Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Lyrische Gedichte Doch laß dich immerhin der Menschheit nicht erbar- men! Von deinem Haupte reisst, auch in des Sieges Armen, Der Tugend rauhe Hand Die Lorbeern ab, die Ehrsucht ihr entwandt. Mit Lorbeern wird von ihr der bessre Held bekränzet, Der für das Vaterland in furchtbarn Waffen glänzet, Und über Feinde siegt, Nicht Feinde sucht, nicht unbeleidigt kriegt: Der Weise, der voll Muths, wann Aberglaube schrecket, Und Wahn die halbe Welt mit schwarzen Flügeln decket, Allein die Wahrheit ehrt, Und ihren Dienst aus reinem Eifer lehrt: Der ächte Menschenfreund, der bloß aus Menschen- liebe Die Völker glücklich macht und gern verborgen bliebe; Der nicht um schnöden Lohn, Nein! göttlich liebt, wie du, Timoleon! Zu
Lyriſche Gedichte Doch laß dich immerhin der Menſchheit nicht erbar- men! Von deinem Haupte reiſſt, auch in des Sieges Armen, Der Tugend rauhe Hand Die Lorbeern ab, die Ehrſucht ihr entwandt. Mit Lorbeern wird von ihr der beſſre Held bekraͤnzet, Der fuͤr das Vaterland in furchtbarn Waffen glaͤnzet, Und uͤber Feinde ſiegt, Nicht Feinde ſucht, nicht unbeleidigt kriegt: Der Weiſe, der voll Muths, wann Aberglaube ſchrecket, Und Wahn die halbe Welt mit ſchwarzen Fluͤgeln decket, Allein die Wahrheit ehrt, Und ihren Dienſt aus reinem Eifer lehrt: Der aͤchte Menſchenfreund, der bloß aus Menſchen- liebe Die Voͤlker gluͤcklich macht und gern verborgen bliebe; Der nicht um ſchnoͤden Lohn, Nein! goͤttlich liebt, wie du, Timoleon! Zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0120" n="106"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lyriſche Gedichte</hi> </fw><lb/> <lg n="9"> <l><hi rendition="#in">D</hi>och laß dich immerhin der Menſchheit nicht erbar-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">men!</hi> </l><lb/> <l>Von deinem Haupte reiſſt, auch in des Sieges Armen,</l><lb/> <l>Der Tugend rauhe Hand</l><lb/> <l>Die Lorbeern ab, die Ehrſucht ihr entwandt.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l><hi rendition="#in">M</hi>it Lorbeern wird von ihr der beſſre Held bekraͤnzet,</l><lb/> <l>Der fuͤr das Vaterland in furchtbarn Waffen glaͤnzet,</l><lb/> <l>Und uͤber Feinde ſiegt,</l><lb/> <l>Nicht Feinde ſucht, nicht unbeleidigt kriegt:</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Weiſe, der voll Muths, wann Aberglaube</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchrecket,</hi> </l><lb/> <l>Und Wahn die halbe Welt mit ſchwarzen Fluͤgeln decket,</l><lb/> <l>Allein die Wahrheit ehrt,</l><lb/> <l>Und ihren Dienſt aus reinem Eifer lehrt:</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er aͤchte Menſchenfreund, der bloß aus Menſchen-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">liebe</hi> </l><lb/> <l>Die Voͤlker gluͤcklich macht und gern verborgen bliebe;</l><lb/> <l>Der nicht um ſchnoͤden Lohn,</l><lb/> <l>Nein! goͤttlich liebt, wie du, Timoleon!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zu</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0120]
Lyriſche Gedichte
Doch laß dich immerhin der Menſchheit nicht erbar-
men!
Von deinem Haupte reiſſt, auch in des Sieges Armen,
Der Tugend rauhe Hand
Die Lorbeern ab, die Ehrſucht ihr entwandt.
Mit Lorbeern wird von ihr der beſſre Held bekraͤnzet,
Der fuͤr das Vaterland in furchtbarn Waffen glaͤnzet,
Und uͤber Feinde ſiegt,
Nicht Feinde ſucht, nicht unbeleidigt kriegt:
Der Weiſe, der voll Muths, wann Aberglaube
ſchrecket,
Und Wahn die halbe Welt mit ſchwarzen Fluͤgeln decket,
Allein die Wahrheit ehrt,
Und ihren Dienſt aus reinem Eifer lehrt:
Der aͤchte Menſchenfreund, der bloß aus Menſchen-
liebe
Die Voͤlker gluͤcklich macht und gern verborgen bliebe;
Der nicht um ſchnoͤden Lohn,
Nein! goͤttlich liebt, wie du, Timoleon!
Zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/120 |
Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/120>, abgerufen am 16.02.2025. |