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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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2 Abschn. Ersetz. der Nervenw. durch Seelenw.
lebhaft einbildete, so würde ihn diese Einbildung gewiß
verleiten, wo nicht den Sprung selbst zu thun, doch wenig-
stens seine Glieder in die dazu nöthige Verfassung zu setzen.
Bey Thieren, die gewiß sinnliche Vorstellungen und Trie-
be haben, bestätigen tausend Erfahrungen die Sache:
denn alle ihre Einbildungen und Vorhersehungen drücken
die Seelenwirkungen der äußern Empfindung, obwohl un-
vollständig aus, auf die sie sich beziehen, §. 69. 74. und
sehr viele dieser Seelenwirkungen der äußern Empfindun-
gen sind zugleich mittelbare Nervenwirkungen ihres äußern
sinnlichen Eindrucks. §. 543. 545. Ein Mensch träu-
met, daß er schwimme, und strenget seine Muskeln eben
so an, als ob er wirklich empfände, daß er im Wasser
schwebete. Diese Anstrengung ist die unvollständige See-
lenwirkung der eingebildeten Empfindung, und kann eine
bloße mittelbare Nervenwirkung ihres äußern sinnlichen
Eindrucks seyn: denn ein enthaupteter Frosch schwimme
auch, wenn er ins Wasser geworfen wird. Einer träu-
met, daß sein Finger ein glühendes Eisen berühre, und
sein ganzer Arm zucket zurück, als ob er den Brand im
Finger wirklich empfände. Dieses Zucken ist die unvoll-
ständige Seelenwirkung der eingebildeten Empfindung und
kann eine bloße mittelbare Nervenwirkung ihres äußern
sinnlichen Eindrucks seyn, so wie es das Zucken des ent-
haupteten Frosches ist, dessen Zehe gequetschet wird. Ein
Hund träumet, daß er sich mit einem andern beiße und
billt leise im Schlafe, als ob er sich wirklich bisse. Dieß
Bellen ist die unvollständige Seelenwirkung der einge-
bildeten Empfindung und kann eine bloße mittelbare
Nervenwirkung ihres äußern sinnlichen Eindrucks seyn,
wie die Abänderungen des Athemholens überhaupt. §. 475.
525. Ein wollüstiger Traum hat bey einem Jünglinge
diejenigen Wirkungen, welche die unvollständige, ja oft
fast vollständige Seelenwirkung der eingebildeten Empfin-
dung des Kitzels bey der Begattung sind, und sie können

bloße
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2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw.
lebhaft einbildete, ſo wuͤrde ihn dieſe Einbildung gewiß
verleiten, wo nicht den Sprung ſelbſt zu thun, doch wenig-
ſtens ſeine Glieder in die dazu noͤthige Verfaſſung zu ſetzen.
Bey Thieren, die gewiß ſinnliche Vorſtellungen und Trie-
be haben, beſtaͤtigen tauſend Erfahrungen die Sache:
denn alle ihre Einbildungen und Vorherſehungen druͤcken
die Seelenwirkungen der aͤußern Empfindung, obwohl un-
vollſtaͤndig aus, auf die ſie ſich beziehen, §. 69. 74. und
ſehr viele dieſer Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun-
gen ſind zugleich mittelbare Nervenwirkungen ihres aͤußern
ſinnlichen Eindrucks. §. 543. 545. Ein Menſch traͤu-
met, daß er ſchwimme, und ſtrenget ſeine Muskeln eben
ſo an, als ob er wirklich empfaͤnde, daß er im Waſſer
ſchwebete. Dieſe Anſtrengung iſt die unvollſtaͤndige See-
lenwirkung der eingebildeten Empfindung, und kann eine
bloße mittelbare Nervenwirkung ihres aͤußern ſinnlichen
Eindrucks ſeyn: denn ein enthaupteter Froſch ſchwimme
auch, wenn er ins Waſſer geworfen wird. Einer traͤu-
met, daß ſein Finger ein gluͤhendes Eiſen beruͤhre, und
ſein ganzer Arm zucket zuruͤck, als ob er den Brand im
Finger wirklich empfaͤnde. Dieſes Zucken iſt die unvoll-
ſtaͤndige Seelenwirkung der eingebildeten Empfindung und
kann eine bloße mittelbare Nervenwirkung ihres aͤußern
ſinnlichen Eindrucks ſeyn, ſo wie es das Zucken des ent-
haupteten Froſches iſt, deſſen Zehe gequetſchet wird. Ein
Hund traͤumet, daß er ſich mit einem andern beiße und
billt leiſe im Schlafe, als ob er ſich wirklich biſſe. Dieß
Bellen iſt die unvollſtaͤndige Seelenwirkung der einge-
bildeten Empfindung und kann eine bloße mittelbare
Nervenwirkung ihres aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn,
wie die Abaͤnderungen des Athemholens uͤberhaupt. §. 475.
525. Ein wolluͤſtiger Traum hat bey einem Juͤnglinge
diejenigen Wirkungen, welche die unvollſtaͤndige, ja oft
faſt vollſtaͤndige Seelenwirkung der eingebildeten Empfin-
dung des Kitzels bey der Begattung ſind, und ſie koͤnnen

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[593/0617] 2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw. lebhaft einbildete, ſo wuͤrde ihn dieſe Einbildung gewiß verleiten, wo nicht den Sprung ſelbſt zu thun, doch wenig- ſtens ſeine Glieder in die dazu noͤthige Verfaſſung zu ſetzen. Bey Thieren, die gewiß ſinnliche Vorſtellungen und Trie- be haben, beſtaͤtigen tauſend Erfahrungen die Sache: denn alle ihre Einbildungen und Vorherſehungen druͤcken die Seelenwirkungen der aͤußern Empfindung, obwohl un- vollſtaͤndig aus, auf die ſie ſich beziehen, §. 69. 74. und ſehr viele dieſer Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun- gen ſind zugleich mittelbare Nervenwirkungen ihres aͤußern ſinnlichen Eindrucks. §. 543. 545. Ein Menſch traͤu- met, daß er ſchwimme, und ſtrenget ſeine Muskeln eben ſo an, als ob er wirklich empfaͤnde, daß er im Waſſer ſchwebete. Dieſe Anſtrengung iſt die unvollſtaͤndige See- lenwirkung der eingebildeten Empfindung, und kann eine bloße mittelbare Nervenwirkung ihres aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn: denn ein enthaupteter Froſch ſchwimme auch, wenn er ins Waſſer geworfen wird. Einer traͤu- met, daß ſein Finger ein gluͤhendes Eiſen beruͤhre, und ſein ganzer Arm zucket zuruͤck, als ob er den Brand im Finger wirklich empfaͤnde. Dieſes Zucken iſt die unvoll- ſtaͤndige Seelenwirkung der eingebildeten Empfindung und kann eine bloße mittelbare Nervenwirkung ihres aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn, ſo wie es das Zucken des ent- haupteten Froſches iſt, deſſen Zehe gequetſchet wird. Ein Hund traͤumet, daß er ſich mit einem andern beiße und billt leiſe im Schlafe, als ob er ſich wirklich biſſe. Dieß Bellen iſt die unvollſtaͤndige Seelenwirkung der einge- bildeten Empfindung und kann eine bloße mittelbare Nervenwirkung ihres aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn, wie die Abaͤnderungen des Athemholens uͤberhaupt. §. 475. 525. Ein wolluͤſtiger Traum hat bey einem Juͤnglinge diejenigen Wirkungen, welche die unvollſtaͤndige, ja oft faſt vollſtaͤndige Seelenwirkung der eingebildeten Empfin- dung des Kitzels bey der Begattung ſind, und ſie koͤnnen bloße P p

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/617>, abgerufen am 24.11.2024.