, Gunst, Gewogenheit, Gnade etc. genennet wird. Baumg. Met. §. 506.
§. 307.
Jn so fern alle und jede Arten freudiger Leidenschaften Lust sind, verändern ihre Seelenwirkungen die Lebensbe- wegungen auf eine der Gesundheit gemäße Art. §. 259. Sie machen den Umlauf des Bluts durch die Brust freyer, und überhaupt lebhafter, und hierdurch befördern sie den Fortgang aller natürlichen Verrichtungen, der Absonde- rungen, und insbesondre der unmerklichen Ausdünstung, und machen den Körper der Empfindung nach leichter, welche letztern Wirkungen ganz besonders der Fröhlichkeit,
Zufrie-
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
§. 306.
Jede angenehme Leidenſchaft, (Freude, §. 359.) iſt eine ſtarke Begierde aus verworrenen ſinnlichen Triebfe- dern, §. 91. die ſich nach den allgemeinen Geſetzen der Leidenſchaften entwickelt. §. 94. 108. Man muß ſie alſo von dem Triebe zum Vergnuͤgen, §. 280. unterſcheiden, worinn der Gegenſtand des Vergnuͤgens nicht klar erkannt, noch unterſchieden wird, §. 262. denn in jeder Art der Freude iſt man ſich deſſelben bewußt, ob man ſich ihn gleich nur verworren vorſtellet. Bey der Froͤhlichkeit iſt er et- was zukuͤnftiges Angenehmes, das man aus dem Gegen- waͤrtigen, bey der Zufriedenheit, ein ſolches, das man aus dem Vergangenen, und bey der Hoffnung ein ſol- ches, das man in der Zukunft erwartet: Baumg. Metaph. §. 505. und da alſo die Arten der Freude nicht aus Trie- ben entſtehen, §. 262. ſo ſind ſie auch keine Affektentrie- be. §. 296. 298. Jhre Seelenwirkungen ſind aus denen von einer ſinnlichen Luſt uud einer ſinnlichen verworrenen Vorherſehung zuſammengeſetzet. §. 103. 257. 258. Ei- ne Freude uͤber die Ehre iſt die Ehrbegierde, uͤber die Vollkommenheit eines Andern, die Liebe, (die Leiden- ſchaft,) die in verſchiedenen Verhaͤltniſſen des Geliebten ge- gen den Liebenden, Dankbarkeit, Barmherzigkeit, Gunſt, Gewogenheit, Gnade ꝛc. genennet wird. Baumg. Met. §. 506.
§. 307.
Jn ſo fern alle und jede Arten freudiger Leidenſchaften Luſt ſind, veraͤndern ihre Seelenwirkungen die Lebensbe- wegungen auf eine der Geſundheit gemaͤße Art. §. 259. Sie machen den Umlauf des Bluts durch die Bruſt freyer, und uͤberhaupt lebhafter, und hierdurch befoͤrdern ſie den Fortgang aller natuͤrlichen Verrichtungen, der Abſonde- rungen, und insbeſondre der unmerklichen Ausduͤnſtung, und machen den Koͤrper der Empfindung nach leichter, welche letztern Wirkungen ganz beſonders der Froͤhlichkeit,
Zufrie-
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
§. 306.
Jede angenehme Leidenſchaft, (Freude, §. 359.) iſt
eine ſtarke Begierde aus verworrenen ſinnlichen Triebfe-
dern, §. 91. die ſich nach den allgemeinen Geſetzen der
Leidenſchaften entwickelt. §. 94. 108. Man muß ſie alſo
von dem Triebe zum Vergnuͤgen, §. 280. unterſcheiden,
worinn der Gegenſtand des Vergnuͤgens nicht klar erkannt,
noch unterſchieden wird, §. 262. denn in jeder Art der
Freude iſt man ſich deſſelben bewußt, ob man ſich ihn gleich
nur verworren vorſtellet. Bey der Froͤhlichkeit iſt er et-
was zukuͤnftiges Angenehmes, das man aus dem Gegen-
waͤrtigen, bey der Zufriedenheit, ein ſolches, das man
aus dem Vergangenen, und bey der Hoffnung ein ſol-
ches, das man in der Zukunft erwartet: Baumg. Metaph.
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ben entſtehen, §. 262. ſo ſind ſie auch keine Affektentrie-
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Vorherſehung zuſammengeſetzet. §. 103. 257. 258. Ei-
ne Freude uͤber die Ehre iſt die Ehrbegierde, uͤber die
Vollkommenheit eines Andern, die Liebe, (die Leiden-
ſchaft,) die in verſchiedenen Verhaͤltniſſen des Geliebten ge-
gen den Liebenden, Dankbarkeit, Barmherzigkeit,
Gunſt, Gewogenheit, Gnade ꝛc. genennet wird.
Baumg. Met. §. 506.
§. 307.
Jn ſo fern alle und jede Arten freudiger Leidenſchaften
Luſt ſind, veraͤndern ihre Seelenwirkungen die Lebensbe-
wegungen auf eine der Geſundheit gemaͤße Art. §. 259.
Sie machen den Umlauf des Bluts durch die Bruſt freyer,
und uͤberhaupt lebhafter, und hierdurch befoͤrdern ſie den
Fortgang aller natuͤrlichen Verrichtungen, der Abſonde-
rungen, und insbeſondre der unmerklichen Ausduͤnſtung,
und machen den Koͤrper der Empfindung nach leichter,
welche letztern Wirkungen ganz beſonders der Froͤhlichkeit,
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/326>, abgerufen am 22.11.2024.
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