Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

3 Abschn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen.
geschlossen werden kann. §. 44. Es können dem unge-
achtet diese Nerven durch andre blos thierische Wirkungen
in der thierischen Oekonomie vom größten Nutzen seyn, §.
42. und da es wirklich die Erfahrung lehret, daß manche
mit sehr vielen Nerven versehene Theile nur selten, nur
schwach, nur wenige und besondre Arten äußerlicher sinnli-
cher Eindrücke empfinden, z. E. das Herz, der Magen, etc.
so ist es sehr wahrscheinlich, daß selbst im natürlichen Zu-
stande der Gesundheit bey den Thieren viele äußere Em-
pfindungen durch solche natürliche Hindernisse gehindert
werden, und daß dieß keine widernatürliche Beschaffenheit
mancher Nerven sey. Um diese wichtige Sache in ihr ge-
höriges Licht zu setzen, wollen wir von allen möglichen Ar-
ten, wie äußere Empfindungen von Natur gehindert wer-
den können, die Spuren in der Erfahrung suchen. (Vergl.
d. A. 5 B 233 St.

1. Die Natur verbirgt viele Nerven vor Berührun-
gen durch Bedeckungen, Ueberzüge von Häuten, von
Schleim, oder daß sie sie in solche Theile leitet, wo sie we-
nigen, oder schwachen, oder nur gewissen für sie bestimm-
ten Arten der Berührungen, andern aber weniger oder
nicht ausgesetzet sind. Hierdurch mäßigt sie auch unsre
äußern Empfindungen, daß sie nicht schmerzhaft werden.
§. 46. N. 1.

2. Sie hat manche Nerven, z. E. die Nerven des
Auges, so zubereitet und geleget, daß sie nur gewissen, z.
E. den Berührungen der Lichtstrahlen ausgesetzet, und von
ihnen nur hauptsächlich äußerlicher sinnlicher Eindrücke fä-
hig sind, wogegen andre, z. E. die Nerven der Haut von
den Lichtstrahlen keinen sinnlichen Eindruck annehmen. §.
40. Eben so können die Schwingungen der Lufttheilchen,
welche die Gehörnerven sinnlich rühren in den so zarten und
empfindlichen Gesichtsnerven keinen äußern sinnlichen Ein-
druck machen. Die Geruchtheilchen, die den Geruchsner-
ven so empfindlich sind, haben keine Wirkung in die Ner-
ven des Gesichts, Gehörs, Geschmacks und Gefühls. Zu-

weilen

3 Abſchn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen.
geſchloſſen werden kann. §. 44. Es koͤnnen dem unge-
achtet dieſe Nerven durch andre blos thieriſche Wirkungen
in der thieriſchen Oekonomie vom groͤßten Nutzen ſeyn, §.
42. und da es wirklich die Erfahrung lehret, daß manche
mit ſehr vielen Nerven verſehene Theile nur ſelten, nur
ſchwach, nur wenige und beſondre Arten aͤußerlicher ſinnli-
cher Eindruͤcke empfinden, z. E. das Herz, der Magen, ꝛc.
ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſelbſt im natuͤrlichen Zu-
ſtande der Geſundheit bey den Thieren viele aͤußere Em-
pfindungen durch ſolche natuͤrliche Hinderniſſe gehindert
werden, und daß dieß keine widernatuͤrliche Beſchaffenheit
mancher Nerven ſey. Um dieſe wichtige Sache in ihr ge-
hoͤriges Licht zu ſetzen, wollen wir von allen moͤglichen Ar-
ten, wie aͤußere Empfindungen von Natur gehindert wer-
den koͤnnen, die Spuren in der Erfahrung ſuchen. (Vergl.
d. A. 5 B 233 St.

1. Die Natur verbirgt viele Nerven vor Beruͤhrun-
gen durch Bedeckungen, Ueberzuͤge von Haͤuten, von
Schleim, oder daß ſie ſie in ſolche Theile leitet, wo ſie we-
nigen, oder ſchwachen, oder nur gewiſſen fuͤr ſie beſtimm-
ten Arten der Beruͤhrungen, andern aber weniger oder
nicht ausgeſetzet ſind. Hierdurch maͤßigt ſie auch unſre
aͤußern Empfindungen, daß ſie nicht ſchmerzhaft werden.
§. 46. N. 1.

2. Sie hat manche Nerven, z. E. die Nerven des
Auges, ſo zubereitet und geleget, daß ſie nur gewiſſen, z.
E. den Beruͤhrungen der Lichtſtrahlen ausgeſetzet, und von
ihnen nur hauptſaͤchlich aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke faͤ-
hig ſind, wogegen andre, z. E. die Nerven der Haut von
den Lichtſtrahlen keinen ſinnlichen Eindruck annehmen. §.
40. Eben ſo koͤnnen die Schwingungen der Lufttheilchen,
welche die Gehoͤrnerven ſinnlich ruͤhren in den ſo zarten und
empfindlichen Geſichtsnerven keinen aͤußern ſinnlichen Ein-
druck machen. Die Geruchtheilchen, die den Geruchsner-
ven ſo empfindlich ſind, haben keine Wirkung in die Ner-
ven des Geſichts, Gehoͤrs, Geſchmacks und Gefuͤhls. Zu-

weilen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0087" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">3 Ab&#x017F;chn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen.</hi></fw><lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kann. §. 44. Es ko&#x0364;nnen dem unge-<lb/>
achtet die&#x017F;e Nerven durch andre blos thieri&#x017F;che Wirkungen<lb/>
in der thieri&#x017F;chen Oekonomie vom gro&#x0364;ßten Nutzen &#x017F;eyn, §.<lb/>
42. und da es wirklich die Erfahrung lehret, daß manche<lb/>
mit &#x017F;ehr vielen Nerven ver&#x017F;ehene Theile nur &#x017F;elten, nur<lb/>
&#x017F;chwach, nur wenige und be&#x017F;ondre Arten a&#x0364;ußerlicher &#x017F;innli-<lb/>
cher Eindru&#x0364;cke empfinden, z. E. das Herz, der Magen, &#xA75B;c.<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich, daß &#x017F;elb&#x017F;t im natu&#x0364;rlichen Zu-<lb/>
&#x017F;tande der Ge&#x017F;undheit bey den Thieren viele a&#x0364;ußere Em-<lb/>
pfindungen durch &#x017F;olche natu&#x0364;rliche Hinderni&#x017F;&#x017F;e gehindert<lb/>
werden, und daß dieß keine widernatu&#x0364;rliche Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
mancher Nerven &#x017F;ey. Um die&#x017F;e wichtige Sache in ihr ge-<lb/>
ho&#x0364;riges Licht zu &#x017F;etzen, wollen wir von allen mo&#x0364;glichen Ar-<lb/>
ten, wie a&#x0364;ußere Empfindungen von Natur gehindert wer-<lb/>
den ko&#x0364;nnen, die Spuren in der Erfahrung &#x017F;uchen. (Vergl.<lb/>
d. A. 5 B 233 St.</p><lb/>
                <p>1. Die Natur verbirgt viele Nerven vor Beru&#x0364;hrun-<lb/>
gen durch Bedeckungen, Ueberzu&#x0364;ge von Ha&#x0364;uten, von<lb/>
Schleim, oder daß &#x017F;ie &#x017F;ie in &#x017F;olche Theile leitet, wo &#x017F;ie we-<lb/>
nigen, oder &#x017F;chwachen, oder nur gewi&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r &#x017F;ie be&#x017F;timm-<lb/>
ten Arten der Beru&#x0364;hrungen, andern aber weniger oder<lb/>
nicht ausge&#x017F;etzet &#x017F;ind. Hierdurch ma&#x0364;ßigt &#x017F;ie auch un&#x017F;re<lb/>
a&#x0364;ußern Empfindungen, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;chmerzhaft werden.<lb/>
§. 46. <hi rendition="#aq">N.</hi> 1.</p><lb/>
                <p>2. Sie hat manche Nerven, z. E. die Nerven des<lb/>
Auges, &#x017F;o zubereitet und geleget, daß &#x017F;ie nur gewi&#x017F;&#x017F;en, z.<lb/>
E. den Beru&#x0364;hrungen der Licht&#x017F;trahlen ausge&#x017F;etzet, und von<lb/>
ihnen nur haupt&#x017F;a&#x0364;chlich a&#x0364;ußerlicher &#x017F;innlicher Eindru&#x0364;cke fa&#x0364;-<lb/>
hig &#x017F;ind, wogegen andre, z. E. die Nerven der Haut von<lb/>
den Licht&#x017F;trahlen keinen &#x017F;innlichen Eindruck annehmen. §.<lb/>
40. Eben &#x017F;o ko&#x0364;nnen die Schwingungen der Lufttheilchen,<lb/>
welche die Geho&#x0364;rnerven &#x017F;innlich ru&#x0364;hren in den &#x017F;o zarten und<lb/>
empfindlichen Ge&#x017F;ichtsnerven keinen a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Ein-<lb/>
druck machen. Die Geruchtheilchen, die den Geruchsner-<lb/>
ven &#x017F;o empfindlich &#x017F;ind, haben keine Wirkung in die Ner-<lb/>
ven des Ge&#x017F;ichts, Geho&#x0364;rs, Ge&#x017F;chmacks und Gefu&#x0364;hls. Zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weilen</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0087] 3 Abſchn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen. geſchloſſen werden kann. §. 44. Es koͤnnen dem unge- achtet dieſe Nerven durch andre blos thieriſche Wirkungen in der thieriſchen Oekonomie vom groͤßten Nutzen ſeyn, §. 42. und da es wirklich die Erfahrung lehret, daß manche mit ſehr vielen Nerven verſehene Theile nur ſelten, nur ſchwach, nur wenige und beſondre Arten aͤußerlicher ſinnli- cher Eindruͤcke empfinden, z. E. das Herz, der Magen, ꝛc. ſo iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſelbſt im natuͤrlichen Zu- ſtande der Geſundheit bey den Thieren viele aͤußere Em- pfindungen durch ſolche natuͤrliche Hinderniſſe gehindert werden, und daß dieß keine widernatuͤrliche Beſchaffenheit mancher Nerven ſey. Um dieſe wichtige Sache in ihr ge- hoͤriges Licht zu ſetzen, wollen wir von allen moͤglichen Ar- ten, wie aͤußere Empfindungen von Natur gehindert wer- den koͤnnen, die Spuren in der Erfahrung ſuchen. (Vergl. d. A. 5 B 233 St. 1. Die Natur verbirgt viele Nerven vor Beruͤhrun- gen durch Bedeckungen, Ueberzuͤge von Haͤuten, von Schleim, oder daß ſie ſie in ſolche Theile leitet, wo ſie we- nigen, oder ſchwachen, oder nur gewiſſen fuͤr ſie beſtimm- ten Arten der Beruͤhrungen, andern aber weniger oder nicht ausgeſetzet ſind. Hierdurch maͤßigt ſie auch unſre aͤußern Empfindungen, daß ſie nicht ſchmerzhaft werden. §. 46. N. 1. 2. Sie hat manche Nerven, z. E. die Nerven des Auges, ſo zubereitet und geleget, daß ſie nur gewiſſen, z. E. den Beruͤhrungen der Lichtſtrahlen ausgeſetzet, und von ihnen nur hauptſaͤchlich aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke faͤ- hig ſind, wogegen andre, z. E. die Nerven der Haut von den Lichtſtrahlen keinen ſinnlichen Eindruck annehmen. §. 40. Eben ſo koͤnnen die Schwingungen der Lufttheilchen, welche die Gehoͤrnerven ſinnlich ruͤhren in den ſo zarten und empfindlichen Geſichtsnerven keinen aͤußern ſinnlichen Ein- druck machen. Die Geruchtheilchen, die den Geruchsner- ven ſo empfindlich ſind, haben keine Wirkung in die Ner- ven des Geſichts, Gehoͤrs, Geſchmacks und Gefuͤhls. Zu- weilen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/87
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/87>, abgerufen am 10.05.2024.