besonders in den damaligen Zeitumständen als solches gelten muß, daß Bollmanns Geschick, dem nur die dunkelste Wendung vorbehalten schien, unvermuthet die glücklichste nahm. Die österreichische Regierung, welche im Praktischen von jeher einen freien Geist gezeigt, der bei außerordentlichen Dingen nicht karg am Hergebrachten haftet, behandelte Bollmanns Sache in ganz besondrer Weise. Nach sieben Monaten Gefängniß und Unter¬ suchung, die leicht eben so viele Jahre werden konnten, wurde er plötzlich weniger streng gehalten, und ihm bald nachher unerwartet angekündigt, daß er frei sei, und gehen könne, wohin er wolle, ohne andre Strafe, als daß man ihm auferlegte, die österreichischen Staaten sogleich zu verlassen und künftighin zu meiden.
Diese wunderbare Milde, welche nur ihn persönlich betraf, aber auf Lafayette nicht überging, setzte mit Recht alle Welt in Erstaunen, und der Dank vieler Herzen wandte sich segnend dahin, wo ein so großartiges Verfahren entstehen konnte. Wie Bollmann lange nach¬ her die Schuld der Dankbarkeit werkthätig abgetragen, werden wir später zu sagen haben.
Bollmanns damalige Stimmung und Ansicht in Betreff des Vergangenen und seiner nächsten Zukunft erkennen wir zum Theil aus dem Bruchstück eines Briefes, den er an dieselbe bewährte Freundin richtete, in deren Vertrauen wir ihn schon die früheren Bekennt¬ nisse niederlegen sahen. Zwei spätere Briefe geben uns
beſonders in den damaligen Zeitumſtaͤnden als ſolches gelten muß, daß Bollmanns Geſchick, dem nur die dunkelſte Wendung vorbehalten ſchien, unvermuthet die gluͤcklichſte nahm. Die oͤſterreichiſche Regierung, welche im Praktiſchen von jeher einen freien Geiſt gezeigt, der bei außerordentlichen Dingen nicht karg am Hergebrachten haftet, behandelte Bollmanns Sache in ganz beſondrer Weiſe. Nach ſieben Monaten Gefaͤngniß und Unter¬ ſuchung, die leicht eben ſo viele Jahre werden konnten, wurde er ploͤtzlich weniger ſtreng gehalten, und ihm bald nachher unerwartet angekuͤndigt, daß er frei ſei, und gehen koͤnne, wohin er wolle, ohne andre Strafe, als daß man ihm auferlegte, die oͤſterreichiſchen Staaten ſogleich zu verlaſſen und kuͤnftighin zu meiden.
Dieſe wunderbare Milde, welche nur ihn perſoͤnlich betraf, aber auf Lafayette nicht uͤberging, ſetzte mit Recht alle Welt in Erſtaunen, und der Dank vieler Herzen wandte ſich ſegnend dahin, wo ein ſo großartiges Verfahren entſtehen konnte. Wie Bollmann lange nach¬ her die Schuld der Dankbarkeit werkthaͤtig abgetragen, werden wir ſpaͤter zu ſagen haben.
Bollmanns damalige Stimmung und Anſicht in Betreff des Vergangenen und ſeiner naͤchſten Zukunft erkennen wir zum Theil aus dem Bruchſtuͤck eines Briefes, den er an dieſelbe bewaͤhrte Freundin richtete, in deren Vertrauen wir ihn ſchon die fruͤheren Bekennt¬ niſſe niederlegen ſahen. Zwei ſpaͤtere Briefe geben uns
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[93/0107]
beſonders in den damaligen Zeitumſtaͤnden als ſolches
gelten muß, daß Bollmanns Geſchick, dem nur die
dunkelſte Wendung vorbehalten ſchien, unvermuthet die
gluͤcklichſte nahm. Die oͤſterreichiſche Regierung, welche
im Praktiſchen von jeher einen freien Geiſt gezeigt, der
bei außerordentlichen Dingen nicht karg am Hergebrachten
haftet, behandelte Bollmanns Sache in ganz beſondrer
Weiſe. Nach ſieben Monaten Gefaͤngniß und Unter¬
ſuchung, die leicht eben ſo viele Jahre werden konnten,
wurde er ploͤtzlich weniger ſtreng gehalten, und ihm
bald nachher unerwartet angekuͤndigt, daß er frei ſei,
und gehen koͤnne, wohin er wolle, ohne andre Strafe,
als daß man ihm auferlegte, die oͤſterreichiſchen Staaten
ſogleich zu verlaſſen und kuͤnftighin zu meiden.
Dieſe wunderbare Milde, welche nur ihn perſoͤnlich
betraf, aber auf Lafayette nicht uͤberging, ſetzte mit
Recht alle Welt in Erſtaunen, und der Dank vieler
Herzen wandte ſich ſegnend dahin, wo ein ſo großartiges
Verfahren entſtehen konnte. Wie Bollmann lange nach¬
her die Schuld der Dankbarkeit werkthaͤtig abgetragen,
werden wir ſpaͤter zu ſagen haben.
Bollmanns damalige Stimmung und Anſicht in
Betreff des Vergangenen und ſeiner naͤchſten Zukunft
erkennen wir zum Theil aus dem Bruchſtuͤck eines
Briefes, den er an dieſelbe bewaͤhrte Freundin richtete,
in deren Vertrauen wir ihn ſchon die fruͤheren Bekennt¬
niſſe niederlegen ſahen. Zwei ſpaͤtere Briefe geben uns
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/107>, abgerufen am 16.02.2025.
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