Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.Höhere Sinne. Ohr. die Cotugnosche Feuchtigkeit sollen im Fötus von röthlicherFarbe seyn. Nach meinen Untersuchungen dagegen ist dieses in frühester Zeit bestimmt nicht der Fall, sondern beide sind hell und durchsichtig. Sie enthielten bei dem Schweine eine grosse Menge rundlicher oder nierenförmiger Körperchen von schwach ins Gelbliche spielender Farbe, welche in ihrer Mitte eine deut- liche Grube hatten, die von einem circulären Ringe umgeben war. Oft hingen mehrere von ihnen an einander nach Art einer gebo- genen Perlenschnur, oft nur zwei und so, dass der Rand des einen in die Grube des anderen eingeschoben war. Ihre Grösse betrug 0,000270 P. Z. im Durchschnitte. Ob dieses eigene Mo- leküle sind oder durch das Wasser des Labyrinthes nur verän- derte Blutkörperchen, welehe aus den auf dem Labyrinthe sich ausbreitenden und zerrissenen Gefässen austraten? -- Die Kalk- anhäufungen im häutigen Vestibulum, welche von Scarpa, Blainville u. A. schon gesehen waren, die Breschet aber (l. c. p. 186.) genauer beschrieben hat, sind von Huschke (Frorieps Notizen 1832. Febr. No. 707. S. 36.) auch in dem Neugeborenen als spiessige Krystalle derselben Art, wie sie von ihm in der Vogelschnecke erkannt wurden, beobachtet worden. Bei ferneren Untersuchungen dage- gen fand er sie (Isis. 1833. Hft. 7. S. 676.) ein Mal in der Schnecke eines Kindes als achtseitige Säulen mit vierflächiger Zu- spitzung, d. h. in einer Crystallform, welche auf die des Arrago- nites reducirt werden kann. Sie sind jedoch nach seiner späteren An- gabe (Isis. 1834. Hft. I.) wahre Kalkspathkrystalle. Wir selbst haben ebenfalls rhombische Säulen mit vierflächiger auf die Sei- tenflächen aufgesetzter Zuspitzung in der Vestibulumvitrine eines drei Zoll langen Schweinefötus schon wahrgenommen. -- Endlich muss ich hier noch Einiges über die Labyrinthknorpel selbst an- führen. Sie zeigen bei ihrem Ossificationsprocesse eine Gestalt- veränderung, welche von der unten ausführlicher zu beschreibenden der meisten übrigen Knorpel des Körpers wesentlich abweicht. Statt der gewöhnlichen Knorpelkörperchen (s. unten die Verknöche- rungsgeschichte) enthalten sie grosse Körper von wenig bestimm- ter, meist mit linearen Begrenzungen versehener, rundlicher, halb- mondförmiger, tetraedrischer oder polyedrischer Form von 0,000405 P. Z. bis 0,000650 P. Z. im mittleren Durchmesser. Sobald sie dagegen ossificiren, besteht der verknöchernde oder so eben ver- knöcherte Theil aus einem Gewebe schöner, fast wie Pflanzenzell- 14
Höhere Sinne. Ohr. die Cotugnosche Feuchtigkeit sollen im Fötus von röthlicherFarbe seyn. Nach meinen Untersuchungen dagegen ist dieses in frühester Zeit bestimmt nicht der Fall, sondern beide sind hell und durchsichtig. Sie enthielten bei dem Schweine eine groſse Menge rundlicher oder nierenförmiger Körperchen von schwach ins Gelbliche spielender Farbe, welche in ihrer Mitte eine deut- liche Grube hatten, die von einem circulären Ringe umgeben war. Oft hingen mehrere von ihnen an einander nach Art einer gebo- genen Perlenschnur, oft nur zwei und so, daſs der Rand des einen in die Grube des anderen eingeschoben war. Ihre Gröſse betrug 0,000270 P. Z. im Durchschnitte. Ob dieses eigene Mo- leküle sind oder durch das Wasser des Labyrinthes nur verän- derte Blutkörperchen, welehe aus den auf dem Labyrinthe sich ausbreitenden und zerrissenen Gefäſsen austraten? — Die Kalk- anhäufungen im häutigen Vestibulum, welche von Scarpa, Blainville u. A. schon gesehen waren, die Breschet aber (l. c. p. 186.) genauer beschrieben hat, sind von Huschke (Frorieps Notizen 1832. Febr. No. 707. S. 36.) auch in dem Neugeborenen als spieſsige Krystalle derselben Art, wie sie von ihm in der Vogelschnecke erkannt wurden, beobachtet worden. Bei ferneren Untersuchungen dage- gen fand er sie (Isis. 1833. Hft. 7. S. 676.) ein Mal in der Schnecke eines Kindes als achtseitige Säulen mit vierflächiger Zu- spitzung, d. h. in einer Crystallform, welche auf die des Arrago- nites reducirt werden kann. Sie sind jedoch nach seiner späteren An- gabe (Isis. 1834. Hft. I.) wahre Kalkspathkrystalle. Wir selbst haben ebenfalls rhombische Säulen mit vierflächiger auf die Sei- tenflächen aufgesetzter Zuspitzung in der Vestibulumvitrine eines drei Zoll langen Schweinefötus schon wahrgenommen. — Endlich muſs ich hier noch Einiges über die Labyrinthknorpel selbst an- führen. Sie zeigen bei ihrem Ossificationsprocesse eine Gestalt- veränderung, welche von der unten ausführlicher zu beschreibenden der meisten übrigen Knorpel des Körpers wesentlich abweicht. Statt der gewöhnlichen Knorpelkörperchen (s. unten die Verknöche- rungsgeschichte) enthalten sie groſse Körper von wenig bestimm- ter, meist mit linearen Begrenzungen versehener, rundlicher, halb- mondförmiger, tetraedrischer oder polyedrischer Form von 0,000405 P. Z. bis 0,000650 P. Z. im mittleren Durchmesser. Sobald sie dagegen ossificiren, besteht der verknöchernde oder so eben ver- knöcherte Theil aus einem Gewebe schöner, fast wie Pflanzenzell- 14
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Höhere Sinne. Ohr.
die Cotugnosche Feuchtigkeit sollen im Fötus von röthlicher
Farbe seyn. Nach meinen Untersuchungen dagegen ist dieses in
frühester Zeit bestimmt nicht der Fall, sondern beide sind hell
und durchsichtig. Sie enthielten bei dem Schweine eine groſse
Menge rundlicher oder nierenförmiger Körperchen von schwach
ins Gelbliche spielender Farbe, welche in ihrer Mitte eine deut-
liche Grube hatten, die von einem circulären Ringe umgeben war.
Oft hingen mehrere von ihnen an einander nach Art einer gebo-
genen Perlenschnur, oft nur zwei und so, daſs der Rand des
einen in die Grube des anderen eingeschoben war. Ihre Gröſse
betrug 0,000270 P. Z. im Durchschnitte. Ob dieses eigene Mo-
leküle sind oder durch das Wasser des Labyrinthes nur verän-
derte Blutkörperchen, welehe aus den auf dem Labyrinthe sich
ausbreitenden und zerrissenen Gefäſsen austraten? — Die Kalk-
anhäufungen im häutigen Vestibulum, welche von Scarpa, Blainville
u. A. schon gesehen waren, die Breschet aber (l. c. p. 186.) genauer
beschrieben hat, sind von Huschke (Frorieps Notizen 1832. Febr.
No. 707. S. 36.) auch in dem Neugeborenen als spieſsige Krystalle
derselben Art, wie sie von ihm in der Vogelschnecke erkannt
wurden, beobachtet worden. Bei ferneren Untersuchungen dage-
gen fand er sie (Isis. 1833. Hft. 7. S. 676.) ein Mal in der
Schnecke eines Kindes als achtseitige Säulen mit vierflächiger Zu-
spitzung, d. h. in einer Crystallform, welche auf die des Arrago-
nites reducirt werden kann. Sie sind jedoch nach seiner späteren An-
gabe (Isis. 1834. Hft. I.) wahre Kalkspathkrystalle. Wir selbst
haben ebenfalls rhombische Säulen mit vierflächiger auf die Sei-
tenflächen aufgesetzter Zuspitzung in der Vestibulumvitrine eines
drei Zoll langen Schweinefötus schon wahrgenommen. — Endlich
muſs ich hier noch Einiges über die Labyrinthknorpel selbst an-
führen. Sie zeigen bei ihrem Ossificationsprocesse eine Gestalt-
veränderung, welche von der unten ausführlicher zu beschreibenden
der meisten übrigen Knorpel des Körpers wesentlich abweicht. Statt
der gewöhnlichen Knorpelkörperchen (s. unten die Verknöche-
rungsgeschichte) enthalten sie groſse Körper von wenig bestimm-
ter, meist mit linearen Begrenzungen versehener, rundlicher, halb-
mondförmiger, tetraedrischer oder polyedrischer Form von 0,000405
P. Z. bis 0,000650 P. Z. im mittleren Durchmesser. Sobald sie
dagegen ossificiren, besteht der verknöchernde oder so eben ver-
knöcherte Theil aus einem Gewebe schöner, fast wie Pflanzenzell-
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