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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
selben fällt in den letzten Monat der Schwangerschaft, da bis
dahin die beiden Lamellen unten nicht an einander liegen (Bur-
dach Physiol. II. S. 432.). Doch beschreibt Döllinger (l. c. S.
12.) die Höhlung schon genau aus dem Fötusgehirne und bildet
sie aus dem siebenten Monate ab (l. c. tab. 1. fig. 1. m.). Die
Hirnschenkel nehmen anfangs immer noch verhältnissmässig zu,
werden im vierten Monate deutlich faserig (Tiedemann l. c. S.
149.) und erhalten dann eine von den Spinalsträngen kommende
Verstärkung, die sie bedeckende Haube (Burdach l. c. S. 427.).
Gegen Ende des Fötallebens sind diese Theile dichter und fester,
als die übrige Hirnmasse. In Bezug auf die Entstehung der emi-
nentiae candicantes
hat Tiedemann offenbar seinen eigenen Be-
obachtungen widersprechende Resultate angegeben. Er lässt sie
nämlich gegen Ende des dritten Monates als eine einfache Erha-
benheit sich bilden und erst gegen den siebenten Monat durch
eine Längsfurche sich theilen (l. c. S. 162.). Nichtsdestoweniger
beschreibt er schon dieselben als getrennte Körperchen aus der
eilften Woche (l. c. S. 19.). Nach dem, was wir zu beobachten
Gelegenheit hatten, ist ihre Entstehung mit der des grauen Hü-
gels innig verbunden. Es entsteht nämlich frühzeitig (noch vor
der Mitte des dritten Monates) vor dem Trichter eine kleine Er-
habenheit, welche sich bald in den grauen Hügel und zwei nach au-
ssen liegende, zierliche Fortsätze, die eminentiae candicantes,
trennt. Diese liegen anfangs näher beisammen, sind jedoch schon
früh durch einen ziemlich bedeutenden Zwischenraum getrennt
und rücken erst gegen Ende des Fötuslebens wieder näher an
einander. Die durch Fasern vollbrachte Verbindung mit der in-
neren Seite der Sehhügel sah Tiedemann schon im vierten Mo-
nate (l. c. S. 35. tab. II. fig. 4. g. g. m.). Nach ihm fehlt auch
im zweiten und dritten Monate jede Spur des Ammonshornes (l.
c. S. 169.). Doch kann man seine Urandeutung in der zwölften
Woche schon wahrnehmen, wenn man die ganze Hemisphäre
auf die unten noch zu beschreibende Weise entfaltet, wo es neben
der später das abstreigende Horn von dem mittleren trennenden
Masse als eine kleine Erhabenheit wahrzunehmen ist. Im vierten
Monate bildet es eine deutlich hervorspringende Falte (Wenzel l.
c. p. 139. 141.), in welche sich eine Duplicatur der Gefässhaut
legt (Tiedemann l. c. S. 170.). Mit der Verlängerung und Ver-
grösserung des grossen Gehirnes steigt es mehr abwärts, verbindet

Von dem Embryo.
selben fällt in den letzten Monat der Schwangerschaft, da bis
dahin die beiden Lamellen unten nicht an einander liegen (Bur-
dach Physiol. II. S. 432.). Doch beschreibt Döllinger (l. c. S.
12.) die Höhlung schon genau aus dem Fötusgehirne und bildet
sie aus dem siebenten Monate ab (l. c. tab. 1. fig. 1. m.). Die
Hirnschenkel nehmen anfangs immer noch verhältniſsmäſsig zu,
werden im vierten Monate deutlich faserig (Tiedemann l. c. S.
149.) und erhalten dann eine von den Spinalsträngen kommende
Verstärkung, die sie bedeckende Haube (Burdach l. c. S. 427.).
Gegen Ende des Fötallebens sind diese Theile dichter und fester,
als die übrige Hirnmasse. In Bezug auf die Entstehung der emi-
nentiae candicantes
hat Tiedemann offenbar seinen eigenen Be-
obachtungen widersprechende Resultate angegeben. Er läſst sie
nämlich gegen Ende des dritten Monates als eine einfache Erha-
benheit sich bilden und erst gegen den siebenten Monat durch
eine Längsfurche sich theilen (l. c. S. 162.). Nichtsdestoweniger
beschreibt er schon dieselben als getrennte Körperchen aus der
eilften Woche (l. c. S. 19.). Nach dem, was wir zu beobachten
Gelegenheit hatten, ist ihre Entstehung mit der des grauen Hü-
gels innig verbunden. Es entsteht nämlich frühzeitig (noch vor
der Mitte des dritten Monates) vor dem Trichter eine kleine Er-
habenheit, welche sich bald in den grauen Hügel und zwei nach au-
ſsen liegende, zierliche Fortsätze, die eminentiae candicantes,
trennt. Diese liegen anfangs näher beisammen, sind jedoch schon
früh durch einen ziemlich bedeutenden Zwischenraum getrennt
und rücken erst gegen Ende des Fötuslebens wieder näher an
einander. Die durch Fasern vollbrachte Verbindung mit der in-
neren Seite der Sehhügel sah Tiedemann schon im vierten Mo-
nate (l. c. S. 35. tab. II. fig. 4. g. g. m.). Nach ihm fehlt auch
im zweiten und dritten Monate jede Spur des Ammonshornes (l.
c. S. 169.). Doch kann man seine Urandeutung in der zwölften
Woche schon wahrnehmen, wenn man die ganze Hemisphäre
auf die unten noch zu beschreibende Weise entfaltet, wo es neben
der später das abstreigende Horn von dem mittleren trennenden
Masse als eine kleine Erhabenheit wahrzunehmen ist. Im vierten
Monate bildet es eine deutlich hervorspringende Falte (Wenzel l.
c. p. 139. 141.), in welche sich eine Duplicatur der Gefäſshaut
legt (Tiedemann l. c. S. 170.). Mit der Verlängerung und Ver-
gröſserung des groſsen Gehirnes steigt es mehr abwärts, verbindet

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[168/0196] Von dem Embryo. selben fällt in den letzten Monat der Schwangerschaft, da bis dahin die beiden Lamellen unten nicht an einander liegen (Bur- dach Physiol. II. S. 432.). Doch beschreibt Döllinger (l. c. S. 12.) die Höhlung schon genau aus dem Fötusgehirne und bildet sie aus dem siebenten Monate ab (l. c. tab. 1. fig. 1. m.). Die Hirnschenkel nehmen anfangs immer noch verhältniſsmäſsig zu, werden im vierten Monate deutlich faserig (Tiedemann l. c. S. 149.) und erhalten dann eine von den Spinalsträngen kommende Verstärkung, die sie bedeckende Haube (Burdach l. c. S. 427.). Gegen Ende des Fötallebens sind diese Theile dichter und fester, als die übrige Hirnmasse. In Bezug auf die Entstehung der emi- nentiae candicantes hat Tiedemann offenbar seinen eigenen Be- obachtungen widersprechende Resultate angegeben. Er läſst sie nämlich gegen Ende des dritten Monates als eine einfache Erha- benheit sich bilden und erst gegen den siebenten Monat durch eine Längsfurche sich theilen (l. c. S. 162.). Nichtsdestoweniger beschreibt er schon dieselben als getrennte Körperchen aus der eilften Woche (l. c. S. 19.). Nach dem, was wir zu beobachten Gelegenheit hatten, ist ihre Entstehung mit der des grauen Hü- gels innig verbunden. Es entsteht nämlich frühzeitig (noch vor der Mitte des dritten Monates) vor dem Trichter eine kleine Er- habenheit, welche sich bald in den grauen Hügel und zwei nach au- ſsen liegende, zierliche Fortsätze, die eminentiae candicantes, trennt. Diese liegen anfangs näher beisammen, sind jedoch schon früh durch einen ziemlich bedeutenden Zwischenraum getrennt und rücken erst gegen Ende des Fötuslebens wieder näher an einander. Die durch Fasern vollbrachte Verbindung mit der in- neren Seite der Sehhügel sah Tiedemann schon im vierten Mo- nate (l. c. S. 35. tab. II. fig. 4. g. g. m.). Nach ihm fehlt auch im zweiten und dritten Monate jede Spur des Ammonshornes (l. c. S. 169.). Doch kann man seine Urandeutung in der zwölften Woche schon wahrnehmen, wenn man die ganze Hemisphäre auf die unten noch zu beschreibende Weise entfaltet, wo es neben der später das abstreigende Horn von dem mittleren trennenden Masse als eine kleine Erhabenheit wahrzunehmen ist. Im vierten Monate bildet es eine deutlich hervorspringende Falte (Wenzel l. c. p. 139. 141.), in welche sich eine Duplicatur der Gefäſshaut legt (Tiedemann l. c. S. 170.). Mit der Verlängerung und Ver- gröſserung des groſsen Gehirnes steigt es mehr abwärts, verbindet

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/196>, abgerufen am 18.05.2024.