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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Darm und Gekröse.
zu seyn scheinen. Das obere entspräche dann dem serösen Blatte
oder der Dotterhaut und das untere dem Schleimblatte, die mitt-
lere Gefässverbreitung dagegen dem Gefässblatte. Da diese drei
Blätter ebenfalls in dem an dem Embryo anliegenden Theile des gan-
zen ductus omphalo-entericus wahrscheinlich wiederkehren, so
setzt sich die äussere Lamelle vermuthlich in die Bauchplatten, die in-
nere dagegen in das Bauchrohr fort. Fassen wir nun noch
schliesslich die Analogie des Säugethieres mit dem Vogel und
ihre Verschiedenheiten ins Auge, so erhalten wir folgende nach den
jetzigen Erfahrungen wahrscheinlich unbezweifelt richtige Momente:

1. Beide Thierklassen haben einen Dotter, welchem in al-
lerfrühester Zeit die Keimhaut unmittelbar aufliegt.

2. Der Dotter der Vögel unterscheidet sich aber von dem
Dotter der Säugethiere durch äussere sowohl, als durch chemische
Eigenschaften. Ausserdem ist ihre absolute Grösse und wahr-
scheinlich ihre relative (in Bezug auf die Keimhaut) verschieden.

3. Die Abschnürung des Embryo von dem Dotter fällt bei den
Säugethieren zwar in dasselbe Stadium der Ausbildung, wie bei
den Vögeln; allein

4. Die Entfernung des Embryo von dem Dotter erfolgt bei
den Säugethieren viel rascher und ist bei ihnen weit vollständi-
ger. Wie überhaupt der Embryo der höchsten Thierklasse seine
frühere höhere Individualität schon dadurch beurkundet, dass er
sich (durch den Nabelstrang) von dem mütterlichen Körper mög-
lichst weit hinwegbegiebt, so ist dies auch mit seinem früheren
Einährungsstoffe, dem Dotter, der Fall. Es wäre interessant zu wis-
sen, ob die grösste Länge der Nabelschnur und des ductus omphalo-
entericus
in der Reihe der Säugethiere einander parallel laufen.

5. Die Ausbreitung des Gefässblattes als Gefässhof scheint
bei den Säugethieren grösser zu seyn, als bei den Vögeln. In
den Klassen der Säugethiere geschieht dieses im Allgemeinen
durch eine Arterie und eine Vene; im Pferde dagegen kommen
zwei hierher gehörende Arterien vor.

6. Der Dotter selbst persistirt bei den Vögeln weit länger
und wird zuletzt, was bei den Säugethieren nie der Fall ist, in den
Embryonalkörper hineingezogen. Das Terminalgefäss scheint bei
beiden zu gleichen Stadien zu schwinden, der Gefässhof dagegen
bei den Säugethieren, wenigstens bei einigen, verhältnissmässig
länger zu verharren, als bei den Vögeln.

Darm und Gekröse.
zu seyn scheinen. Das obere entspräche dann dem serösen Blatte
oder der Dotterhaut und das untere dem Schleimblatte, die mitt-
lere Gefäſsverbreitung dagegen dem Gefäſsblatte. Da diese drei
Blätter ebenfalls in dem an dem Embryo anliegenden Theile des gan-
zen ductus omphalo-entericus wahrscheinlich wiederkehren, so
setzt sich die äuſsere Lamelle vermuthlich in die Bauchplatten, die in-
nere dagegen in das Bauchrohr fort. Fassen wir nun noch
schlieſslich die Analogie des Säugethieres mit dem Vogel und
ihre Verschiedenheiten ins Auge, so erhalten wir folgende nach den
jetzigen Erfahrungen wahrscheinlich unbezweifelt richtige Momente:

1. Beide Thierklassen haben einen Dotter, welchem in al-
lerfrühester Zeit die Keimhaut unmittelbar aufliegt.

2. Der Dotter der Vögel unterscheidet sich aber von dem
Dotter der Säugethiere durch äuſsere sowohl, als durch chemische
Eigenschaften. Auſserdem ist ihre absolute Gröſse und wahr-
scheinlich ihre relative (in Bezug auf die Keimhaut) verschieden.

3. Die Abschnürung des Embryo von dem Dotter fällt bei den
Säugethieren zwar in dasselbe Stadium der Ausbildung, wie bei
den Vögeln; allein

4. Die Entfernung des Embryo von dem Dotter erfolgt bei
den Säugethieren viel rascher und ist bei ihnen weit vollständi-
ger. Wie überhaupt der Embryo der höchsten Thierklasse seine
frühere höhere Individualität schon dadurch beurkundet, daſs er
sich (durch den Nabelstrang) von dem mütterlichen Körper mög-
lichst weit hinwegbegiebt, so ist dies auch mit seinem früheren
Einährungsstoffe, dem Dotter, der Fall. Es wäre interessant zu wis-
sen, ob die gröſste Länge der Nabelschnur und des ductus omphalo-
entericus
in der Reihe der Säugethiere einander parallel laufen.

5. Die Ausbreitung des Gefäſsblattes als Gefäſshof scheint
bei den Säugethieren gröſser zu seyn, als bei den Vögeln. In
den Klassen der Säugethiere geschieht dieses im Allgemeinen
durch eine Arterie und eine Vene; im Pferde dagegen kommen
zwei hierher gehörende Arterien vor.

6. Der Dotter selbst persistirt bei den Vögeln weit länger
und wird zuletzt, was bei den Säugethieren nie der Fall ist, in den
Embryonalkörper hineingezogen. Das Terminalgefäſs scheint bei
beiden zu gleichen Stadien zu schwinden, der Gefäſshof dagegen
bei den Säugethieren, wenigstens bei einigen, verhältniſsmäſsig
länger zu verharren, als bei den Vögeln.

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[441/0469] Darm und Gekröse. zu seyn scheinen. Das obere entspräche dann dem serösen Blatte oder der Dotterhaut und das untere dem Schleimblatte, die mitt- lere Gefäſsverbreitung dagegen dem Gefäſsblatte. Da diese drei Blätter ebenfalls in dem an dem Embryo anliegenden Theile des gan- zen ductus omphalo-entericus wahrscheinlich wiederkehren, so setzt sich die äuſsere Lamelle vermuthlich in die Bauchplatten, die in- nere dagegen in das Bauchrohr fort. Fassen wir nun noch schlieſslich die Analogie des Säugethieres mit dem Vogel und ihre Verschiedenheiten ins Auge, so erhalten wir folgende nach den jetzigen Erfahrungen wahrscheinlich unbezweifelt richtige Momente: 1. Beide Thierklassen haben einen Dotter, welchem in al- lerfrühester Zeit die Keimhaut unmittelbar aufliegt. 2. Der Dotter der Vögel unterscheidet sich aber von dem Dotter der Säugethiere durch äuſsere sowohl, als durch chemische Eigenschaften. Auſserdem ist ihre absolute Gröſse und wahr- scheinlich ihre relative (in Bezug auf die Keimhaut) verschieden. 3. Die Abschnürung des Embryo von dem Dotter fällt bei den Säugethieren zwar in dasselbe Stadium der Ausbildung, wie bei den Vögeln; allein 4. Die Entfernung des Embryo von dem Dotter erfolgt bei den Säugethieren viel rascher und ist bei ihnen weit vollständi- ger. Wie überhaupt der Embryo der höchsten Thierklasse seine frühere höhere Individualität schon dadurch beurkundet, daſs er sich (durch den Nabelstrang) von dem mütterlichen Körper mög- lichst weit hinwegbegiebt, so ist dies auch mit seinem früheren Einährungsstoffe, dem Dotter, der Fall. Es wäre interessant zu wis- sen, ob die gröſste Länge der Nabelschnur und des ductus omphalo- entericus in der Reihe der Säugethiere einander parallel laufen. 5. Die Ausbreitung des Gefäſsblattes als Gefäſshof scheint bei den Säugethieren gröſser zu seyn, als bei den Vögeln. In den Klassen der Säugethiere geschieht dieses im Allgemeinen durch eine Arterie und eine Vene; im Pferde dagegen kommen zwei hierher gehörende Arterien vor. 6. Der Dotter selbst persistirt bei den Vögeln weit länger und wird zuletzt, was bei den Säugethieren nie der Fall ist, in den Embryonalkörper hineingezogen. Das Terminalgefäſs scheint bei beiden zu gleichen Stadien zu schwinden, der Gefäſshof dagegen bei den Säugethieren, wenigstens bei einigen, verhältniſsmäſsig länger zu verharren, als bei den Vögeln.

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/469>, abgerufen am 22.11.2024.