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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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geben. Ebenso entstehen beim Entfernen der Spulen von den Magnetpolen sich
zu einem Gesammtstrome summirende Entfernungsströme. Die Richtung der sum-
mirten Näherungsströme ist natürlich entgegengesetzt der Richtung der summirten
Entfernungsströme. Sie werden in Ströme einer Richtung durch Anwendung des
Commutators a d gebracht.

Die den früher construirten Maschinen überlegene Wirkung, welche Stöhrer
durch Vermehrung der Magnete und Spulen erzielt hatte, war die Veranlassung,
daß man auf diesem Wege fortfuhr, eine weitere Vervollkommnung der Maschinen
anzustreben. Zunächst waren es Nollet (1849) und Shephard (1856), welche
eine bedeutend größere Anzahl von Spulen und Magneten zur Construction ihrer
Maschinen benützten. Der durch Van Malderen modificirten Maschine des Letzteren,
welche unter dem Namen Alliance-Maschine bekannt wurde, gelang es auch

[Abbildung] Fig. 221.

Maschine von Stöhrer.

bereits, zur praktischen An-
wendung im größeren Maß-
stabe zu gelangen; sie behauptet
sich hierin auch gegenwärtig
noch in einzelnen Fällen und
wird daher bei Betrachtung
der jetzt gebräuchlichen Ma-
schinen beschrieben werden.

Einen ganz anderen
Weg zur Vervollkommnung
der Maschinen schlug Dr.
Werner Siemens ein.
Geleitet von dem Gedanken,
daß die inducirende Wirkung
der Magnete nur dann voll-
kommen ausgenützt werden
kann, wenn man die Induc-
tionsspulen den Magnetpolen
möglichst nahe bringt und so
gegen die Spulen anordnet,
daß ein möglichst großer Theil
derselben der inducirenden
Wirkung ausgesetzt ist, gelangte er im Jahre 1857 zur Construction der Cylinder-
Armatur
. Diese besteht in ihrer einfachsten Form aus einem eisernen Cylinder, der
an zwei einander gegenüberliegenden Längsseiten derart ausgeschnitten ist, daß der
Querschnitt des Cylinders die Form eines doppelten T annimmt (Fig. 222 a). Die
volle Gestalt des Cylinders wird dadurch wieder hergestellt, daß man die an den Seiten
gebildeten Nuthen mit zur Axe des Cylinders parallelen Windungen eines isolirenden
Kupferdrahtes ausfüllt (Fig. 222 b). Die parallel nebeneinander aufgestellten
Hufeisenmagnete (Fig. 222 c) sind an ihren Polen N S kreisförmig ausgeschnitten
und bilden so einen cylindrischen Hohlraum, in welchem sich die Cylinder-Armatur mit
geringem Spielraume drehen kann. Durch diese Anordnung wird die Drahtspirale
der stärksten magnetischen Einwirkung ausgesetzt und erfährt hierdurch die kräftigste
Induction. Durch diese Construction erzielte Siemens bereits bei kleineren Dimen-
sionen stärkere Ströme, als bei den früher erwähnten Maschinen erhalten werden
konnten.

geben. Ebenſo entſtehen beim Entfernen der Spulen von den Magnetpolen ſich
zu einem Geſammtſtrome ſummirende Entfernungsſtröme. Die Richtung der ſum-
mirten Näherungsſtröme iſt natürlich entgegengeſetzt der Richtung der ſummirten
Entfernungsſtröme. Sie werden in Ströme einer Richtung durch Anwendung des
Commutators a d gebracht.

Die den früher conſtruirten Maſchinen überlegene Wirkung, welche Stöhrer
durch Vermehrung der Magnete und Spulen erzielt hatte, war die Veranlaſſung,
daß man auf dieſem Wege fortfuhr, eine weitere Vervollkommnung der Maſchinen
anzuſtreben. Zunächſt waren es Nollet (1849) und Shephard (1856), welche
eine bedeutend größere Anzahl von Spulen und Magneten zur Conſtruction ihrer
Maſchinen benützten. Der durch Van Malderen modificirten Maſchine des Letzteren,
welche unter dem Namen Alliance-Maſchine bekannt wurde, gelang es auch

[Abbildung] Fig. 221.

Maſchine von Stöhrer.

bereits, zur praktiſchen An-
wendung im größeren Maß-
ſtabe zu gelangen; ſie behauptet
ſich hierin auch gegenwärtig
noch in einzelnen Fällen und
wird daher bei Betrachtung
der jetzt gebräuchlichen Ma-
ſchinen beſchrieben werden.

Einen ganz anderen
Weg zur Vervollkommnung
der Maſchinen ſchlug Dr.
Werner Siemens ein.
Geleitet von dem Gedanken,
daß die inducirende Wirkung
der Magnete nur dann voll-
kommen ausgenützt werden
kann, wenn man die Induc-
tionsſpulen den Magnetpolen
möglichſt nahe bringt und ſo
gegen die Spulen anordnet,
daß ein möglichſt großer Theil
derſelben der inducirenden
Wirkung ausgeſetzt iſt, gelangte er im Jahre 1857 zur Conſtruction der Cylinder-
Armatur
. Dieſe beſteht in ihrer einfachſten Form aus einem eiſernen Cylinder, der
an zwei einander gegenüberliegenden Längsſeiten derart ausgeſchnitten iſt, daß der
Querſchnitt des Cylinders die Form eines doppelten T annimmt (Fig. 222 a). Die
volle Geſtalt des Cylinders wird dadurch wieder hergeſtellt, daß man die an den Seiten
gebildeten Nuthen mit zur Axe des Cylinders parallelen Windungen eines iſolirenden
Kupferdrahtes ausfüllt (Fig. 222 b). Die parallel nebeneinander aufgeſtellten
Hufeiſenmagnete (Fig. 222 c) ſind an ihren Polen N S kreisförmig ausgeſchnitten
und bilden ſo einen cylindriſchen Hohlraum, in welchem ſich die Cylinder-Armatur mit
geringem Spielraume drehen kann. Durch dieſe Anordnung wird die Drahtſpirale
der ſtärkſten magnetiſchen Einwirkung ausgeſetzt und erfährt hierdurch die kräftigſte
Induction. Durch dieſe Conſtruction erzielte Siemens bereits bei kleineren Dimen-
ſionen ſtärkere Ströme, als bei den früher erwähnten Maſchinen erhalten werden
konnten.

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[344/0358] geben. Ebenſo entſtehen beim Entfernen der Spulen von den Magnetpolen ſich zu einem Geſammtſtrome ſummirende Entfernungsſtröme. Die Richtung der ſum- mirten Näherungsſtröme iſt natürlich entgegengeſetzt der Richtung der ſummirten Entfernungsſtröme. Sie werden in Ströme einer Richtung durch Anwendung des Commutators a d gebracht. Die den früher conſtruirten Maſchinen überlegene Wirkung, welche Stöhrer durch Vermehrung der Magnete und Spulen erzielt hatte, war die Veranlaſſung, daß man auf dieſem Wege fortfuhr, eine weitere Vervollkommnung der Maſchinen anzuſtreben. Zunächſt waren es Nollet (1849) und Shephard (1856), welche eine bedeutend größere Anzahl von Spulen und Magneten zur Conſtruction ihrer Maſchinen benützten. Der durch Van Malderen modificirten Maſchine des Letzteren, welche unter dem Namen Alliance-Maſchine bekannt wurde, gelang es auch [Abbildung Fig. 221. Maſchine von Stöhrer.] bereits, zur praktiſchen An- wendung im größeren Maß- ſtabe zu gelangen; ſie behauptet ſich hierin auch gegenwärtig noch in einzelnen Fällen und wird daher bei Betrachtung der jetzt gebräuchlichen Ma- ſchinen beſchrieben werden. Einen ganz anderen Weg zur Vervollkommnung der Maſchinen ſchlug Dr. Werner Siemens ein. Geleitet von dem Gedanken, daß die inducirende Wirkung der Magnete nur dann voll- kommen ausgenützt werden kann, wenn man die Induc- tionsſpulen den Magnetpolen möglichſt nahe bringt und ſo gegen die Spulen anordnet, daß ein möglichſt großer Theil derſelben der inducirenden Wirkung ausgeſetzt iſt, gelangte er im Jahre 1857 zur Conſtruction der Cylinder- Armatur. Dieſe beſteht in ihrer einfachſten Form aus einem eiſernen Cylinder, der an zwei einander gegenüberliegenden Längsſeiten derart ausgeſchnitten iſt, daß der Querſchnitt des Cylinders die Form eines doppelten T annimmt (Fig. 222 a). Die volle Geſtalt des Cylinders wird dadurch wieder hergeſtellt, daß man die an den Seiten gebildeten Nuthen mit zur Axe des Cylinders parallelen Windungen eines iſolirenden Kupferdrahtes ausfüllt (Fig. 222 b). Die parallel nebeneinander aufgeſtellten Hufeiſenmagnete (Fig. 222 c) ſind an ihren Polen N S kreisförmig ausgeſchnitten und bilden ſo einen cylindriſchen Hohlraum, in welchem ſich die Cylinder-Armatur mit geringem Spielraume drehen kann. Durch dieſe Anordnung wird die Drahtſpirale der ſtärkſten magnetiſchen Einwirkung ausgeſetzt und erfährt hierdurch die kräftigſte Induction. Durch dieſe Conſtruction erzielte Siemens bereits bei kleineren Dimen- ſionen ſtärkere Ströme, als bei den früher erwähnten Maſchinen erhalten werden konnten.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/358>, abgerufen am 22.11.2024.