Bewegung erfolgen, und daß sie diese Bewegungen in die mechanischen Maschinen, in die sie sich vertheilen, wenn keine Hindernisse in Weg kommen, fortpflanzen, und die- selben eben so thierisch bewegen, wie es die Vorstellun- gen zu thun pflegen. §. 405.
§. 407.
Nach diesem Unterschiede des innern Gefühls der Ner- ven von den thierischen Seelenkräften §. 6. 121. ist es of- fenbar falsch, wenn in unsern Lehrbüchern behauptet wird, daß die thierischen Bewegungen der mechanischen Maschi- nen, die durch einen innern sinnlichen Eindruck in die Ner- ven gewirket werden, entweder Seelenwirkungen von Vor- stellungen seyn, oder doch nothwendig aus dem Gehirne kommen müßten, da ein Nerve unläugbar sein inneres Ge- fühl überall äußert, wo er auf seinem Wege vom Gehirne ab obenher in seinem Marke, in seinem Stamme, oder in seinen Zweigen sinnlich gereizet wird. §. 359. Aus die- sem falschen Grunde sind die Jrrthümer entstanden, die in der Pathologie und Heilungskunst so schädliche Folgen ha- ben, daß die Fieberbewegungen, die Krämpfe, die Epi- lepsie, die Lähmungen und überhaupt alle Nervenkrankhei- ten von Fehlern des Gehirns herrühren, und durch Arz- neyen, die ins Gehirn wirken, curiret werden müßten, da doch ein inneres Gefühl, was den Nerven, weit entfernet vom Gehirne, nach der Richtung der innern sinnlichen Ein- drücke, von mancherley reizenden Ursachen im Körper, be- sonders von gewendeten äußern sinnlichen Eindrücken, die nicht empfunden werden, beygebracht wird, alle diese Fol- gen, ganz unabhänglich vom Gehirne, haben, und die Cur durch Hinwegräumung dieser Ursachen allein bewerk- stelliget werden kann. Es erhellet hieraus, mit wie vielem Grunde wir oben §. 386. dem hallerischen Lehrsatze wider- sprochen haben, daß die bewegende Kraft der Nerven ohne Gehirn weder entstehen noch fortdauren könne, und von wie nachtheiligen Folgen derselbe in der Pathologie und
Heilungs-
C c 3
1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
Bewegung erfolgen, und daß ſie dieſe Bewegungen in die mechaniſchen Maſchinen, in die ſie ſich vertheilen, wenn keine Hinderniſſe in Weg kommen, fortpflanzen, und die- ſelben eben ſo thieriſch bewegen, wie es die Vorſtellun- gen zu thun pflegen. §. 405.
§. 407.
Nach dieſem Unterſchiede des innern Gefuͤhls der Ner- ven von den thieriſchen Seelenkraͤften §. 6. 121. iſt es of- fenbar falſch, wenn in unſern Lehrbuͤchern behauptet wird, daß die thieriſchen Bewegungen der mechaniſchen Maſchi- nen, die durch einen innern ſinnlichen Eindruck in die Ner- ven gewirket werden, entweder Seelenwirkungen von Vor- ſtellungen ſeyn, oder doch nothwendig aus dem Gehirne kommen muͤßten, da ein Nerve unlaͤugbar ſein inneres Ge- fuͤhl uͤberall aͤußert, wo er auf ſeinem Wege vom Gehirne ab obenher in ſeinem Marke, in ſeinem Stamme, oder in ſeinen Zweigen ſinnlich gereizet wird. §. 359. Aus die- ſem falſchen Grunde ſind die Jrrthuͤmer entſtanden, die in der Pathologie und Heilungskunſt ſo ſchaͤdliche Folgen ha- ben, daß die Fieberbewegungen, die Kraͤmpfe, die Epi- lepſie, die Laͤhmungen und uͤberhaupt alle Nervenkrankhei- ten von Fehlern des Gehirns herruͤhren, und durch Arz- neyen, die ins Gehirn wirken, curiret werden muͤßten, da doch ein inneres Gefuͤhl, was den Nerven, weit entfernet vom Gehirne, nach der Richtung der innern ſinnlichen Ein- druͤcke, von mancherley reizenden Urſachen im Koͤrper, be- ſonders von gewendeten aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, die nicht empfunden werden, beygebracht wird, alle dieſe Fol- gen, ganz unabhaͤnglich vom Gehirne, haben, und die Cur durch Hinwegraͤumung dieſer Urſachen allein bewerk- ſtelliget werden kann. Es erhellet hieraus, mit wie vielem Grunde wir oben §. 386. dem halleriſchen Lehrſatze wider- ſprochen haben, daß die bewegende Kraft der Nerven ohne Gehirn weder entſtehen noch fortdauren koͤnne, und von wie nachtheiligen Folgen derſelbe in der Pathologie und
Heilungs-
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
Bewegung erfolgen, und daß ſie dieſe Bewegungen in die
mechaniſchen Maſchinen, in die ſie ſich vertheilen, wenn
keine Hinderniſſe in Weg kommen, fortpflanzen, und die-
ſelben eben ſo thieriſch bewegen, wie es die Vorſtellun-
gen zu thun pflegen. §. 405.
§. 407.
Nach dieſem Unterſchiede des innern Gefuͤhls der Ner-
ven von den thieriſchen Seelenkraͤften §. 6. 121. iſt es of-
fenbar falſch, wenn in unſern Lehrbuͤchern behauptet wird,
daß die thieriſchen Bewegungen der mechaniſchen Maſchi-
nen, die durch einen innern ſinnlichen Eindruck in die Ner-
ven gewirket werden, entweder Seelenwirkungen von Vor-
ſtellungen ſeyn, oder doch nothwendig aus dem Gehirne
kommen muͤßten, da ein Nerve unlaͤugbar ſein inneres Ge-
fuͤhl uͤberall aͤußert, wo er auf ſeinem Wege vom Gehirne
ab obenher in ſeinem Marke, in ſeinem Stamme, oder in
ſeinen Zweigen ſinnlich gereizet wird. §. 359. Aus die-
ſem falſchen Grunde ſind die Jrrthuͤmer entſtanden, die in
der Pathologie und Heilungskunſt ſo ſchaͤdliche Folgen ha-
ben, daß die Fieberbewegungen, die Kraͤmpfe, die Epi-
lepſie, die Laͤhmungen und uͤberhaupt alle Nervenkrankhei-
ten von Fehlern des Gehirns herruͤhren, und durch Arz-
neyen, die ins Gehirn wirken, curiret werden muͤßten, da
doch ein inneres Gefuͤhl, was den Nerven, weit entfernet
vom Gehirne, nach der Richtung der innern ſinnlichen Ein-
druͤcke, von mancherley reizenden Urſachen im Koͤrper, be-
ſonders von gewendeten aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, die
nicht empfunden werden, beygebracht wird, alle dieſe Fol-
gen, ganz unabhaͤnglich vom Gehirne, haben, und die
Cur durch Hinwegraͤumung dieſer Urſachen allein bewerk-
ſtelliget werden kann. Es erhellet hieraus, mit wie vielem
Grunde wir oben §. 386. dem halleriſchen Lehrſatze wider-
ſprochen haben, daß die bewegende Kraft der Nerven ohne
Gehirn weder entſtehen noch fortdauren koͤnne, und von
wie nachtheiligen Folgen derſelbe in der Pathologie und
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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