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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
sich auf den ersten Stufen seiner rudimentären Anlage befindet.
In dieser mittleren Bildungsmasse entstehen die Muskelfasern und
Muskelbündel, wie in allen unwillkührlichen Muskelgebilden und
zwar zuerst an der Peripherie, dann im Centrum. Bei einem 11/2 Zoll
langen Schweinefötus ist die Circumferenz schon weit stärker
und dicker und ihre Muskelfäden sind weit mehr ausgebildet, als in
dem Centrum. Diese hatten in der Mitte 0,000354 P. Z., an dem
Umkreise dagegen 0,000202 P. Z. im Durchmesser. Nun wird
die Muskelschicht immer stärker und deutlicher, die serösen
Ueberzüge derselben aber, die Fortsetzungen der Pleura und des
Peritoneum werden zwar relativ geringer, sind jedoch während
der ganzen Fötalzeit verhältnissmässig ausgebildeter, als in dem
Erwachsenen.

Ueber die Entwickelung des sympathischen Nerven habe ich
nirgends eine auf Erfahrung beruhende Notiz gefunden. Man hat
überhaupt über dieses Gebilde Vieles gefabelt und im Ganzen nur
noch sehr Weniges beobachtet, so dass ein geistreicher Schriftsteller
es mit Recht den Phantasien älterer Aerzte über schwarze Galle u.
dgl. gleichstellt, wenn man zu unserer Zeit so vieles Unbekannte und
Räthselhafte im gesunden oder kranken Organismus der Thätigkeit
dieses fast ganz noch unbekannten Theiles zuschreibt. Die Divergenz
der Meinungen ist auch endlich so weit gekommen, dass, während
man einerseits so viele sensible (fast alle unwillkührlichen oder alle
unbewussten) Handlungen von diesem räthselhaften sympathischen
Nerven herleitet, anderseits Magendie (Lehrbuch der Physiologie
übers. von Elsässer Thl. I. 1834. 8. S. 145.) seine Natur als Ner-
ven sehr in Zweifel zu ziehen sucht. Vielleicht wird es unse-
rem thätigen Zeitalter, welchem die merkwürdige Entdeckung
der verschiedenen Functionen der vorderen und hinteren Wur-
zeln der Rückenmarksnerven vorbehalten war, auch noch gelin-
gen, dieses dunkele und jedenfalls höchst wichtige Feld durch
Erfahrung und Experimente aufzuhellen. -- Den sympathischen
Nerven in seiner Entwickelung zu beobachten, ist eine der schwie-
rigsten Aufgaben der feineren Anatomie. In frischen Embryonen
sehr früher Zeit verliert sich das feine Fädchen leicht dem Blicke
des Naturforschers und wenn die Erhärtung in Weingeist es auch
ohne Zweifel deutlicher macht, so werden doch neben ihm auch
andere fadenartige Gebilde eben so weiss und brüchig, als der
Nervus sympathicus selbst. Ich habe daher wohl kaum bei

Von dem Embryo.
sich auf den ersten Stufen seiner rudimentären Anlage befindet.
In dieser mittleren Bildungsmasse entstehen die Muskelfasern und
Muskelbündel, wie in allen unwillkührlichen Muskelgebilden und
zwar zuerst an der Peripherie, dann im Centrum. Bei einem 1½ Zoll
langen Schweinefötus ist die Circumferenz schon weit stärker
und dicker und ihre Muskelfäden sind weit mehr ausgebildet, als in
dem Centrum. Diese hatten in der Mitte 0,000354 P. Z., an dem
Umkreise dagegen 0,000202 P. Z. im Durchmesser. Nun wird
die Muskelschicht immer stärker und deutlicher, die serösen
Ueberzüge derselben aber, die Fortsetzungen der Pleura und des
Peritoneum werden zwar relativ geringer, sind jedoch während
der ganzen Fötalzeit verhältniſsmäſsig ausgebildeter, als in dem
Erwachsenen.

Ueber die Entwickelung des sympathischen Nerven habe ich
nirgends eine auf Erfahrung beruhende Notiz gefunden. Man hat
überhaupt über dieses Gebilde Vieles gefabelt und im Ganzen nur
noch sehr Weniges beobachtet, so daſs ein geistreicher Schriftsteller
es mit Recht den Phantasien älterer Aerzte über schwarze Galle u.
dgl. gleichstellt, wenn man zu unserer Zeit so vieles Unbekannte und
Räthselhafte im gesunden oder kranken Organismus der Thätigkeit
dieses fast ganz noch unbekannten Theiles zuschreibt. Die Divergenz
der Meinungen ist auch endlich so weit gekommen, daſs, während
man einerseits so viele sensible (fast alle unwillkührlichen oder alle
unbewuſsten) Handlungen von diesem räthselhaften sympathischen
Nerven herleitet, anderseits Magendie (Lehrbuch der Physiologie
übers. von Elsässer Thl. I. 1834. 8. S. 145.) seine Natur als Ner-
ven sehr in Zweifel zu ziehen sucht. Vielleicht wird es unse-
rem thätigen Zeitalter, welchem die merkwürdige Entdeckung
der verschiedenen Functionen der vorderen und hinteren Wur-
zeln der Rückenmarksnerven vorbehalten war, auch noch gelin-
gen, dieses dunkele und jedenfalls höchst wichtige Feld durch
Erfahrung und Experimente aufzuhellen. — Den sympathischen
Nerven in seiner Entwickelung zu beobachten, ist eine der schwie-
rigsten Aufgaben der feineren Anatomie. In frischen Embryonen
sehr früher Zeit verliert sich das feine Fädchen leicht dem Blicke
des Naturforschers und wenn die Erhärtung in Weingeist es auch
ohne Zweifel deutlicher macht, so werden doch neben ihm auch
andere fadenartige Gebilde eben so weiſs und brüchig, als der
Nervus sympathicus selbst. Ich habe daher wohl kaum bei

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[470/0498] Von dem Embryo. sich auf den ersten Stufen seiner rudimentären Anlage befindet. In dieser mittleren Bildungsmasse entstehen die Muskelfasern und Muskelbündel, wie in allen unwillkührlichen Muskelgebilden und zwar zuerst an der Peripherie, dann im Centrum. Bei einem 1½ Zoll langen Schweinefötus ist die Circumferenz schon weit stärker und dicker und ihre Muskelfäden sind weit mehr ausgebildet, als in dem Centrum. Diese hatten in der Mitte 0,000354 P. Z., an dem Umkreise dagegen 0,000202 P. Z. im Durchmesser. Nun wird die Muskelschicht immer stärker und deutlicher, die serösen Ueberzüge derselben aber, die Fortsetzungen der Pleura und des Peritoneum werden zwar relativ geringer, sind jedoch während der ganzen Fötalzeit verhältniſsmäſsig ausgebildeter, als in dem Erwachsenen. Ueber die Entwickelung des sympathischen Nerven habe ich nirgends eine auf Erfahrung beruhende Notiz gefunden. Man hat überhaupt über dieses Gebilde Vieles gefabelt und im Ganzen nur noch sehr Weniges beobachtet, so daſs ein geistreicher Schriftsteller es mit Recht den Phantasien älterer Aerzte über schwarze Galle u. dgl. gleichstellt, wenn man zu unserer Zeit so vieles Unbekannte und Räthselhafte im gesunden oder kranken Organismus der Thätigkeit dieses fast ganz noch unbekannten Theiles zuschreibt. Die Divergenz der Meinungen ist auch endlich so weit gekommen, daſs, während man einerseits so viele sensible (fast alle unwillkührlichen oder alle unbewuſsten) Handlungen von diesem räthselhaften sympathischen Nerven herleitet, anderseits Magendie (Lehrbuch der Physiologie übers. von Elsässer Thl. I. 1834. 8. S. 145.) seine Natur als Ner- ven sehr in Zweifel zu ziehen sucht. Vielleicht wird es unse- rem thätigen Zeitalter, welchem die merkwürdige Entdeckung der verschiedenen Functionen der vorderen und hinteren Wur- zeln der Rückenmarksnerven vorbehalten war, auch noch gelin- gen, dieses dunkele und jedenfalls höchst wichtige Feld durch Erfahrung und Experimente aufzuhellen. — Den sympathischen Nerven in seiner Entwickelung zu beobachten, ist eine der schwie- rigsten Aufgaben der feineren Anatomie. In frischen Embryonen sehr früher Zeit verliert sich das feine Fädchen leicht dem Blicke des Naturforschers und wenn die Erhärtung in Weingeist es auch ohne Zweifel deutlicher macht, so werden doch neben ihm auch andere fadenartige Gebilde eben so weiſs und brüchig, als der Nervus sympathicus selbst. Ich habe daher wohl kaum bei

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/498>, abgerufen am 22.11.2024.