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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Deutlichkeit lassen sich die Nabelgekrösgefässe, für welche V.
den Namen Dottergekrösgefässe oder Dottergefässe vorschlägt,
nicht bloss auf dem Gange, sondern auch auf der Nabelblase ver-
folgen. Sie kommen aber nicht, wie man gewöhnlich angiebt,
von der arteria und vena mesaraica superior, sondern aus
den untergeordneten Aesten der grossen Unterleibsgefässe, vorzüg-
lich derer des Coecum. Die Natur der in der Vesicula umbili-
calis
enthaltenen Flüssigkeit ähnelt in Bezug auf ihren Oelgehalt
der des Dotters im Vogeleie. -- Endlich erklärt sich auch Bischoff
(l. c. S. 57.), freilich mehr nach theoretischen Gründen, als nach
stringenten Erfahrungen, für die freie Communication der Nabel-
blase mit dem Darme. -- Was nun die Formation der Nabelblase
in der Klasse der Säugethiere anbetrifft, so werden wir im zwei-
ten Abschnitte auf die wichtigen hierher gehörenden Erfahrungen
von J. Fr. Meckel, Bojanus, v. Bär u. A. zurückkommen müs-
sen, wenn von der Bildung des Darmkanales aus dem Schleim-
blatte der Keimhaut die Rede seyn wird. Wir wollen daher
hier nur einiges Ergänzende der Vollständigkeit wegen aufneh-
men, um so theils durch das hier Gegebene, theils durch das
weiter unten noch zu Berührende das Wichtigste der diesem Ge-
genstande angehörenden Literatur vollständig zu liefern. Oken
(Beiträge zur vergl. Zoologie etc. Hft. 2. S. 35. fgg.) versuchte,
unterstützt durch die sehr reichhaltige Göttingsche Bibliothek,
eine vollständige Angabe der hierher gehörenden Literatur zu
liefern. Wir würden auch unbedingt seine Angaben angenommen
haben, wenn nicht zur Zeit des Erscheinens seiner Schrift die
Natur der Nabelblase mit zu wenig Vollständigkeit gekannt gewe-
sen wäre, als dass sich nicht nothwendig eine Menge von Irr-
thümern in seine Arbeit eingeschlichen hätten. Needham wird
bei Gelegenheit der Nabelblase von Allen als derjenige genannt,
welcher dieselbe im manchen Säugethieren zuerst gefunden
und auch die Parallele derselben mit dem Dotter der Vögel
zuerst aufgestellt habe. Es dürfte daher von Wichtigkeit seyn,
zu untersuchen, in wiefern diese Aussprüche wahr sind oder ei-
ner Berichtigung bedürfen. Dass Needham die Nabelblase bei
dem Hunde als seine sogenannte Tunica quarta beschrieben habe,
leidet durchaus keinen Zweifel. Denn in seiner Schrift Disqui-
sitio anatomica de formato foetu authore Gualthero Need-
ham. Lond
. 1667. 8. p. 65. heisst es: "Absoluta tandem Al-

III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Deutlichkeit lassen sich die Nabelgekrösgefäſse, für welche V.
den Namen Dottergekrösgefäſse oder Dottergefäſse vorschlägt,
nicht bloſs auf dem Gange, sondern auch auf der Nabelblase ver-
folgen. Sie kommen aber nicht, wie man gewöhnlich angiebt,
von der arteria und vena mesaraica superior, sondern aus
den untergeordneten Aesten der groſsen Unterleibsgefäſse, vorzüg-
lich derer des Coecum. Die Natur der in der Vesicula umbili-
calis
enthaltenen Flüssigkeit ähnelt in Bezug auf ihren Oelgehalt
der des Dotters im Vogeleie. — Endlich erklärt sich auch Bischoff
(l. c. S. 57.), freilich mehr nach theoretischen Gründen, als nach
stringenten Erfahrungen, für die freie Communication der Nabel-
blase mit dem Darme. — Was nun die Formation der Nabelblase
in der Klasse der Säugethiere anbetrifft, so werden wir im zwei-
ten Abschnitte auf die wichtigen hierher gehörenden Erfahrungen
von J. Fr. Meckel, Bojanus, v. Bär u. A. zurückkommen müs-
sen, wenn von der Bildung des Darmkanales aus dem Schleim-
blatte der Keimhaut die Rede seyn wird. Wir wollen daher
hier nur einiges Ergänzende der Vollständigkeit wegen aufneh-
men, um so theils durch das hier Gegebene, theils durch das
weiter unten noch zu Berührende das Wichtigste der diesem Ge-
genstande angehörenden Literatur vollständig zu liefern. Oken
(Beiträge zur vergl. Zoologie etc. Hft. 2. S. 35. fgg.) versuchte,
unterstützt durch die sehr reichhaltige Göttingsche Bibliothek,
eine vollständige Angabe der hierher gehörenden Literatur zu
liefern. Wir würden auch unbedingt seine Angaben angenommen
haben, wenn nicht zur Zeit des Erscheinens seiner Schrift die
Natur der Nabelblase mit zu wenig Vollständigkeit gekannt gewe-
sen wäre, als daſs sich nicht nothwendig eine Menge von Irr-
thümern in seine Arbeit eingeschlichen hätten. Needham wird
bei Gelegenheit der Nabelblase von Allen als derjenige genannt,
welcher dieselbe im manchen Säugethieren zuerst gefunden
und auch die Parallele derselben mit dem Dotter der Vögel
zuerst aufgestellt habe. Es dürfte daher von Wichtigkeit seyn,
zu untersuchen, in wiefern diese Aussprüche wahr sind oder ei-
ner Berichtigung bedürfen. Daſs Needham die Nabelblase bei
dem Hunde als seine sogenannte Tunica quarta beschrieben habe,
leidet durchaus keinen Zweifel. Denn in seiner Schrift Disqui-
sitio anatomica de formato foetu authore Gualthero Need-
ham. Lond
. 1667. 8. p. 65. heiſst es: „Absoluta tandem Al-

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[104/0132] III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. Deutlichkeit lassen sich die Nabelgekrösgefäſse, für welche V. den Namen Dottergekrösgefäſse oder Dottergefäſse vorschlägt, nicht bloſs auf dem Gange, sondern auch auf der Nabelblase ver- folgen. Sie kommen aber nicht, wie man gewöhnlich angiebt, von der arteria und vena mesaraica superior, sondern aus den untergeordneten Aesten der groſsen Unterleibsgefäſse, vorzüg- lich derer des Coecum. Die Natur der in der Vesicula umbili- calis enthaltenen Flüssigkeit ähnelt in Bezug auf ihren Oelgehalt der des Dotters im Vogeleie. — Endlich erklärt sich auch Bischoff (l. c. S. 57.), freilich mehr nach theoretischen Gründen, als nach stringenten Erfahrungen, für die freie Communication der Nabel- blase mit dem Darme. — Was nun die Formation der Nabelblase in der Klasse der Säugethiere anbetrifft, so werden wir im zwei- ten Abschnitte auf die wichtigen hierher gehörenden Erfahrungen von J. Fr. Meckel, Bojanus, v. Bär u. A. zurückkommen müs- sen, wenn von der Bildung des Darmkanales aus dem Schleim- blatte der Keimhaut die Rede seyn wird. Wir wollen daher hier nur einiges Ergänzende der Vollständigkeit wegen aufneh- men, um so theils durch das hier Gegebene, theils durch das weiter unten noch zu Berührende das Wichtigste der diesem Ge- genstande angehörenden Literatur vollständig zu liefern. Oken (Beiträge zur vergl. Zoologie etc. Hft. 2. S. 35. fgg.) versuchte, unterstützt durch die sehr reichhaltige Göttingsche Bibliothek, eine vollständige Angabe der hierher gehörenden Literatur zu liefern. Wir würden auch unbedingt seine Angaben angenommen haben, wenn nicht zur Zeit des Erscheinens seiner Schrift die Natur der Nabelblase mit zu wenig Vollständigkeit gekannt gewe- sen wäre, als daſs sich nicht nothwendig eine Menge von Irr- thümern in seine Arbeit eingeschlichen hätten. Needham wird bei Gelegenheit der Nabelblase von Allen als derjenige genannt, welcher dieselbe im manchen Säugethieren zuerst gefunden und auch die Parallele derselben mit dem Dotter der Vögel zuerst aufgestellt habe. Es dürfte daher von Wichtigkeit seyn, zu untersuchen, in wiefern diese Aussprüche wahr sind oder ei- ner Berichtigung bedürfen. Daſs Needham die Nabelblase bei dem Hunde als seine sogenannte Tunica quarta beschrieben habe, leidet durchaus keinen Zweifel. Denn in seiner Schrift Disqui- sitio anatomica de formato foetu authore Gualthero Need- ham. Lond. 1667. 8. p. 65. heiſst es: „Absoluta tandem Al-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/132>, abgerufen am 25.11.2024.