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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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1 Kap. Die thierischen Maschinen überhaupt.
Bündel vieler kleiner Nervenfaden, die alle neben einan-
der abgesondert hinlaufen, so wie sie aus dem Gehirne aus-
gehen. Jeder Nerve hat seinen besondern Ort im Gehir-
ne, woraus er entspringt, und in diesem Orte muß auch
jeder besonderer Faden desselben einen besondern Punkt sei-
nes Ursprungs haben, von wannen er durch den Stamm,
durch das Rückenmark, und bis in den kleinsten Zweig
stets abgesondert, und für sich hinläuft. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach sind alle Faden der Nerven hole
Kanäle.

Da auf diese Lehrsätze ungemein viel ankommt, und
wir uns in diesem ganzen Werke stets darauf beziehen wer-
den; so scheint es nothwendig zu seyn, sie durch ausdrück-
liche Zeugnisse des größten Zergliederers und Physiologen
unsrer Zeit zu autorisiren. Hierzu werden folgende Stellen
hinlänglich seyn.

"Alles Mark des großen und kleinen Gehirns geht
"durch verschiedene Löcher zu der Hirnschale hinaus nach
"den Orten seiner Bestimmung. Die kleinern Bünde die-
"ses Marks nennt man Nerven, den größern, das Rück-
"mark,
das eine Fortsetzung des verlängerten ist. Die
"Nerven sind markigte Bünde, die bey ihrem Ursprunge
"äußerst weich sind, und aus geradelienichten, gleichlaufen-
"den Fasern bestehen, die aus dem Gehirne entspringen, und
"vereinigt, gleichsam Schnuren ausmachen. Diese Fa-
"sern sind zuweilen schon im Gehirne von einander geson-
"dert, überhaupt aber unter sich und mit dem Nerven gleich-
"laufend. Sie werden in einiger Entfernung vom Gehir-
"ne von der röthlichen und schwächlichen dünnen Hirnhaut
"überzogen, und in einem festern Bunde vereinigt; ein fa-
"digtes Gewebe verknüpft diese Bünde untereinander, und
"trennt sie von ihren benachbarten; ein jeder geht nach ei-
"nem eignen Loche in der harten Hirnhaut, und durchläuft
"die Canäle und die Zwischenräume der Blätter dieser di-
"ckern Haut, bis er in sein gehöriges Loch in der Hirnscha-
"le kommt, in welches er durch eine trichterförmige Oeff-

"nung

1 Kap. Die thieriſchen Maſchinen uͤberhaupt.
Buͤndel vieler kleiner Nervenfaden, die alle neben einan-
der abgeſondert hinlaufen, ſo wie ſie aus dem Gehirne aus-
gehen. Jeder Nerve hat ſeinen beſondern Ort im Gehir-
ne, woraus er entſpringt, und in dieſem Orte muß auch
jeder beſonderer Faden deſſelben einen beſondern Punkt ſei-
nes Urſprungs haben, von wannen er durch den Stamm,
durch das Ruͤckenmark, und bis in den kleinſten Zweig
ſtets abgeſondert, und fuͤr ſich hinlaͤuft. Aller Wahr-
ſcheinlichkeit nach ſind alle Faden der Nerven hole
Kanaͤle.

Da auf dieſe Lehrſaͤtze ungemein viel ankommt, und
wir uns in dieſem ganzen Werke ſtets darauf beziehen wer-
den; ſo ſcheint es nothwendig zu ſeyn, ſie durch ausdruͤck-
liche Zeugniſſe des groͤßten Zergliederers und Phyſiologen
unſrer Zeit zu autoriſiren. Hierzu werden folgende Stellen
hinlaͤnglich ſeyn.

„Alles Mark des großen und kleinen Gehirns geht
„durch verſchiedene Loͤcher zu der Hirnſchale hinaus nach
„den Orten ſeiner Beſtimmung. Die kleinern Buͤnde die-
„ſes Marks nennt man Nerven, den groͤßern, das Ruͤck-
„mark,
das eine Fortſetzung des verlaͤngerten iſt. Die
„Nerven ſind markigte Buͤnde, die bey ihrem Urſprunge
„aͤußerſt weich ſind, und aus geradelienichten, gleichlaufen-
„den Faſern beſtehen, die aus dem Gehirne entſpringen, und
„vereinigt, gleichſam Schnuren ausmachen. Dieſe Fa-
„ſern ſind zuweilen ſchon im Gehirne von einander geſon-
„dert, uͤberhaupt aber unter ſich und mit dem Nerven gleich-
„laufend. Sie werden in einiger Entfernung vom Gehir-
„ne von der roͤthlichen und ſchwaͤchlichen duͤnnen Hirnhaut
„uͤberzogen, und in einem feſtern Bunde vereinigt; ein fa-
„digtes Gewebe verknuͤpft dieſe Buͤnde untereinander, und
„trennt ſie von ihren benachbarten; ein jeder geht nach ei-
„nem eignen Loche in der harten Hirnhaut, und durchlaͤuft
„die Canaͤle und die Zwiſchenraͤume der Blaͤtter dieſer di-
„ckern Haut, bis er in ſein gehoͤriges Loch in der Hirnſcha-
„le kommt, in welches er durch eine trichterfoͤrmige Oeff-

„nung
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[15/0039] 1 Kap. Die thieriſchen Maſchinen uͤberhaupt. Buͤndel vieler kleiner Nervenfaden, die alle neben einan- der abgeſondert hinlaufen, ſo wie ſie aus dem Gehirne aus- gehen. Jeder Nerve hat ſeinen beſondern Ort im Gehir- ne, woraus er entſpringt, und in dieſem Orte muß auch jeder beſonderer Faden deſſelben einen beſondern Punkt ſei- nes Urſprungs haben, von wannen er durch den Stamm, durch das Ruͤckenmark, und bis in den kleinſten Zweig ſtets abgeſondert, und fuͤr ſich hinlaͤuft. Aller Wahr- ſcheinlichkeit nach ſind alle Faden der Nerven hole Kanaͤle. Da auf dieſe Lehrſaͤtze ungemein viel ankommt, und wir uns in dieſem ganzen Werke ſtets darauf beziehen wer- den; ſo ſcheint es nothwendig zu ſeyn, ſie durch ausdruͤck- liche Zeugniſſe des groͤßten Zergliederers und Phyſiologen unſrer Zeit zu autoriſiren. Hierzu werden folgende Stellen hinlaͤnglich ſeyn. „Alles Mark des großen und kleinen Gehirns geht „durch verſchiedene Loͤcher zu der Hirnſchale hinaus nach „den Orten ſeiner Beſtimmung. Die kleinern Buͤnde die- „ſes Marks nennt man Nerven, den groͤßern, das Ruͤck- „mark, das eine Fortſetzung des verlaͤngerten iſt. Die „Nerven ſind markigte Buͤnde, die bey ihrem Urſprunge „aͤußerſt weich ſind, und aus geradelienichten, gleichlaufen- „den Faſern beſtehen, die aus dem Gehirne entſpringen, und „vereinigt, gleichſam Schnuren ausmachen. Dieſe Fa- „ſern ſind zuweilen ſchon im Gehirne von einander geſon- „dert, uͤberhaupt aber unter ſich und mit dem Nerven gleich- „laufend. Sie werden in einiger Entfernung vom Gehir- „ne von der roͤthlichen und ſchwaͤchlichen duͤnnen Hirnhaut „uͤberzogen, und in einem feſtern Bunde vereinigt; ein fa- „digtes Gewebe verknuͤpft dieſe Buͤnde untereinander, und „trennt ſie von ihren benachbarten; ein jeder geht nach ei- „nem eignen Loche in der harten Hirnhaut, und durchlaͤuft „die Canaͤle und die Zwiſchenraͤume der Blaͤtter dieſer di- „ckern Haut, bis er in ſein gehoͤriges Loch in der Hirnſcha- „le kommt, in welches er durch eine trichterfoͤrmige Oeff- „nung

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/39>, abgerufen am 24.11.2024.