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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Entstehung des Blutes und der Blutgefässe.
die Gefässästchen nur bis zu einem gewissen Punkte und die
microscopische Betrachtung lässt dann nur Bäumchen, nicht aber
die wahre Gestalt der feinsten Blutgefässe als Netze wahrnehmen.
Wird die Injectionsmasse aber mit einer relativ zu grossen Kraft
eingetrieben, so zerstört sie die zarten Wände der Capillarge-
fässe und es entstehen daher entweder mehr oder minder grosse
und ausgedehnte Extravasate, oder sie reisst den halbflüssigen
Stoff der Wände in die durch ihre Gewalt in dem weichen
Thierstoffe gebahnten Wege mit sich. In dem letzteren Falle
vermischen sich der Embryonalstoff mit der Einspritzungsmasse
und es zeigen sich so einzelne gefärbte Punkte der Letzteren,
aus denen sich aber durchaus nichts entnehmen lässt. Gelingt
es, was freilich nur sehr selten der Fall ist, die feinsten Blutge-
fässe auch bei zarten Früchten vollständig zu füllen, so bilden
sie eben so schöne und bestimmte Netze als in dem Erwachse-
nen, wie ausser meinen, auch Czermak's Erfahrungen (Haulik l.
c. p. 4.) beweisen. c. Es soll ein Blutkörperchen von einem
schon gebildeten Gefässchen abgehen, sich in dem Thierstoffe
einen eigenen Weg bahnen und so ein neues Gefässchen erzeugen
oder in dem Thierstoffe verschwinden und sich an ihn anlegen.
-- Man sollte doch endlich einmal von dem Wahne zurückkom-
men, solche dynamische Vorgänge, wie Wachsthum, Ernährung
u. dgl. mit körperlichen, wenn auch mit den trefflichsten Linsen
bewaffneten Augen als Ankleben, Anlagerung, unmittelbare me-
chanische Verbindung u. s. f. sehen zu wollen! -- Sind denn
die Blutkörperchen in der That so hart, dass sie sich Wege gra-
ben können? sie, die in ihrer Form sogleich geändert und zu-
sammengedrückt werden, sobald sie ein feineres Aestchen, als sie
selbst sind, durchlaufen müssen? die sich in jeder Flüssigkeit so
leicht zum Theil lösen und in keiner Rücksicht eine Spur grösse-
rer Härte, wie die des Thierstoffes ist, verrathen? -- Allein die-
ses scheinbare Einschiessen eines oder mehrerer Blutkörperchen
in ein früher noch nicht gesehenes Seitengefäss lässt sich leicht
aus folgenden Thatsachen erklären: 1. Nie werden nach einer
Systole des Herzens alle feinsten Blutgefässnetze zugleich gefüllt,
sondern viele bleiben einen Augenblick scheinbar leer (enthalten
wahrscheinlich blosse Serosität) und nehmen erst nach einem
kürzeren oder längeren Zwischenraume Blutkörperchen auf, wie
Wedemeyer und Joh. Müller gefunden haben und ich selbst be-

Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse.
die Gefäſsästchen nur bis zu einem gewissen Punkte und die
microscopische Betrachtung läſst dann nur Bäumchen, nicht aber
die wahre Gestalt der feinsten Blutgefäſse als Netze wahrnehmen.
Wird die Injectionsmasse aber mit einer relativ zu groſsen Kraft
eingetrieben, so zerstört sie die zarten Wände der Capillarge-
fäſse und es entstehen daher entweder mehr oder minder groſse
und ausgedehnte Extravasate, oder sie reiſst den halbflüssigen
Stoff der Wände in die durch ihre Gewalt in dem weichen
Thierstoffe gebahnten Wege mit sich. In dem letzteren Falle
vermischen sich der Embryonalstoff mit der Einspritzungsmasse
und es zeigen sich so einzelne gefärbte Punkte der Letzteren,
aus denen sich aber durchaus nichts entnehmen läſst. Gelingt
es, was freilich nur sehr selten der Fall ist, die feinsten Blutge-
fäſse auch bei zarten Früchten vollständig zu füllen, so bilden
sie eben so schöne und bestimmte Netze als in dem Erwachse-
nen, wie auſser meinen, auch Czermak’s Erfahrungen (Haulik l.
c. p. 4.) beweisen. c. Es soll ein Blutkörperchen von einem
schon gebildeten Gefäſschen abgehen, sich in dem Thierstoffe
einen eigenen Weg bahnen und so ein neues Gefäſschen erzeugen
oder in dem Thierstoffe verschwinden und sich an ihn anlegen.
— Man sollte doch endlich einmal von dem Wahne zurückkom-
men, solche dynamische Vorgänge, wie Wachsthum, Ernährung
u. dgl. mit körperlichen, wenn auch mit den trefflichsten Linsen
bewaffneten Augen als Ankleben, Anlagerung, unmittelbare me-
chanische Verbindung u. s. f. sehen zu wollen! — Sind denn
die Blutkörperchen in der That so hart, daſs sie sich Wege gra-
ben können? sie, die in ihrer Form sogleich geändert und zu-
sammengedrückt werden, sobald sie ein feineres Aestchen, als sie
selbst sind, durchlaufen müssen? die sich in jeder Flüssigkeit so
leicht zum Theil lösen und in keiner Rücksicht eine Spur gröſse-
rer Härte, wie die des Thierstoffes ist, verrathen? — Allein die-
ses scheinbare Einschieſsen eines oder mehrerer Blutkörperchen
in ein früher noch nicht gesehenes Seitengefäſs läſst sich leicht
aus folgenden Thatsachen erklären: 1. Nie werden nach einer
Systole des Herzens alle feinsten Blutgefäſsnetze zugleich gefüllt,
sondern viele bleiben einen Augenblick scheinbar leer (enthalten
wahrscheinlich bloſse Serosität) und nehmen erst nach einem
kürzeren oder längeren Zwischenraume Blutkörperchen auf, wie
Wedemeyer und Joh. Müller gefunden haben und ich selbst be-

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[301/0329] Entstehung des Blutes und der Blutgefäſse. die Gefäſsästchen nur bis zu einem gewissen Punkte und die microscopische Betrachtung läſst dann nur Bäumchen, nicht aber die wahre Gestalt der feinsten Blutgefäſse als Netze wahrnehmen. Wird die Injectionsmasse aber mit einer relativ zu groſsen Kraft eingetrieben, so zerstört sie die zarten Wände der Capillarge- fäſse und es entstehen daher entweder mehr oder minder groſse und ausgedehnte Extravasate, oder sie reiſst den halbflüssigen Stoff der Wände in die durch ihre Gewalt in dem weichen Thierstoffe gebahnten Wege mit sich. In dem letzteren Falle vermischen sich der Embryonalstoff mit der Einspritzungsmasse und es zeigen sich so einzelne gefärbte Punkte der Letzteren, aus denen sich aber durchaus nichts entnehmen läſst. Gelingt es, was freilich nur sehr selten der Fall ist, die feinsten Blutge- fäſse auch bei zarten Früchten vollständig zu füllen, so bilden sie eben so schöne und bestimmte Netze als in dem Erwachse- nen, wie auſser meinen, auch Czermak’s Erfahrungen (Haulik l. c. p. 4.) beweisen. c. Es soll ein Blutkörperchen von einem schon gebildeten Gefäſschen abgehen, sich in dem Thierstoffe einen eigenen Weg bahnen und so ein neues Gefäſschen erzeugen oder in dem Thierstoffe verschwinden und sich an ihn anlegen. — Man sollte doch endlich einmal von dem Wahne zurückkom- men, solche dynamische Vorgänge, wie Wachsthum, Ernährung u. dgl. mit körperlichen, wenn auch mit den trefflichsten Linsen bewaffneten Augen als Ankleben, Anlagerung, unmittelbare me- chanische Verbindung u. s. f. sehen zu wollen! — Sind denn die Blutkörperchen in der That so hart, daſs sie sich Wege gra- ben können? sie, die in ihrer Form sogleich geändert und zu- sammengedrückt werden, sobald sie ein feineres Aestchen, als sie selbst sind, durchlaufen müssen? die sich in jeder Flüssigkeit so leicht zum Theil lösen und in keiner Rücksicht eine Spur gröſse- rer Härte, wie die des Thierstoffes ist, verrathen? — Allein die- ses scheinbare Einschieſsen eines oder mehrerer Blutkörperchen in ein früher noch nicht gesehenes Seitengefäſs läſst sich leicht aus folgenden Thatsachen erklären: 1. Nie werden nach einer Systole des Herzens alle feinsten Blutgefäſsnetze zugleich gefüllt, sondern viele bleiben einen Augenblick scheinbar leer (enthalten wahrscheinlich bloſse Serosität) und nehmen erst nach einem kürzeren oder längeren Zwischenraume Blutkörperchen auf, wie Wedemeyer und Joh. Müller gefunden haben und ich selbst be-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/329>, abgerufen am 22.11.2024.