Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Lyrische Gedichte Bey mit wird iede Mufe wilde: Wir irren einsam durch Gefilde, Durch Wälder, die der Herbst entlaubt; Und scheinen, wenn durch öde Gründe Der greise Nord verheerend schnaubt, Noch rauher, als die rauhen Winde. Da preis' ich ruhiges Ergetzen: Kein Wunsch nach aufgehäuften Schätzen Ermüde, sing ich, meine Nacht! Mein freyes Herz trotz' unbesieget Dem Ehrgeiz, der nur Sklaven macht, Und seine Sklaven stets betrüget! O möchte zwischen Wald und Sträuchen Mein Leben still vorüber schleichen, Wie jener Bach geruhig fleusst! Wo in den Thälern, in den Triften Sich seine milde Fluth ergeusst, Lacht fetter Klee und Bluhmen düften. Verfliesst, ihr Tage meines Lebens, Zwar unbemerkt, nur nicht vergebens Für meiner Mitgeschöpfe Glück! So mag von mir die Nachwelt schweigen! So sey ein glänzendes Geschick Dem glücklichkühnen Laster eigen! Die
Lyriſche Gedichte Bey mit wird iede Mufe wilde: Wir irren einſam durch Gefilde, Durch Waͤlder, die der Herbſt entlaubt; Und ſcheinen, wenn durch oͤde Gruͤnde Der greiſe Nord verheerend ſchnaubt, Noch rauher, als die rauhen Winde. Da preiſ’ ich ruhiges Ergetzen: Kein Wunſch nach aufgehaͤuften Schaͤtzen Ermuͤde, ſing ich, meine Nacht! Mein freyes Herz trotz’ unbeſieget Dem Ehrgeiz, der nur Sklaven macht, Und ſeine Sklaven ſtets betruͤget! O moͤchte zwiſchen Wald und Straͤuchen Mein Leben ſtill voruͤber ſchleichen, Wie jener Bach geruhig fleuſſt! Wo in den Thaͤlern, in den Triften Sich ſeine milde Fluth ergeuſſt, Lacht fetter Klee und Bluhmen duͤften. Verflieſſt, ihr Tage meines Lebens, Zwar unbemerkt, nur nicht vergebens Fuͤr meiner Mitgeſchoͤpfe Gluͤck! So mag von mir die Nachwelt ſchweigen! So ſey ein glaͤnzendes Geſchick Dem gluͤcklichkuͤhnen Laſter eigen! Die
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Lyriſche Gedichte
Bey mit wird iede Mufe wilde:
Wir irren einſam durch Gefilde,
Durch Waͤlder, die der Herbſt entlaubt;
Und ſcheinen, wenn durch oͤde Gruͤnde
Der greiſe Nord verheerend ſchnaubt,
Noch rauher, als die rauhen Winde.
Da preiſ’ ich ruhiges Ergetzen:
Kein Wunſch nach aufgehaͤuften Schaͤtzen
Ermuͤde, ſing ich, meine Nacht!
Mein freyes Herz trotz’ unbeſieget
Dem Ehrgeiz, der nur Sklaven macht,
Und ſeine Sklaven ſtets betruͤget!
O moͤchte zwiſchen Wald und Straͤuchen
Mein Leben ſtill voruͤber ſchleichen,
Wie jener Bach geruhig fleuſſt!
Wo in den Thaͤlern, in den Triften
Sich ſeine milde Fluth ergeuſſt,
Lacht fetter Klee und Bluhmen duͤften.
Verflieſſt, ihr Tage meines Lebens,
Zwar unbemerkt, nur nicht vergebens
Fuͤr meiner Mitgeſchoͤpfe Gluͤck!
So mag von mir die Nachwelt ſchweigen!
So ſey ein glaͤnzendes Geſchick
Dem gluͤcklichkuͤhnen Laſter eigen!
Die
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