Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Embryo.
selbstständig abgesonderte Masse, keineswegs aber durch Abschnü-
rung von den Wolffschen Körpern, wie dieses Arnold (Salzburg.
medizin. chirurg. Zeit. 1831. S. 236. 37.) behauptet hat. Auch
soll nach diesem Schriftsteller die Nebenniere zuerst dieselbe
Structur wie die Wolffschen Körper haben -- eine Beobachtung,
welche ausser Arnold noch keinem zu machen gelungen ist und
kaum je wohl gelingen wird. Beide Nebennieren entstehen viel-
mehr als eine einfache Masse oberhalb der Wirbelsäule und vor
den Nieren, wie ich an Embryonen des Schaafes und Hundes ge-
sehen habe. Diese wulstet sich auf, sondert sich in zwei symme-
trische Hälften und so entstehen die beiden getrennten Nebennie-
ren, welche bei den Haussäugethieren immer kleiner als die Nie-
ren sind und nach innen und vorn von ihnen liegen. Die be-
stimmte Sonderung der Nebennieren fällt in eine spätere Zeit,
als die Entstehung der Nieren. Bei dem Menschen sind die Ne-
bennieren von ungemeiner Grösse und sind, je jünger der Fötus,
desto grösser, ja sogar in der Frucht von persistirender Bedeutung,
während sie im Erwachsenen in ihrer Ausbildung stehen bleiben
und im Alter zum Theil oder gänzlich schwinden.

J. Fr. Meckel sah sie schon bei einem zweimonatlichen Em-
bryo deutlich (Anat. IV. S. 506.). Nach ihm (S. 507.) verhält sich
das Gewicht derselben zu dem der Nieren im Anfange des sechs-
ten Monates wie 2 : 5. Bei dem reifen Fötus ist es wie 1 : 3,
bei dem Erwachsenen aber wie 1 : 28. Bekanntlich haben viele
Anatomen in dem Inneren der Nebenniere eine Höhle sehen wol-
len. Allein weder im frischen noch im ausgebildeten Fötuszustande
ist eine solche wahrzunehmen, in Früchten dagegen, welche lange
Zeit in stärkeren Weingeist gelegen, oder macerirt haben, wird oft
eine solche künstlich erzeugt, indem das im Innern nach Joh.
Müllers Untersuchungen (Hildebr. Anat. herausgegeben von E. H.
Weber IV. S. 355.) befindliche Venennetz durch die Wirkung
des Weingeistes unsichtbar wird oder das Parenchym sich auflöst
und so der Schein einer Höhlung entsteht. Ganz dasselbe ist
auch bei dem Erwachsenen der Fall.

F. Entwickelungsgeschichte der mittleren Sphäre der
Harn- und Geschlechtsorgane
.

Wir werden es weiter unten bei dem Schleimblatte sehen,
dass anfangs auch bei den Säugethieren, wie bei dem Hühnchen

ein

Von dem Embryo.
selbstständig abgesonderte Masse, keineswegs aber durch Abschnü-
rung von den Wolffschen Körpern, wie dieses Arnold (Salzburg.
medizin. chirurg. Zeit. 1831. S. 236. 37.) behauptet hat. Auch
soll nach diesem Schriftsteller die Nebenniere zuerst dieselbe
Structur wie die Wolffschen Körper haben — eine Beobachtung,
welche auſser Arnold noch keinem zu machen gelungen ist und
kaum je wohl gelingen wird. Beide Nebennieren entstehen viel-
mehr als eine einfache Masse oberhalb der Wirbelsäule und vor
den Nieren, wie ich an Embryonen des Schaafes und Hundes ge-
sehen habe. Diese wulstet sich auf, sondert sich in zwei symme-
trische Hälften und so entstehen die beiden getrennten Nebennie-
ren, welche bei den Haussäugethieren immer kleiner als die Nie-
ren sind und nach innen und vorn von ihnen liegen. Die be-
stimmte Sonderung der Nebennieren fällt in eine spätere Zeit,
als die Entstehung der Nieren. Bei dem Menschen sind die Ne-
bennieren von ungemeiner Gröſse und sind, je jünger der Fötus,
desto gröſser, ja sogar in der Frucht von persistirender Bedeutung,
während sie im Erwachsenen in ihrer Ausbildung stehen bleiben
und im Alter zum Theil oder gänzlich schwinden.

J. Fr. Meckel sah sie schon bei einem zweimonatlichen Em-
bryo deutlich (Anat. IV. S. 506.). Nach ihm (S. 507.) verhält sich
das Gewicht derselben zu dem der Nieren im Anfange des sechs-
ten Monates wie 2 : 5. Bei dem reifen Fötus ist es wie 1 : 3,
bei dem Erwachsenen aber wie 1 : 28. Bekanntlich haben viele
Anatomen in dem Inneren der Nebenniere eine Höhle sehen wol-
len. Allein weder im frischen noch im ausgebildeten Fötuszustande
ist eine solche wahrzunehmen, in Früchten dagegen, welche lange
Zeit in stärkeren Weingeist gelegen, oder macerirt haben, wird oft
eine solche künstlich erzeugt, indem das im Innern nach Joh.
Müllers Untersuchungen (Hildebr. Anat. herausgegeben von E. H.
Weber IV. S. 355.) befindliche Venennetz durch die Wirkung
des Weingeistes unsichtbar wird oder das Parenchym sich auflöst
und so der Schein einer Höhlung entsteht. Ganz dasselbe ist
auch bei dem Erwachsenen der Fall.

F. Entwickelungsgeschichte der mittleren Sphäre der
Harn- und Geschlechtsorgane
.

Wir werden es weiter unten bei dem Schleimblatte sehen,
daſs anfangs auch bei den Säugethieren, wie bei dem Hühnchen

ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0444" n="416"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/>
selbstständig abgesonderte Masse, keineswegs aber durch Abschnü-<lb/>
rung von den Wolffschen Körpern, wie dieses Arnold (Salzburg.<lb/>
medizin. chirurg. Zeit. 1831. S. 236. 37.) behauptet hat. Auch<lb/>
soll nach diesem Schriftsteller die Nebenniere zuerst dieselbe<lb/>
Structur wie die Wolffschen Körper haben &#x2014; eine Beobachtung,<lb/>
welche au&#x017F;ser Arnold noch keinem zu machen gelungen ist und<lb/>
kaum je wohl gelingen wird. Beide Nebennieren entstehen viel-<lb/>
mehr als eine einfache Masse oberhalb der Wirbelsäule und vor<lb/>
den Nieren, wie ich an Embryonen des Schaafes und Hundes ge-<lb/>
sehen habe. Diese wulstet sich auf, sondert sich in zwei symme-<lb/>
trische Hälften und so entstehen die beiden getrennten Nebennie-<lb/>
ren, welche bei den Haussäugethieren immer kleiner als die Nie-<lb/>
ren sind und nach innen und vorn von ihnen liegen. Die be-<lb/>
stimmte Sonderung der Nebennieren fällt in eine spätere Zeit,<lb/>
als die Entstehung der Nieren. Bei dem Menschen sind die Ne-<lb/>
bennieren von ungemeiner Grö&#x017F;se und sind, je jünger der Fötus,<lb/>
desto grö&#x017F;ser, ja sogar in der Frucht von persistirender Bedeutung,<lb/>
während sie im Erwachsenen in ihrer Ausbildung stehen bleiben<lb/>
und im Alter zum Theil oder gänzlich schwinden.</p><lb/>
              <p>J. Fr. Meckel sah sie schon bei einem zweimonatlichen Em-<lb/>
bryo deutlich (Anat. IV. S. 506.). Nach ihm (S. 507.) verhält sich<lb/>
das Gewicht derselben zu dem der Nieren im Anfange des sechs-<lb/>
ten Monates wie 2 : 5. Bei dem reifen Fötus ist es wie 1 : 3,<lb/>
bei dem Erwachsenen aber wie 1 : 28. Bekanntlich haben viele<lb/>
Anatomen in dem Inneren der Nebenniere eine Höhle sehen wol-<lb/>
len. Allein weder im frischen noch im ausgebildeten Fötuszustande<lb/>
ist eine solche wahrzunehmen, in Früchten dagegen, welche lange<lb/>
Zeit in stärkeren Weingeist gelegen, oder macerirt haben, wird oft<lb/>
eine solche künstlich erzeugt, indem das im Innern nach Joh.<lb/>
Müllers Untersuchungen (Hildebr. Anat. herausgegeben von E. H.<lb/>
Weber IV. S. 355.) befindliche Venennetz durch die Wirkung<lb/>
des Weingeistes unsichtbar wird oder das Parenchym sich auflöst<lb/>
und so der Schein einer Höhlung entsteht. Ganz dasselbe ist<lb/>
auch bei dem Erwachsenen der Fall.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>F. <hi rendition="#g">Entwickelungsgeschichte der mittleren Sphäre der<lb/>
Harn- und Geschlechtsorgane</hi>.</head><lb/>
              <p>Wir werden es weiter unten bei dem Schleimblatte sehen,<lb/>
da&#x017F;s anfangs auch bei den Säugethieren, wie bei dem Hühnchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0444] Von dem Embryo. selbstständig abgesonderte Masse, keineswegs aber durch Abschnü- rung von den Wolffschen Körpern, wie dieses Arnold (Salzburg. medizin. chirurg. Zeit. 1831. S. 236. 37.) behauptet hat. Auch soll nach diesem Schriftsteller die Nebenniere zuerst dieselbe Structur wie die Wolffschen Körper haben — eine Beobachtung, welche auſser Arnold noch keinem zu machen gelungen ist und kaum je wohl gelingen wird. Beide Nebennieren entstehen viel- mehr als eine einfache Masse oberhalb der Wirbelsäule und vor den Nieren, wie ich an Embryonen des Schaafes und Hundes ge- sehen habe. Diese wulstet sich auf, sondert sich in zwei symme- trische Hälften und so entstehen die beiden getrennten Nebennie- ren, welche bei den Haussäugethieren immer kleiner als die Nie- ren sind und nach innen und vorn von ihnen liegen. Die be- stimmte Sonderung der Nebennieren fällt in eine spätere Zeit, als die Entstehung der Nieren. Bei dem Menschen sind die Ne- bennieren von ungemeiner Gröſse und sind, je jünger der Fötus, desto gröſser, ja sogar in der Frucht von persistirender Bedeutung, während sie im Erwachsenen in ihrer Ausbildung stehen bleiben und im Alter zum Theil oder gänzlich schwinden. J. Fr. Meckel sah sie schon bei einem zweimonatlichen Em- bryo deutlich (Anat. IV. S. 506.). Nach ihm (S. 507.) verhält sich das Gewicht derselben zu dem der Nieren im Anfange des sechs- ten Monates wie 2 : 5. Bei dem reifen Fötus ist es wie 1 : 3, bei dem Erwachsenen aber wie 1 : 28. Bekanntlich haben viele Anatomen in dem Inneren der Nebenniere eine Höhle sehen wol- len. Allein weder im frischen noch im ausgebildeten Fötuszustande ist eine solche wahrzunehmen, in Früchten dagegen, welche lange Zeit in stärkeren Weingeist gelegen, oder macerirt haben, wird oft eine solche künstlich erzeugt, indem das im Innern nach Joh. Müllers Untersuchungen (Hildebr. Anat. herausgegeben von E. H. Weber IV. S. 355.) befindliche Venennetz durch die Wirkung des Weingeistes unsichtbar wird oder das Parenchym sich auflöst und so der Schein einer Höhlung entsteht. Ganz dasselbe ist auch bei dem Erwachsenen der Fall. F. Entwickelungsgeschichte der mittleren Sphäre der Harn- und Geschlechtsorgane. Wir werden es weiter unten bei dem Schleimblatte sehen, daſs anfangs auch bei den Säugethieren, wie bei dem Hühnchen ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/444
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/444>, abgerufen am 22.11.2024.