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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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Das XIX. Capitel
Von dem Wurm-Saamen.

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§. 1.

DEr Wurm-Saame oder SEMEN SANTONICI, sonsten auch Lateinisch Semen contra Vermes oder nur Semen contra genandt/ ist ein kleiner länglicht- und gelbgrünlichter bitterer scharffer Saame eines starcken Geruchs/ welcher in den täglichen Gebrauch bey den Materialisten und Apotheckern so gemein und abgängig ist/ daß ihn der berühmte Pomet in seiner Frantzöisch-geschriebenen Material-Kammer oben angesetzet hat. Andere nennen ihn Sementinam oder auch Semen Cinae vel Sinae, in Meynung er kähme nur auß dem Königreich Sina und den äussersten Enden der Indien/ wie Christoph Vielheuer/ ein Apothecker/ in der gründlichen Beschreibungen frembder Materialien pag. 151. redet: welchem doch der berühmte und gelahrte Kauff-Herr Herbertus de Jager keinen Beyfall gibt/ sondern/ weilen man diesen Saamen viel näher hat/ solches vor erdichtet hält/ vid. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. III. Obs. 1. pag. 206. Ob es aber dergleichen Bewandtnus auch mit dem andern Wort Santonico oder Semine Sancto habe? und ob solches nicht so wohl a Terra Sancta, wo es Rauvvolfius und andere gesehen zu haben vermeinen/ als Xantonicum, von dem Land Xantonge in Franckreich/ allwo es häuffig wächsen soll/ zu nennen sey? wie Hoffmann. in Clav. Schroed. in voc. Santon. p. 541. und Elsholzius Misc. A. N. C. D. I. Anno 6. 7. Obs. 227. p. 169. davor halten/ stehe noch an meinem wenigen Ort an/ weilen der oben belobte Frantzöische Materialist über allen angewandten Fleiß davon nichts erfahren können/ sondern auffrichtig bekennet/ daß all der Wurm-Saame so sie darvon verkauffen/ auß Persien (wo es in den Wäldern wächset) und Moscovien zu ihnen gebracht würde/ indem die Persianer solchen in ihren Caravanen oder grossen Wallfahrten/ zu welchen sich die Kauff-Leute gesellen/ nach Aleppo, Alexandrien und Smirnen brächten/ von wannen er ferner in Holland/ Engeland und Franckreich über geführet würde/ weßwegen mir der Unterscheid/ den der sonsten berühmte Medicus D. Ettmüller in seinen Operibus Tom. 1. pag. 653. unter dem Alexandrinischen und Frantzöischen machet/ annoch sehr zweiffelhafftig vorkommet/ zumahlen auch Johann Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 54. nur des Alexandrinischen Meldung gethan hat.

§. 2.

Mehrere Schwürigkeit machet das Kraut/ welches diesen Saamen zeuget. Der ältiste Kräuter-Mann Dioscorides hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Wermuths/ weßwegen auch der seel. D. Fehr. pag. 14. in seinem Lateinischen curiosen Buch von dem Wermuth solches darzu zehlet/ und weilen auß eben dessen und anderer Erfahrung unser Wurm-Saame/ wann er hier zu Land gesäet wird/ keine Wermuths-Art/ sondern ein ander Kraut hervorbringet/ so kombt er auff die Gedancken/ daß wir heut zu Tag der Alten wahren Alexandrinischen Wurm-Saamen nicht hätten/ sondern ei-

Das XIX. Capitel
Von dem Wurm-Saamen.

[Abbildung]

§. 1.

DEr Wurm-Saame oder SEMEN SANTONICI, sonsten auch Lateinisch Semen contra Vermes oder nur Semen contra genandt/ ist ein kleiner länglicht- und gelbgrünlichter bitterer scharffer Saame eines starcken Geruchs/ welcher in den täglichen Gebrauch bey den Materialisten und Apotheckern so gemein und abgängig ist/ daß ihn der berühmte Pomet in seiner Frantzöisch-geschriebenen Material-Kammer oben angesetzet hat. Andere nennen ihn Sementinam oder auch Semen Cinae vel Sinae, in Meynung er kähme nur auß dem Königreich Sina und den äussersten Enden der Indien/ wie Christoph Vielheuer/ ein Apothecker/ in der gründlichen Beschreibungen frembder Materialien pag. 151. redet: welchem doch der berühmte und gelahrte Kauff-Herr Herbertus de Jager keinen Beyfall gibt/ sondern/ weilen man diesen Saamen viel näher hat/ solches vor erdichtet hält/ vid. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. III. Obs. 1. pag. 206. Ob es aber dergleichen Bewandtnus auch mit dem andern Wort Santonico oder Semine Sancto habe? und ob solches nicht so wohl a Terra Sancta, wo es Rauvvolfius und andere gesehen zu haben vermeinen/ als Xantonicum, von dem Land Xantonge in Franckreich/ allwo es häuffig wächsen soll/ zu nennen sey? wie Hoffmann. in Clav. Schroed. in voc. Santon. p. 541. und Elsholzius Misc. A. N. C. D. I. Anno 6. 7. Obs. 227. p. 169. davor halten/ stehe noch an meinem wenigen Ort an/ weilen der oben belobte Frantzöische Materialist über allen angewandten Fleiß davon nichts erfahren können/ sondern auffrichtig bekennet/ daß all der Wurm-Saame so sie darvon verkauffen/ auß Persien (wo es in den Wäldern wächset) und Moscovien zu ihnen gebracht würde/ indem die Persianer solchen in ihren Caravanen oder grossen Wallfahrten/ zu welchen sich die Kauff-Leute gesellen/ nach Aleppo, Alexandrien und Smirnen brächten/ von wannen er ferner in Holland/ Engeland und Franckreich über geführet würde/ weßwegen mir der Unterscheid/ den der sonsten berühmte Medicus D. Ettmüller in seinen Operibus Tom. 1. pag. 653. unter dem Alexandrinischen und Frantzöischen machet/ annoch sehr zweiffelhafftig vorkommet/ zumahlen auch Johann Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 54. nur des Alexandrinischen Meldung gethan hat.

§. 2.

Mehrere Schwürigkeit machet das Kraut/ welches diesen Saamen zeuget. Der ältiste Kräuter-Mann Dioscorides hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Wermuths/ weßwegen auch der seel. D. Fehr. pag. 14. in seinem Lateinischen curiosen Buch von dem Wermuth solches darzu zehlet/ und weilen auß eben dessen und anderer Erfahrung unser Wurm-Saame/ wann er hier zu Land gesäet wird/ keine Wermuths-Art/ sondern ein ander Kraut hervorbringet/ so kombt er auff die Gedancken/ daß wir heut zu Tag der Alten wahren Alexandrinischen Wurm-Saamen nicht hätten/ sondern ei-

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[132/0178] Das XIX. Capitel Von dem Wurm-Saamen. [Abbildung] §. 1. DEr Wurm-Saame oder SEMEN SANTONICI, sonsten auch Lateinisch Semen contra Vermes oder nur Semen contra genandt/ ist ein kleiner länglicht- und gelbgrünlichter bitterer scharffer Saame eines starcken Geruchs/ welcher in den täglichen Gebrauch bey den Materialisten und Apotheckern so gemein und abgängig ist/ daß ihn der berühmte Pomet in seiner Frantzöisch-geschriebenen Material-Kammer oben angesetzet hat. Andere nennen ihn Sementinam oder auch Semen Cinae vel Sinae, in Meynung er kähme nur auß dem Königreich Sina und den äussersten Enden der Indien/ wie Christoph Vielheuer/ ein Apothecker/ in der gründlichen Beschreibungen frembder Materialien pag. 151. redet: welchem doch der berühmte und gelahrte Kauff-Herr Herbertus de Jager keinen Beyfall gibt/ sondern/ weilen man diesen Saamen viel näher hat/ solches vor erdichtet hält/ vid. Miscell. Acad. Nat. Cur. Dec. II. A. III. Obs. 1. pag. 206. Ob es aber dergleichen Bewandtnus auch mit dem andern Wort Santonico oder Semine Sancto habe? und ob solches nicht so wohl a Terra Sancta, wo es Rauvvolfius und andere gesehen zu haben vermeinen/ als Xantonicum, von dem Land Xantonge in Franckreich/ allwo es häuffig wächsen soll/ zu nennen sey? wie Hoffmann. in Clav. Schroed. in voc. Santon. p. 541. und Elsholzius Misc. A. N. C. D. I. Anno 6. 7. Obs. 227. p. 169. davor halten/ stehe noch an meinem wenigen Ort an/ weilen der oben belobte Frantzöische Materialist über allen angewandten Fleiß davon nichts erfahren können/ sondern auffrichtig bekennet/ daß all der Wurm-Saame so sie darvon verkauffen/ auß Persien (wo es in den Wäldern wächset) und Moscovien zu ihnen gebracht würde/ indem die Persianer solchen in ihren Caravanen oder grossen Wallfahrten/ zu welchen sich die Kauff-Leute gesellen/ nach Aleppo, Alexandrien und Smirnen brächten/ von wannen er ferner in Holland/ Engeland und Franckreich über geführet würde/ weßwegen mir der Unterscheid/ den der sonsten berühmte Medicus D. Ettmüller in seinen Operibus Tom. 1. pag. 653. unter dem Alexandrinischen und Frantzöischen machet/ annoch sehr zweiffelhafftig vorkommet/ zumahlen auch Johann Jacob Marx in seiner Teutschen Material-Kammer pag. 54. nur des Alexandrinischen Meldung gethan hat. §. 2. Mehrere Schwürigkeit machet das Kraut/ welches diesen Saamen zeuget. Der ältiste Kräuter-Mann Dioscorides hielte es zu seiner Zeit vor eine Art Wermuths/ weßwegen auch der seel. D. Fehr. pag. 14. in seinem Lateinischen curiosen Buch von dem Wermuth solches darzu zehlet/ und weilen auß eben dessen und anderer Erfahrung unser Wurm-Saame/ wann er hier zu Land gesäet wird/ keine Wermuths-Art/ sondern ein ander Kraut hervorbringet/ so kombt er auff die Gedancken/ daß wir heut zu Tag der Alten wahren Alexandrinischen Wurm-Saamen nicht hätten/ sondern ei-

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/178>, abgerufen am 29.11.2024.