Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr. dem berührten Muskelfäserchen anhängenden Fasern nureine mechanische Folge von jener. Zweytens aber könnte es in manchen Fällen wohl seyn, daß die Theilnehmung der übrigen Fasern an der unmittelbaren Nervenwirkung der berührten, nicht einmal eine blos mechanische Folge von dieser, sondern gar eine mittelbare Nervenwirkung eben desselben äußern sinnlichen Eindrucks, und also die Nerven- wirkung eines innern ohne Vorstellungen §. 444. wäre. Dieß könnte folgendergestalt zugehen. Wenn ein Nerven- stamm in einen ganzen Muskel eingedrungen ist, so zerthei- let er sich in alle Fasern desselben und durchdringt sie mit seinem Marke bis dahin, wo sie sehnigt werden: denn wäre dieß nicht, so könnten nicht alle Punkte jedes Fäserchens empfindlich seyn. §. 35. Es muß also in der Substanz jedes Muskels selbst eine große Menge Scheidepunkte klei- ner Zweige vom Stamme des Nerven geben, in welchen ein äußerer sinnlicher Eindruck, auf seinem Wege zum Ge- hirn, gewendet, reflektiret und in einen innern ohne Vor- stellungen verwandelt werden kann. §. 48. Dieser kann, als ein solcher, in die der berührten benachbarten Fasein des Muskels zurückgehen und sie bewegen, und so geräth der ganze Muskel, oder ein großer Theil desselben durch eine mittelbare Nervenwirkung des äußern sinnlichen Ein- drucks in thierische Bewegung. Es würde schweruch zu entscheiden seyn, welche von diesen beyden Wirkungsarten in einzelnen Fällen Statt finde, wodurch die Berührung eines einzigen Punktes einer Muskelfaser ein ganzer Mus- kel, oder ein muskulöses Eingeweide in thieris[ch]e Bewe- gung gesetzet wird: allein es ist um der Richtigkeit der Be- griffe willen nöthig, daß man den möglichen Unterschied doch wisse. §. 448. Die Bewegungen, wozu eine Muskelfaser vermöge ih- Muskeln
II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. dem beruͤhrten Muskelfaͤſerchen anhaͤngenden Faſern nureine mechaniſche Folge von jener. Zweytens aber koͤnnte es in manchen Faͤllen wohl ſeyn, daß die Theilnehmung der uͤbrigen Faſern an der unmittelbaren Nervenwirkung der beruͤhrten, nicht einmal eine blos mechaniſche Folge von dieſer, ſondern gar eine mittelbare Nervenwirkung eben deſſelben aͤußern ſinnlichen Eindrucks, und alſo die Nerven- wirkung eines innern ohne Vorſtellungen §. 444. waͤre. Dieß koͤnnte folgendergeſtalt zugehen. Wenn ein Nerven- ſtamm in einen ganzen Muskel eingedrungen iſt, ſo zerthei- let er ſich in alle Faſern deſſelben und durchdringt ſie mit ſeinem Marke bis dahin, wo ſie ſehnigt werden: denn waͤre dieß nicht, ſo koͤnnten nicht alle Punkte jedes Faͤſerchens empfindlich ſeyn. §. 35. Es muß alſo in der Subſtanz jedes Muskels ſelbſt eine große Menge Scheidepunkte klei- ner Zweige vom Stamme des Nerven geben, in welchen ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, auf ſeinem Wege zum Ge- hirn, gewendet, reflektiret und in einen innern ohne Vor- ſtellungen verwandelt werden kann. §. 48. Dieſer kann, als ein ſolcher, in die der beruͤhrten benachbarten Faſein des Muskels zuruͤckgehen und ſie bewegen, und ſo geraͤth der ganze Muskel, oder ein großer Theil deſſelben durch eine mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Ein- drucks in thieriſche Bewegung. Es wuͤrde ſchweruch zu entſcheiden ſeyn, welche von dieſen beyden Wirkungsarten in einzelnen Faͤllen Statt finde, wodurch die Beruͤhrung eines einzigen Punktes einer Muskelfaſer ein ganzer Mus- kel, oder ein muskuloͤſes Eingeweide in thieriſ[ch]e Bewe- gung geſetzet wird: allein es iſt um der Richtigkeit der Be- griffe willen noͤthig, daß man den moͤglichen Unterſchied doch wiſſe. §. 448. Die Bewegungen, wozu eine Muskelfaſer vermoͤge ih- Muskeln
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II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
dem beruͤhrten Muskelfaͤſerchen anhaͤngenden Faſern nur
eine mechaniſche Folge von jener. Zweytens aber koͤnnte
es in manchen Faͤllen wohl ſeyn, daß die Theilnehmung der
uͤbrigen Faſern an der unmittelbaren Nervenwirkung der
beruͤhrten, nicht einmal eine blos mechaniſche Folge von
dieſer, ſondern gar eine mittelbare Nervenwirkung eben
deſſelben aͤußern ſinnlichen Eindrucks, und alſo die Nerven-
wirkung eines innern ohne Vorſtellungen §. 444. waͤre.
Dieß koͤnnte folgendergeſtalt zugehen. Wenn ein Nerven-
ſtamm in einen ganzen Muskel eingedrungen iſt, ſo zerthei-
let er ſich in alle Faſern deſſelben und durchdringt ſie mit
ſeinem Marke bis dahin, wo ſie ſehnigt werden: denn waͤre
dieß nicht, ſo koͤnnten nicht alle Punkte jedes Faͤſerchens
empfindlich ſeyn. §. 35. Es muß alſo in der Subſtanz
jedes Muskels ſelbſt eine große Menge Scheidepunkte klei-
ner Zweige vom Stamme des Nerven geben, in welchen
ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, auf ſeinem Wege zum Ge-
hirn, gewendet, reflektiret und in einen innern ohne Vor-
ſtellungen verwandelt werden kann. §. 48. Dieſer kann,
als ein ſolcher, in die der beruͤhrten benachbarten Faſein
des Muskels zuruͤckgehen und ſie bewegen, und ſo geraͤth
der ganze Muskel, oder ein großer Theil deſſelben durch
eine mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Ein-
drucks in thieriſche Bewegung. Es wuͤrde ſchweruch zu
entſcheiden ſeyn, welche von dieſen beyden Wirkungsarten
in einzelnen Faͤllen Statt finde, wodurch die Beruͤhrung
eines einzigen Punktes einer Muskelfaſer ein ganzer Mus-
kel, oder ein muskuloͤſes Eingeweide in thieriſche Bewe-
gung geſetzet wird: allein es iſt um der Richtigkeit der Be-
griffe willen noͤthig, daß man den moͤglichen Unterſchied
doch wiſſe.
§. 448.
Die Bewegungen, wozu eine Muskelfaſer vermoͤge ih-
rer Strucktur faͤhig iſt, beſtehen in einem Zuſammenziehen
und Erſchlaſſen. §. 161. Jn Muskelbuͤndeln, ganzen
Muskeln
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