Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Erstes Buch. An Chloen. Weis Chloe mein geheim Verlangen? Verrieth mein Auge mich vielleicht, Das nach den Rosen ihrer Wangen Durch manchen Umweg lüstern schleicht? Jhr Blick begegnet meinem Blicke: Jhr Auge sieht mich schalkhaft an, Oft nur im Flug und schnell zurücke; Doch daß ich es bemerken kann. Oft blitzen, von Gefahr begleitet, Die blauen Augen frey auf mich, Aus welchen Amor mich bestreitet, Der stets aus ihnen siegreich wich. Jch kann die Grazien darinnen Ein schmeichelnd Lächeln bilden sehn: Das überraschet meine Sinnen; Wie kann das Herz ihm widerstehn? Kein Schnee gleicht ihres Armes Weisse, Der vor dem Fenster in der Luft, Mit einem ungewohnten Fleisse, So sinnreich meiner Sehnsucht ruft! Nun schaut sie rückwärts, doch gestrecket, Bis sich die volle Brust empört, Und halb entwischt, und, unverdecket, Auch eines Cato Runzeln stört. Jch
Erſtes Buch. An Chloen. Weis Chloe mein geheim Verlangen? Verrieth mein Auge mich vielleicht, Das nach den Roſen ihrer Wangen Durch manchen Umweg luͤſtern ſchleicht? Jhr Blick begegnet meinem Blicke: Jhr Auge ſieht mich ſchalkhaft an, Oft nur im Flug und ſchnell zuruͤcke; Doch daß ich es bemerken kann. Oft blitzen, von Gefahr begleitet, Die blauen Augen frey auf mich, Aus welchen Amor mich beſtreitet, Der ſtets aus ihnen ſiegreich wich. Jch kann die Grazien darinnen Ein ſchmeichelnd Laͤcheln bilden ſehn: Das uͤberraſchet meine Sinnen; Wie kann das Herz ihm widerſtehn? Kein Schnee gleicht ihres Armes Weiſſe, Der vor dem Fenſter in der Luft, Mit einem ungewohnten Fleiſſe, So ſinnreich meiner Sehnſucht ruft! Nun ſchaut ſie ruͤckwaͤrts, doch geſtrecket, Bis ſich die volle Bruſt empoͤrt, Und halb entwiſcht, und, unverdecket, Auch eines Cato Runzeln ſtoͤrt. Jch
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Erſtes Buch.
An Chloen.
Weis Chloe mein geheim Verlangen?
Verrieth mein Auge mich vielleicht,
Das nach den Roſen ihrer Wangen
Durch manchen Umweg luͤſtern ſchleicht?
Jhr Blick begegnet meinem Blicke:
Jhr Auge ſieht mich ſchalkhaft an,
Oft nur im Flug und ſchnell zuruͤcke;
Doch daß ich es bemerken kann.
Oft blitzen, von Gefahr begleitet,
Die blauen Augen frey auf mich,
Aus welchen Amor mich beſtreitet,
Der ſtets aus ihnen ſiegreich wich.
Jch kann die Grazien darinnen
Ein ſchmeichelnd Laͤcheln bilden ſehn:
Das uͤberraſchet meine Sinnen;
Wie kann das Herz ihm widerſtehn?
Kein Schnee gleicht ihres Armes Weiſſe,
Der vor dem Fenſter in der Luft,
Mit einem ungewohnten Fleiſſe,
So ſinnreich meiner Sehnſucht ruft!
Nun ſchaut ſie ruͤckwaͤrts, doch geſtrecket,
Bis ſich die volle Bruſt empoͤrt,
Und halb entwiſcht, und, unverdecket,
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