Ich sehe, Sie haben kürzlich Kouriere abgefertigt, -- sagen Sie mir denn doch, ob man diese That Sand's als eine indivi¬ duelle betrachten muß, oder als den ersten Ausbruch einer Dis¬ position, die sich weiter, vielfältiger, und erschütternder äußern wird. Lassen Sie mich doch wissen, wie Sie das Alles ansehn?
Wiesel, wie ich von Gentz höre, ist von Wien abgegangen. -- Ich stelle mir vor, er hat bei Ihnen angesprochen, auf seinem Wege hierher, und vielleicht ist er noch in Ihrer Nähe. In dem Fall sagen Sie ihm doch, die Idee der Ueberkunft aufzu¬ geben. Er wird Zeit und Mühe und Geld verlieren, denn seine Erfindung ist nichts werth.
Meine Töchter sind gesund und wohl, und beschäftigen sich jetzt mit der Erlernung der deutschen Sprache. -- Wer wird denn hierher kommen an Humboldt's Stelle, und was macht dieser? --
Es ist alles hier in England so gespannt, daß einige be¬ deutende Fehler, von der Administration begangen, und sie ist deren fähig -- leicht seriöse Folgen haben könnten. In Amerika ist es anders. Der junge Staatskörper ist dort so voll von na¬ türlicher Lebenskraft, daß selbst Unordnung und ein bischen wüstes Leben ihm nichts anhaben können.
Grüßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich von mir. Diesen Sommer sehn wir uns vielleicht. Lassen Sie mich Ihre wahr¬ scheinlichen Bewegungen kennen, und sagen Sie mir auch, was für Gedanken Sie denn jetzt am meisten beschäftigen. Leben Sie herzlich wohl, und antworten Sie mir prompt, -- ich will auch gewiß ein besserer Korrespondent sein künftig.
E. Bollmann.
Ich ſehe, Sie haben kuͤrzlich Kouriere abgefertigt, — ſagen Sie mir denn doch, ob man dieſe That Sand’s als eine indivi¬ duelle betrachten muß, oder als den erſten Ausbruch einer Dis¬ poſition, die ſich weiter, vielfaͤltiger, und erſchuͤtternder aͤußern wird. Laſſen Sie mich doch wiſſen, wie Sie das Alles anſehn?
Wieſel, wie ich von Gentz hoͤre, iſt von Wien abgegangen. — Ich ſtelle mir vor, er hat bei Ihnen angeſprochen, auf ſeinem Wege hierher, und vielleicht iſt er noch in Ihrer Naͤhe. In dem Fall ſagen Sie ihm doch, die Idee der Ueberkunft aufzu¬ geben. Er wird Zeit und Muͤhe und Geld verlieren, denn ſeine Erfindung iſt nichts werth.
Meine Toͤchter ſind geſund und wohl, und beſchaͤftigen ſich jetzt mit der Erlernung der deutſchen Sprache. — Wer wird denn hierher kommen an Humboldt’s Stelle, und was macht dieſer? —
Es iſt alles hier in England ſo geſpannt, daß einige be¬ deutende Fehler, von der Adminiſtration begangen, und ſie iſt deren faͤhig — leicht ſerioͤſe Folgen haben koͤnnten. In Amerika iſt es anders. Der junge Staatskoͤrper iſt dort ſo voll von na¬ tuͤrlicher Lebenskraft, daß ſelbſt Unordnung und ein bischen wuͤſtes Leben ihm nichts anhaben koͤnnen.
Gruͤßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich von mir. Dieſen Sommer ſehn wir uns vielleicht. Laſſen Sie mich Ihre wahr¬ ſcheinlichen Bewegungen kennen, und ſagen Sie mir auch, was fuͤr Gedanken Sie denn jetzt am meiſten beſchaͤftigen. Leben Sie herzlich wohl, und antworten Sie mir prompt, — ich will auch gewiß ein beſſerer Korreſpondent ſein kuͤnftig.
E. Bollmann.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0147"n="133"/><p>Ich ſehe, Sie haben kuͤrzlich Kouriere abgefertigt, —ſagen<lb/>
Sie mir denn doch, ob man dieſe That Sand’s als eine indivi¬<lb/>
duelle betrachten muß, oder als den erſten Ausbruch einer Dis¬<lb/>
poſition, die ſich weiter, vielfaͤltiger, und erſchuͤtternder aͤußern<lb/>
wird. Laſſen Sie mich doch wiſſen, wie Sie das Alles<lb/>
anſehn?</p><lb/><p>Wieſel, wie ich von Gentz hoͤre, iſt von Wien abgegangen.<lb/>— Ich ſtelle mir vor, er hat bei Ihnen angeſprochen, auf ſeinem<lb/>
Wege hierher, und vielleicht iſt er noch in Ihrer Naͤhe. In<lb/>
dem Fall ſagen Sie ihm doch, die Idee der Ueberkunft aufzu¬<lb/>
geben. Er wird Zeit und Muͤhe und Geld verlieren, denn ſeine<lb/>
Erfindung iſt nichts werth.</p><lb/><p>Meine Toͤchter ſind geſund und wohl, und beſchaͤftigen ſich<lb/>
jetzt mit der Erlernung der deutſchen Sprache. — Wer wird<lb/>
denn hierher kommen an Humboldt’s Stelle, und was macht<lb/>
dieſer? —</p><lb/><p>Es iſt alles hier in England ſo geſpannt, daß einige be¬<lb/>
deutende Fehler, von der Adminiſtration begangen, und ſie iſt<lb/>
deren faͤhig — leicht ſerioͤſe Folgen haben koͤnnten. In Amerika<lb/>
iſt es anders. Der junge Staatskoͤrper iſt dort ſo voll von na¬<lb/>
tuͤrlicher Lebenskraft, daß ſelbſt Unordnung und ein bischen<lb/>
wuͤſtes Leben ihm nichts anhaben koͤnnen.</p><lb/><p>Gruͤßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich von mir. Dieſen<lb/>
Sommer ſehn wir uns vielleicht. Laſſen Sie mich Ihre wahr¬<lb/>ſcheinlichen Bewegungen kennen, und ſagen Sie mir auch, was<lb/>
fuͤr Gedanken Sie denn jetzt am meiſten beſchaͤftigen. Leben Sie<lb/>
herzlich wohl, und antworten Sie mir prompt, — ich will auch<lb/>
gewiß ein beſſerer Korreſpondent ſein kuͤnftig.</p><lb/><prendition="#right">E. Bollmann.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[133/0147]
Ich ſehe, Sie haben kuͤrzlich Kouriere abgefertigt, — ſagen
Sie mir denn doch, ob man dieſe That Sand’s als eine indivi¬
duelle betrachten muß, oder als den erſten Ausbruch einer Dis¬
poſition, die ſich weiter, vielfaͤltiger, und erſchuͤtternder aͤußern
wird. Laſſen Sie mich doch wiſſen, wie Sie das Alles
anſehn?
Wieſel, wie ich von Gentz hoͤre, iſt von Wien abgegangen.
— Ich ſtelle mir vor, er hat bei Ihnen angeſprochen, auf ſeinem
Wege hierher, und vielleicht iſt er noch in Ihrer Naͤhe. In
dem Fall ſagen Sie ihm doch, die Idee der Ueberkunft aufzu¬
geben. Er wird Zeit und Muͤhe und Geld verlieren, denn ſeine
Erfindung iſt nichts werth.
Meine Toͤchter ſind geſund und wohl, und beſchaͤftigen ſich
jetzt mit der Erlernung der deutſchen Sprache. — Wer wird
denn hierher kommen an Humboldt’s Stelle, und was macht
dieſer? —
Es iſt alles hier in England ſo geſpannt, daß einige be¬
deutende Fehler, von der Adminiſtration begangen, und ſie iſt
deren faͤhig — leicht ſerioͤſe Folgen haben koͤnnten. In Amerika
iſt es anders. Der junge Staatskoͤrper iſt dort ſo voll von na¬
tuͤrlicher Lebenskraft, daß ſelbſt Unordnung und ein bischen
wuͤſtes Leben ihm nichts anhaben koͤnnen.
Gruͤßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich von mir. Dieſen
Sommer ſehn wir uns vielleicht. Laſſen Sie mich Ihre wahr¬
ſcheinlichen Bewegungen kennen, und ſagen Sie mir auch, was
fuͤr Gedanken Sie denn jetzt am meiſten beſchaͤftigen. Leben Sie
herzlich wohl, und antworten Sie mir prompt, — ich will auch
gewiß ein beſſerer Korreſpondent ſein kuͤnftig.
E. Bollmann.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/147>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.