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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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die Gasbeleuchtung, bei welcher die Ventilation nicht nur gegen die Luftverderbniß durch
Menschen, sondern auch gegen die Hitze und die Verbrennungsproducte der Flamme gerichtet
werden muß, während sie es bei elektrischer Beleuchtung nur mit dem Athem und der Haut-
ausdünstung der Menschen und deren Folgen zu thun hat. Es ergab sich, daß bei leerem
Hause die Differenz in der Temperaturerhöhung im obersten Range bei Gasbeleuchtung zehn-
mal (9·2 zu 0·9) größer ist als bei elektrischer Beleuchtung. In den unteren Räumen des
Hauses werden die Differenzen selbstverständlich kleiner. Auch bei besetztem Hause beträgt die
Differenz noch 6 Grad Celsius. Bei der elektrischen Beleuchtung war die Temperatur im
III. Range nicht einmal so hoch wie bei der Gasbeleuchtung schon im I. Range, während über-
dies noch bei den Versuchen mit Leuchtgas die Temperatur im Freien niedriger war als bei
jenen mit elektrischem Lichte. Der Kohlensäuregehalt nahm bei leerem Hause in der nachstehend
angegebenen Weise zu:

[Tabelle]

Bei beiden Beleuchtungsarten betrug der Kohlensäuregehalt der Luft im Zuschauer-
raume zu Anfang des Versuches 0·4 pro Mille.

Ein weiterer Vortheil des elektrischen Lichtes ist die Erhöhung der Sehschärfe
überhaupt. So fand der Augenarzt Dr. Happe, daß, wenn man die Sehschärfe bei Tages-
licht gleich 1 setzt, dieselbe bei Gaslicht auf 0·5 bis 0·7 sinkt, bei elektrischem Lichte aber auf
1·2--1·5 steigt. Auch wurde die Sehschärfe für die einzelnen Farben untersucht und als
Gesammtresultat gefunden, daß die Sehschärfe bei elektrischer Beleuchtung durchweg erhöht
wird, daß das Roth viel weiter noch als Roth, das Grün als Grün empfunden wird, daß
das Blau in bedeutend größerer Entfernung sichtbar wird, der Sinn für die Empfindung
des gelben Lichtes verdoppelt, verdreifacht, ja selbst versechsfacht werden könne, wenn an Stelle
des Tageslichtes die elektrische Beleuchtung tritt. Auch dieser Umstand ist für die Praxis von
Belang, da durch das bessere Sehen ein rascheres und besseres Arbeiten erzielt wird. Sehr
gesundheitsschädlich wirkt die strahlende Wärme des Leuchtgases, indem sie die Augen aus-
trocknet und Blutandrang nach dem Kopfe veranlaßt. Professor Cohn fand, daß ein berußtes
Thermometer, welches 10 Centimeter von einer Gasflamme (zu 20 Normalkerzen) entfernt
aufgehängt wurde, bei 14 Grad Zimmertemperatur in 10 Minuten um 23·5 Grad gestiegen war,
während es in derselben Stellung zu einer Edison-Glühlichtlampe (a 20 Normalkerzen) in
derselben Zeit nur um 12·8 Grad stieg. An dem Ueberhandnehmen der Kurzsichtigkeit trägt
außer dem Arbeiten bei ungenügender Helligkeit auch die Inconstanz der Beleuchtung schuld.
Es ist Jedermann bekannt, daß offene Flammen, wie sie z. B. bei der Gasbeleuchtung ganz
allgemein verwendet werden, keine Secunde ruhig brennen, sondern vielmehr ununterbrochen
in Bewegung sind.

Die Anwendung des Leuchtgases bringt aber noch anderweitige Gefahren
mit sich; es sind dies die Explosionsgefahr und die Möglichkeit einer Ver-
giftung durch Ausströmen
aus undichten Stellen, Offenlassen eines Hahnes etc.
Schon ein Gehalt von 2 bis 3 Procent Leuchtgas in der Luft verursacht bei
längerer Einathmung den Tod. Layet hat in der Sectionssitzung des internationalen
Congresses für Hygiene zu Turin ein sehr düsteres Bild von dem nachtheiligen
Einflusse der Gasbeleuchtung auf die Gesundheit entworfen und den Wunsch aus-
gesprochen, daß das elektrische Licht baldmöglichst die Gasbeleuchtung verdrängen
möge. Die schädliche Einwirkung der Verbrennungsproducte des Leuchtgases macht
sich aber nicht nur auf die Gesundheit der Menschen geltend, sondern übt auch

die Gasbeleuchtung, bei welcher die Ventilation nicht nur gegen die Luftverderbniß durch
Menſchen, ſondern auch gegen die Hitze und die Verbrennungsproducte der Flamme gerichtet
werden muß, während ſie es bei elektriſcher Beleuchtung nur mit dem Athem und der Haut-
ausdünſtung der Menſchen und deren Folgen zu thun hat. Es ergab ſich, daß bei leerem
Hauſe die Differenz in der Temperaturerhöhung im oberſten Range bei Gasbeleuchtung zehn-
mal (9·2 zu 0·9) größer iſt als bei elektriſcher Beleuchtung. In den unteren Räumen des
Hauſes werden die Differenzen ſelbſtverſtändlich kleiner. Auch bei beſetztem Hauſe beträgt die
Differenz noch 6 Grad Celſius. Bei der elektriſchen Beleuchtung war die Temperatur im
III. Range nicht einmal ſo hoch wie bei der Gasbeleuchtung ſchon im I. Range, während über-
dies noch bei den Verſuchen mit Leuchtgas die Temperatur im Freien niedriger war als bei
jenen mit elektriſchem Lichte. Der Kohlenſäuregehalt nahm bei leerem Hauſe in der nachſtehend
angegebenen Weiſe zu:

[Tabelle]

Bei beiden Beleuchtungsarten betrug der Kohlenſäuregehalt der Luft im Zuſchauer-
raume zu Anfang des Verſuches 0·4 pro Mille.

Ein weiterer Vortheil des elektriſchen Lichtes iſt die Erhöhung der Sehſchärfe
überhaupt. So fand der Augenarzt Dr. Happe, daß, wenn man die Sehſchärfe bei Tages-
licht gleich 1 ſetzt, dieſelbe bei Gaslicht auf 0·5 bis 0·7 ſinkt, bei elektriſchem Lichte aber auf
1·2—1·5 ſteigt. Auch wurde die Sehſchärfe für die einzelnen Farben unterſucht und als
Geſammtreſultat gefunden, daß die Sehſchärfe bei elektriſcher Beleuchtung durchweg erhöht
wird, daß das Roth viel weiter noch als Roth, das Grün als Grün empfunden wird, daß
das Blau in bedeutend größerer Entfernung ſichtbar wird, der Sinn für die Empfindung
des gelben Lichtes verdoppelt, verdreifacht, ja ſelbſt verſechsfacht werden könne, wenn an Stelle
des Tageslichtes die elektriſche Beleuchtung tritt. Auch dieſer Umſtand iſt für die Praxis von
Belang, da durch das beſſere Sehen ein raſcheres und beſſeres Arbeiten erzielt wird. Sehr
geſundheitsſchädlich wirkt die ſtrahlende Wärme des Leuchtgaſes, indem ſie die Augen aus-
trocknet und Blutandrang nach dem Kopfe veranlaßt. Profeſſor Cohn fand, daß ein berußtes
Thermometer, welches 10 Centimeter von einer Gasflamme (zu 20 Normalkerzen) entfernt
aufgehängt wurde, bei 14 Grad Zimmertemperatur in 10 Minuten um 23·5 Grad geſtiegen war,
während es in derſelben Stellung zu einer Ediſon-Glühlichtlampe (à 20 Normalkerzen) in
derſelben Zeit nur um 12·8 Grad ſtieg. An dem Ueberhandnehmen der Kurzſichtigkeit trägt
außer dem Arbeiten bei ungenügender Helligkeit auch die Inconſtanz der Beleuchtung ſchuld.
Es iſt Jedermann bekannt, daß offene Flammen, wie ſie z. B. bei der Gasbeleuchtung ganz
allgemein verwendet werden, keine Secunde ruhig brennen, ſondern vielmehr ununterbrochen
in Bewegung ſind.

Die Anwendung des Leuchtgaſes bringt aber noch anderweitige Gefahren
mit ſich; es ſind dies die Exploſionsgefahr und die Möglichkeit einer Ver-
giftung durch Ausſtrömen
aus undichten Stellen, Offenlaſſen eines Hahnes ꝛc.
Schon ein Gehalt von 2 bis 3 Procent Leuchtgas in der Luft verurſacht bei
längerer Einathmung den Tod. Layet hat in der Sectionsſitzung des internationalen
Congreſſes für Hygiene zu Turin ein ſehr düſteres Bild von dem nachtheiligen
Einfluſſe der Gasbeleuchtung auf die Geſundheit entworfen und den Wunſch aus-
geſprochen, daß das elektriſche Licht baldmöglichſt die Gasbeleuchtung verdrängen
möge. Die ſchädliche Einwirkung der Verbrennungsproducte des Leuchtgaſes macht
ſich aber nicht nur auf die Geſundheit der Menſchen geltend, ſondern übt auch

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[719/0733] die Gasbeleuchtung, bei welcher die Ventilation nicht nur gegen die Luftverderbniß durch Menſchen, ſondern auch gegen die Hitze und die Verbrennungsproducte der Flamme gerichtet werden muß, während ſie es bei elektriſcher Beleuchtung nur mit dem Athem und der Haut- ausdünſtung der Menſchen und deren Folgen zu thun hat. Es ergab ſich, daß bei leerem Hauſe die Differenz in der Temperaturerhöhung im oberſten Range bei Gasbeleuchtung zehn- mal (9·2 zu 0·9) größer iſt als bei elektriſcher Beleuchtung. In den unteren Räumen des Hauſes werden die Differenzen ſelbſtverſtändlich kleiner. Auch bei beſetztem Hauſe beträgt die Differenz noch 6 Grad Celſius. Bei der elektriſchen Beleuchtung war die Temperatur im III. Range nicht einmal ſo hoch wie bei der Gasbeleuchtung ſchon im I. Range, während über- dies noch bei den Verſuchen mit Leuchtgas die Temperatur im Freien niedriger war als bei jenen mit elektriſchem Lichte. Der Kohlenſäuregehalt nahm bei leerem Hauſe in der nachſtehend angegebenen Weiſe zu: Bei beiden Beleuchtungsarten betrug der Kohlenſäuregehalt der Luft im Zuſchauer- raume zu Anfang des Verſuches 0·4 pro Mille. Ein weiterer Vortheil des elektriſchen Lichtes iſt die Erhöhung der Sehſchärfe überhaupt. So fand der Augenarzt Dr. Happe, daß, wenn man die Sehſchärfe bei Tages- licht gleich 1 ſetzt, dieſelbe bei Gaslicht auf 0·5 bis 0·7 ſinkt, bei elektriſchem Lichte aber auf 1·2—1·5 ſteigt. Auch wurde die Sehſchärfe für die einzelnen Farben unterſucht und als Geſammtreſultat gefunden, daß die Sehſchärfe bei elektriſcher Beleuchtung durchweg erhöht wird, daß das Roth viel weiter noch als Roth, das Grün als Grün empfunden wird, daß das Blau in bedeutend größerer Entfernung ſichtbar wird, der Sinn für die Empfindung des gelben Lichtes verdoppelt, verdreifacht, ja ſelbſt verſechsfacht werden könne, wenn an Stelle des Tageslichtes die elektriſche Beleuchtung tritt. Auch dieſer Umſtand iſt für die Praxis von Belang, da durch das beſſere Sehen ein raſcheres und beſſeres Arbeiten erzielt wird. Sehr geſundheitsſchädlich wirkt die ſtrahlende Wärme des Leuchtgaſes, indem ſie die Augen aus- trocknet und Blutandrang nach dem Kopfe veranlaßt. Profeſſor Cohn fand, daß ein berußtes Thermometer, welches 10 Centimeter von einer Gasflamme (zu 20 Normalkerzen) entfernt aufgehängt wurde, bei 14 Grad Zimmertemperatur in 10 Minuten um 23·5 Grad geſtiegen war, während es in derſelben Stellung zu einer Ediſon-Glühlichtlampe (à 20 Normalkerzen) in derſelben Zeit nur um 12·8 Grad ſtieg. An dem Ueberhandnehmen der Kurzſichtigkeit trägt außer dem Arbeiten bei ungenügender Helligkeit auch die Inconſtanz der Beleuchtung ſchuld. Es iſt Jedermann bekannt, daß offene Flammen, wie ſie z. B. bei der Gasbeleuchtung ganz allgemein verwendet werden, keine Secunde ruhig brennen, ſondern vielmehr ununterbrochen in Bewegung ſind. Die Anwendung des Leuchtgaſes bringt aber noch anderweitige Gefahren mit ſich; es ſind dies die Exploſionsgefahr und die Möglichkeit einer Ver- giftung durch Ausſtrömen aus undichten Stellen, Offenlaſſen eines Hahnes ꝛc. Schon ein Gehalt von 2 bis 3 Procent Leuchtgas in der Luft verurſacht bei längerer Einathmung den Tod. Layet hat in der Sectionsſitzung des internationalen Congreſſes für Hygiene zu Turin ein ſehr düſteres Bild von dem nachtheiligen Einfluſſe der Gasbeleuchtung auf die Geſundheit entworfen und den Wunſch aus- geſprochen, daß das elektriſche Licht baldmöglichſt die Gasbeleuchtung verdrängen möge. Die ſchädliche Einwirkung der Verbrennungsproducte des Leuchtgaſes macht ſich aber nicht nur auf die Geſundheit der Menſchen geltend, ſondern übt auch

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/733>, abgerufen am 22.11.2024.