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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
ringsum von einer bestimmten Haut (dem künftigen Brust- und
Bauchfell) eingeschlossen; bei den Speicheldrüsen entweder, wie
das Pankreas, nur zum Theile von einer solchen Membran umge-
ben oder durch die angrenzenden Theile allein begrenzt, wie die
Speicheldrüsen des Mundes. Allein dieser Unterschied, welcher
auf den ersten Blick wesentlich zu seyn scheint, beruht am Ende
nur auf accessorischen Lagerungsverhältnissen und tritt daher in
untergeordnete Bedeutung zurück. Von grösserer Wichtigkeit
aber sind die äusseren und inneren Metamorphosen des Blastema
selbst. Unter äusseren Metamorphosen verstehe ich die Gestal-
tungen, welche die äussere Oberfläche des Blastema annimmt; un-
ter inneren dagegen die Bildung der Kanäle und Gänge innerhalb
desselben. Folgende Punkte sind allen drei Arten der blastematischen
Ausstülpungen gemeinschaftlich und sie können daher mit Recht als
die Urgesetze für diese Ausstülpungen überhaupt angesehen werden.
1. Die äussere Form des Blastema geht, selbstständig und völlig
unabhängig von der inneren Ausbildung desselben, in ihre eigen-
thümlichen Veränderungen ein. Sie begrenzt sich, zerfällt zuerst
in Lappen, dann in Läppchen, welche letztere sich dann wiederum
zu grösseren Abtheilungen sammeln. 2. Die innere Form geht
ihren selbstständigen und eigenen, mit der äusseren Form der Zeit
nach im Allgemeinen coincidirenden Gang. Zuerst erscheint der
Hauptgang, dann seine Nebenzweige. Diese zerfallen und ver-
mehren sich immer mehr, bis sie den ganzen Umfang des Blastema
füllen und dieses in die Bedeutung eines verbindenden Schleim-
gewebes zurücktritt. 3. Der Hauptgang ist zuerst ebenfalls in
das Blastema eingebettet und wird späterhin, indem sich der sei-
ner Mündung nähere Theil gleichsam auszieht, frei und selbststän-
dig. Diese Urtypen modificiren sich aber auf verschiedene Weise.
In den Lungen entstehen verhältnissmässig grössere Lappen, welche
bald in kleinere Läppchen zerfallen. Diese bleiben aber auf eine
regelmässige Weise gruppirt, meist zu vier, bisweilen auch zu
drei, fünf bis sechs. In der Leber bleiben die grösseren Lappen,
welche zuerst zwei durchaus gesonderte Theile darstellen, zuerst
auf beiden Flächen, zuletzt aber nur auf der den Därmen zuge-
kehrten Fläche marquirt. Sie zerfallen aber frühzeitig in kleine
zierliche Läppchen, welche die blinden Enden der Gallengänge
enthalten. Bei den Speicheldrüsen endlich ist die äussere Form we-
niger bestimmt begrenzt, weil ein vollständiger Ueberzug von dem

Von dem Embryo.
ringsum von einer bestimmten Haut (dem künftigen Brust- und
Bauchfell) eingeschlossen; bei den Speicheldrüsen entweder, wie
das Pankreas, nur zum Theile von einer solchen Membran umge-
ben oder durch die angrenzenden Theile allein begrenzt, wie die
Speicheldrüsen des Mundes. Allein dieser Unterschied, welcher
auf den ersten Blick wesentlich zu seyn scheint, beruht am Ende
nur auf accessorischen Lagerungsverhältnissen und tritt daher in
untergeordnete Bedeutung zurück. Von gröſserer Wichtigkeit
aber sind die äuſseren und inneren Metamorphosen des Blastema
selbst. Unter äuſseren Metamorphosen verstehe ich die Gestal-
tungen, welche die äuſsere Oberfläche des Blastema annimmt; un-
ter inneren dagegen die Bildung der Kanäle und Gänge innerhalb
desselben. Folgende Punkte sind allen drei Arten der blastematischen
Ausstülpungen gemeinschaftlich und sie können daher mit Recht als
die Urgesetze für diese Ausstülpungen überhaupt angesehen werden.
1. Die äuſsere Form des Blastema geht, selbstständig und völlig
unabhängig von der inneren Ausbildung desselben, in ihre eigen-
thümlichen Veränderungen ein. Sie begrenzt sich, zerfällt zuerst
in Lappen, dann in Läppchen, welche letztere sich dann wiederum
zu gröſseren Abtheilungen sammeln. 2. Die innere Form geht
ihren selbstständigen und eigenen, mit der äuſseren Form der Zeit
nach im Allgemeinen coincidirenden Gang. Zuerst erscheint der
Hauptgang, dann seine Nebenzweige. Diese zerfallen und ver-
mehren sich immer mehr, bis sie den ganzen Umfang des Blastema
füllen und dieses in die Bedeutung eines verbindenden Schleim-
gewebes zurücktritt. 3. Der Hauptgang ist zuerst ebenfalls in
das Blastema eingebettet und wird späterhin, indem sich der sei-
ner Mündung nähere Theil gleichsam auszieht, frei und selbststän-
dig. Diese Urtypen modificiren sich aber auf verschiedene Weise.
In den Lungen entstehen verhältniſsmäſsig gröſsere Lappen, welche
bald in kleinere Läppchen zerfallen. Diese bleiben aber auf eine
regelmäſsige Weise gruppirt, meist zu vier, bisweilen auch zu
drei, fünf bis sechs. In der Leber bleiben die gröſseren Lappen,
welche zuerst zwei durchaus gesonderte Theile darstellen, zuerst
auf beiden Flächen, zuletzt aber nur auf der den Därmen zuge-
kehrten Fläche marquirt. Sie zerfallen aber frühzeitig in kleine
zierliche Läppchen, welche die blinden Enden der Gallengänge
enthalten. Bei den Speicheldrüsen endlich ist die äuſsere Form we-
niger bestimmt begrenzt, weil ein vollständiger Ueberzug von dem

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[522/0550] Von dem Embryo. ringsum von einer bestimmten Haut (dem künftigen Brust- und Bauchfell) eingeschlossen; bei den Speicheldrüsen entweder, wie das Pankreas, nur zum Theile von einer solchen Membran umge- ben oder durch die angrenzenden Theile allein begrenzt, wie die Speicheldrüsen des Mundes. Allein dieser Unterschied, welcher auf den ersten Blick wesentlich zu seyn scheint, beruht am Ende nur auf accessorischen Lagerungsverhältnissen und tritt daher in untergeordnete Bedeutung zurück. Von gröſserer Wichtigkeit aber sind die äuſseren und inneren Metamorphosen des Blastema selbst. Unter äuſseren Metamorphosen verstehe ich die Gestal- tungen, welche die äuſsere Oberfläche des Blastema annimmt; un- ter inneren dagegen die Bildung der Kanäle und Gänge innerhalb desselben. Folgende Punkte sind allen drei Arten der blastematischen Ausstülpungen gemeinschaftlich und sie können daher mit Recht als die Urgesetze für diese Ausstülpungen überhaupt angesehen werden. 1. Die äuſsere Form des Blastema geht, selbstständig und völlig unabhängig von der inneren Ausbildung desselben, in ihre eigen- thümlichen Veränderungen ein. Sie begrenzt sich, zerfällt zuerst in Lappen, dann in Läppchen, welche letztere sich dann wiederum zu gröſseren Abtheilungen sammeln. 2. Die innere Form geht ihren selbstständigen und eigenen, mit der äuſseren Form der Zeit nach im Allgemeinen coincidirenden Gang. Zuerst erscheint der Hauptgang, dann seine Nebenzweige. Diese zerfallen und ver- mehren sich immer mehr, bis sie den ganzen Umfang des Blastema füllen und dieses in die Bedeutung eines verbindenden Schleim- gewebes zurücktritt. 3. Der Hauptgang ist zuerst ebenfalls in das Blastema eingebettet und wird späterhin, indem sich der sei- ner Mündung nähere Theil gleichsam auszieht, frei und selbststän- dig. Diese Urtypen modificiren sich aber auf verschiedene Weise. In den Lungen entstehen verhältniſsmäſsig gröſsere Lappen, welche bald in kleinere Läppchen zerfallen. Diese bleiben aber auf eine regelmäſsige Weise gruppirt, meist zu vier, bisweilen auch zu drei, fünf bis sechs. In der Leber bleiben die gröſseren Lappen, welche zuerst zwei durchaus gesonderte Theile darstellen, zuerst auf beiden Flächen, zuletzt aber nur auf der den Därmen zuge- kehrten Fläche marquirt. Sie zerfallen aber frühzeitig in kleine zierliche Läppchen, welche die blinden Enden der Gallengänge enthalten. Bei den Speicheldrüsen endlich ist die äuſsere Form we- niger bestimmt begrenzt, weil ein vollständiger Ueberzug von dem

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/550>, abgerufen am 22.11.2024.