sche Leben desselben wieder, und das Thier wird hergestellet. So ist es mit den meisten übrigen Fällen, die aber insge- sammt in die Pathologie der thierischen Natur gehören. Das, was hier blos in physiologischer Absicht zur Erläu- terung davon gesaget worden, kann hinlänglich seyn.
§. 717.
Beseelte Thiere können des eigentlichen thierischen To- des, natürlicher oder zufälliger Weise, §. 707. durch alle Todesarten des gänzlichen thierischen Todes sterben: §. 709. allein an und für sich erfodert der eigentliche thierische Tod, oder die Entseelung, keine von allen diesen Todesarten, weil das blos thierische Leben bey der Entseelung noch schlechterdings bestehen kann. §. 708. Daher könnte ein beseeltes Thier überhaupt betrachtet, ei- gentlich zu reden, sterben, das ist, die Gemeinschaft seiner Seele und seines Körpers könnte völlig aufhören, so wie sie im allerersten Keime desselben noch nicht da war, §. 634. und es würde doch noch aller der thierischen Verrichtungen fähig seyn, die so viel Unbeseelte mit eben der Vollkom- menheit vollstrecken, als die Beseelten. §. 609 -- 611. Hieraus läßt sich das oft so erstaunlich lange fortgesetzte blos thierische Leben mancher Thiere nach der Enthauptung erklären, die man, da sie einen abgesonderten Kopf und Gehirn haben und zu empfinden scheinen, für sehr unvoll- kommene sinnliche Thiere halten möchte, dergleichen die Schildkröten, Frösche, u. d. g. sind. Man kann aus eben diesen Gründen die Möglichkeit solcher Gifte keines- weges in Zweifel ziehen, welche das eigentliche thierische Le- ben allein aufheben, die Gemeinschaft des Leibes und der Seele trennen, und nur eine blos lebende thierische Ma- schine übrig lassen sollen, die, wenn sie ernähret würde, fortleben, und wie eine lebendige Frucht ohne Kopf, von sinnlichen Eindrücken in thierische Bewegung gesetzt wer- den könnte, ohne die mindeste Empfindung oder irgend ei- ne andre Vorstellung zu haben. Allein freylich sind die
Körper
Z z
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
ſche Leben deſſelben wieder, und das Thier wird hergeſtellet. So iſt es mit den meiſten uͤbrigen Faͤllen, die aber insge- ſammt in die Pathologie der thieriſchen Natur gehoͤren. Das, was hier blos in phyſiologiſcher Abſicht zur Erlaͤu- terung davon geſaget worden, kann hinlaͤnglich ſeyn.
§. 717.
Beſeelte Thiere koͤnnen des eigentlichen thieriſchen To- des, natuͤrlicher oder zufaͤlliger Weiſe, §. 707. durch alle Todesarten des gaͤnzlichen thieriſchen Todes ſterben: §. 709. allein an und fuͤr ſich erfodert der eigentliche thieriſche Tod, oder die Entſeelung, keine von allen dieſen Todesarten, weil das blos thieriſche Leben bey der Entſeelung noch ſchlechterdings beſtehen kann. §. 708. Daher koͤnnte ein beſeeltes Thier uͤberhaupt betrachtet, ei- gentlich zu reden, ſterben, das iſt, die Gemeinſchaft ſeiner Seele und ſeines Koͤrpers koͤnnte voͤllig aufhoͤren, ſo wie ſie im allererſten Keime deſſelben noch nicht da war, §. 634. und es wuͤrde doch noch aller der thieriſchen Verrichtungen faͤhig ſeyn, die ſo viel Unbeſeelte mit eben der Vollkom- menheit vollſtrecken, als die Beſeelten. §. 609 — 611. Hieraus laͤßt ſich das oft ſo erſtaunlich lange fortgeſetzte blos thieriſche Leben mancher Thiere nach der Enthauptung erklaͤren, die man, da ſie einen abgeſonderten Kopf und Gehirn haben und zu empfinden ſcheinen, fuͤr ſehr unvoll- kommene ſinnliche Thiere halten moͤchte, dergleichen die Schildkroͤten, Froͤſche, u. d. g. ſind. Man kann aus eben dieſen Gruͤnden die Moͤglichkeit ſolcher Gifte keines- weges in Zweifel ziehen, welche das eigentliche thieriſche Le- ben allein aufheben, die Gemeinſchaft des Leibes und der Seele trennen, und nur eine blos lebende thieriſche Ma- ſchine uͤbrig laſſen ſollen, die, wenn ſie ernaͤhret wuͤrde, fortleben, und wie eine lebendige Frucht ohne Kopf, von ſinnlichen Eindruͤcken in thieriſche Bewegung geſetzt wer- den koͤnnte, ohne die mindeſte Empfindung oder irgend ei- ne andre Vorſtellung zu haben. Allein freylich ſind die
Koͤrper
Z z
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0745"n="721"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.</hi></fw><lb/>ſche Leben deſſelben wieder, und das Thier wird hergeſtellet.<lb/>
So iſt es mit den meiſten uͤbrigen Faͤllen, die aber insge-<lb/>ſammt in die Pathologie der thieriſchen Natur gehoͤren.<lb/>
Das, was hier blos in phyſiologiſcher Abſicht zur Erlaͤu-<lb/>
terung davon geſaget worden, kann hinlaͤnglich ſeyn.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 717.</head><lb/><p>Beſeelte Thiere koͤnnen des eigentlichen thieriſchen To-<lb/>
des, natuͤrlicher oder zufaͤlliger Weiſe, §. 707. durch<lb/>
alle Todesarten des gaͤnzlichen thieriſchen Todes ſterben:<lb/>
§. 709. allein <hirendition="#fr">an und fuͤr ſich</hi> erfodert der <hirendition="#fr">eigentliche<lb/>
thieriſche Tod,</hi> oder <hirendition="#fr">die Entſeelung,</hi> keine von allen<lb/>
dieſen Todesarten, weil das blos thieriſche Leben bey der<lb/>
Entſeelung noch ſchlechterdings beſtehen kann. §. 708.<lb/>
Daher koͤnnte ein beſeeltes Thier uͤberhaupt betrachtet, ei-<lb/>
gentlich zu reden, ſterben, das iſt, die Gemeinſchaft ſeiner<lb/>
Seele und ſeines Koͤrpers koͤnnte voͤllig aufhoͤren, ſo wie<lb/>ſie im allererſten Keime deſſelben noch nicht da war, §. 634.<lb/>
und es wuͤrde doch noch aller der thieriſchen Verrichtungen<lb/>
faͤhig ſeyn, die ſo viel Unbeſeelte mit eben der Vollkom-<lb/>
menheit vollſtrecken, als die Beſeelten. §. 609 — 611.<lb/>
Hieraus laͤßt ſich das oft ſo erſtaunlich lange fortgeſetzte<lb/>
blos thieriſche Leben mancher Thiere nach der Enthauptung<lb/>
erklaͤren, die man, da ſie einen abgeſonderten Kopf und<lb/>
Gehirn haben und zu empfinden ſcheinen, fuͤr ſehr unvoll-<lb/>
kommene ſinnliche Thiere halten moͤchte, dergleichen die<lb/>
Schildkroͤten, Froͤſche, u. d. g. ſind. Man kann aus<lb/>
eben dieſen Gruͤnden die Moͤglichkeit ſolcher Gifte keines-<lb/>
weges in Zweifel ziehen, welche das eigentliche thieriſche Le-<lb/>
ben allein aufheben, die Gemeinſchaft des Leibes und der<lb/>
Seele trennen, und nur eine blos lebende thieriſche Ma-<lb/>ſchine uͤbrig laſſen ſollen, die, wenn ſie ernaͤhret wuͤrde,<lb/>
fortleben, und wie eine lebendige Frucht ohne Kopf, von<lb/>ſinnlichen Eindruͤcken in thieriſche Bewegung geſetzt wer-<lb/>
den koͤnnte, ohne die mindeſte Empfindung oder irgend ei-<lb/>
ne andre Vorſtellung zu haben. Allein freylich ſind die<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z z</fw><fwplace="bottom"type="catch">Koͤrper</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[721/0745]
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
ſche Leben deſſelben wieder, und das Thier wird hergeſtellet.
So iſt es mit den meiſten uͤbrigen Faͤllen, die aber insge-
ſammt in die Pathologie der thieriſchen Natur gehoͤren.
Das, was hier blos in phyſiologiſcher Abſicht zur Erlaͤu-
terung davon geſaget worden, kann hinlaͤnglich ſeyn.
§. 717.
Beſeelte Thiere koͤnnen des eigentlichen thieriſchen To-
des, natuͤrlicher oder zufaͤlliger Weiſe, §. 707. durch
alle Todesarten des gaͤnzlichen thieriſchen Todes ſterben:
§. 709. allein an und fuͤr ſich erfodert der eigentliche
thieriſche Tod, oder die Entſeelung, keine von allen
dieſen Todesarten, weil das blos thieriſche Leben bey der
Entſeelung noch ſchlechterdings beſtehen kann. §. 708.
Daher koͤnnte ein beſeeltes Thier uͤberhaupt betrachtet, ei-
gentlich zu reden, ſterben, das iſt, die Gemeinſchaft ſeiner
Seele und ſeines Koͤrpers koͤnnte voͤllig aufhoͤren, ſo wie
ſie im allererſten Keime deſſelben noch nicht da war, §. 634.
und es wuͤrde doch noch aller der thieriſchen Verrichtungen
faͤhig ſeyn, die ſo viel Unbeſeelte mit eben der Vollkom-
menheit vollſtrecken, als die Beſeelten. §. 609 — 611.
Hieraus laͤßt ſich das oft ſo erſtaunlich lange fortgeſetzte
blos thieriſche Leben mancher Thiere nach der Enthauptung
erklaͤren, die man, da ſie einen abgeſonderten Kopf und
Gehirn haben und zu empfinden ſcheinen, fuͤr ſehr unvoll-
kommene ſinnliche Thiere halten moͤchte, dergleichen die
Schildkroͤten, Froͤſche, u. d. g. ſind. Man kann aus
eben dieſen Gruͤnden die Moͤglichkeit ſolcher Gifte keines-
weges in Zweifel ziehen, welche das eigentliche thieriſche Le-
ben allein aufheben, die Gemeinſchaft des Leibes und der
Seele trennen, und nur eine blos lebende thieriſche Ma-
ſchine uͤbrig laſſen ſollen, die, wenn ſie ernaͤhret wuͤrde,
fortleben, und wie eine lebendige Frucht ohne Kopf, von
ſinnlichen Eindruͤcken in thieriſche Bewegung geſetzt wer-
den koͤnnte, ohne die mindeſte Empfindung oder irgend ei-
ne andre Vorſtellung zu haben. Allein freylich ſind die
Koͤrper
Z z
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/745>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.