es wirken alsdann in ihm noch andre Kräfte in ei- ner bestimmten Ordnung, nach ganz andern, als den uns bekannten physicalischen und mechanischen Gesetzen, und durch sie bewerkstelliget er die na- türlichen Verrichtungen, wozu ihn seine Struck- tur vermögend machet. Ein Reiz, der auf ein todtes Herz, auf einen völlig erstorbenen Muskel, auf die Arterien eines Leichnams keine Wirkung thut, unterhält im natürlichen Zustande den Um- lauf, verändert den Puls der Schlagadern, und beweget die Muskeln und Glieder. Diese beson- dern bewegenden Kräfte, die das belebte Thier vor dem Leichname voraus hat, ob sie gleich mit den blos physischen und mechanischen gemeinschaft- lich in ihm wirken, heißen die eigentlichen thie- rischen Kräfte, und geben dem belebten Thiere diejenige Natur, welche ich die eigentliche thieri- sche Natur thierischer Körper nenne.
Die gewöhnliche Physiologie betrachtet die Kräfte der thierischen Körper im natürlichen Zu- stande, so wie sie in ihrer Verbindung miteinan- der wirken, ohne die blos physischen und mechani- schen von den eigentlichen thierischen abzusondern. Dieß setzt voraus, daß wir wissen, nach welchen Gesetzen jede dieser besondern Arten von Kräften für sich allein wirke? und mit den physischen und mechanischen, deren Gesetze wir kennen, hat es auch wirklich in den meisten Fällen keine Schwie- rigkeit. Fast unübertrefflich lehren uns die halle- rischen physiologischen Schriften den Mechanis- mum aller Theile des thierischen Körpers, in so fern ihre Verrichtungen nach den Gesetzen der Me- chanick, Hydrostatick, Hydraulick, Optick,
Akustick,
Vorrede.
es wirken alsdann in ihm noch andre Kraͤfte in ei- ner beſtimmten Ordnung, nach ganz andern, als den uns bekannten phyſicaliſchen und mechaniſchen Geſetzen, und durch ſie bewerkſtelliget er die na- tuͤrlichen Verrichtungen, wozu ihn ſeine Struck- tur vermoͤgend machet. Ein Reiz, der auf ein todtes Herz, auf einen voͤllig erſtorbenen Muskel, auf die Arterien eines Leichnams keine Wirkung thut, unterhaͤlt im natuͤrlichen Zuſtande den Um- lauf, veraͤndert den Puls der Schlagadern, und beweget die Muskeln und Glieder. Dieſe beſon- dern bewegenden Kraͤfte, die das belebte Thier vor dem Leichname voraus hat, ob ſie gleich mit den blos phyſiſchen und mechaniſchen gemeinſchaft- lich in ihm wirken, heißen die eigentlichen thie- riſchen Kraͤfte, und geben dem belebten Thiere diejenige Natur, welche ich die eigentliche thieri- ſche Natur thieriſcher Koͤrper nenne.
Die gewoͤhnliche Phyſiologie betrachtet die Kraͤfte der thieriſchen Koͤrper im natuͤrlichen Zu- ſtande, ſo wie ſie in ihrer Verbindung miteinan- der wirken, ohne die blos phyſiſchen und mechani- ſchen von den eigentlichen thieriſchen abzuſondern. Dieß ſetzt voraus, daß wir wiſſen, nach welchen Geſetzen jede dieſer beſondern Arten von Kraͤften fuͤr ſich allein wirke? und mit den phyſiſchen und mechaniſchen, deren Geſetze wir kennen, hat es auch wirklich in den meiſten Faͤllen keine Schwie- rigkeit. Faſt unuͤbertrefflich lehren uns die halle- riſchen phyſiologiſchen Schriften den Mechanis- mum aller Theile des thieriſchen Koͤrpers, in ſo fern ihre Verrichtungen nach den Geſetzen der Me- chanick, Hydroſtatick, Hydraulick, Optick,
Akuſtick,
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[0006]
Vorrede.
es wirken alsdann in ihm noch andre Kraͤfte in ei-
ner beſtimmten Ordnung, nach ganz andern, als
den uns bekannten phyſicaliſchen und mechaniſchen
Geſetzen, und durch ſie bewerkſtelliget er die na-
tuͤrlichen Verrichtungen, wozu ihn ſeine Struck-
tur vermoͤgend machet. Ein Reiz, der auf ein
todtes Herz, auf einen voͤllig erſtorbenen Muskel,
auf die Arterien eines Leichnams keine Wirkung
thut, unterhaͤlt im natuͤrlichen Zuſtande den Um-
lauf, veraͤndert den Puls der Schlagadern, und
beweget die Muskeln und Glieder. Dieſe beſon-
dern bewegenden Kraͤfte, die das belebte Thier
vor dem Leichname voraus hat, ob ſie gleich mit
den blos phyſiſchen und mechaniſchen gemeinſchaft-
lich in ihm wirken, heißen die eigentlichen thie-
riſchen Kraͤfte, und geben dem belebten Thiere
diejenige Natur, welche ich die eigentliche thieri-
ſche Natur thieriſcher Koͤrper nenne.
Die gewoͤhnliche Phyſiologie betrachtet die
Kraͤfte der thieriſchen Koͤrper im natuͤrlichen Zu-
ſtande, ſo wie ſie in ihrer Verbindung miteinan-
der wirken, ohne die blos phyſiſchen und mechani-
ſchen von den eigentlichen thieriſchen abzuſondern.
Dieß ſetzt voraus, daß wir wiſſen, nach welchen
Geſetzen jede dieſer beſondern Arten von Kraͤften
fuͤr ſich allein wirke? und mit den phyſiſchen und
mechaniſchen, deren Geſetze wir kennen, hat es
auch wirklich in den meiſten Faͤllen keine Schwie-
rigkeit. Faſt unuͤbertrefflich lehren uns die halle-
riſchen phyſiologiſchen Schriften den Mechanis-
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fern ihre Verrichtungen nach den Geſetzen der Me-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/6>, abgerufen am 21.11.2024.
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