Gustav Graf von Schlabrendorf war zu Stettin den 22. März 1750 geboren. Sein Vater, Vice¬ präsident der pommerschen Kriegs- und Domainen¬ kammer daselbst, wurde im Jahre 1755 als dirigirender Minister nach Schlesien versetzt, wo er während des gleich im folgenden Jahre ausgebrochenen siebeniährigen Krieges durch treffliche Anstalten und kräftige Maßregeln zur Behauptung dieser Provinz eifrig mitwirkte, und Friedrichs des Großen Beifall und allgemein ausge¬ zeichneten Ruhm erwarb. Der Sohn, welcher vom fünften Lebensjahre seine Jugend nunmehr in Schlesien verlebte, rechnete deßhalb in der Folge stets mit Vor¬ liebe sich dieser Provinz angehörig. Seine Erziehung war sorgfältig und fruchtbar; auf die häusliche folgte die öffentliche; zum Studium der Rechte bestimmt, be¬ suchte er die Universität zu Frankfurt an der Oder, und nachher die zu Halle. Die gründlichsten Kennt¬ nisse in alten und neuen Sprachen, sowie in mannig¬ fachen Gebieten der Wissenschaft und Kunst, begleiteten ihn bald auf den lebenvollen Schauplatz der großen Er¬ fahrungswelt. In seinem zwanzigsten Jahre verlor er seinen Vater, und die frühe Unabhängigkeit, bei günsti¬ gen Standesverhältnissen und sehr ansehnlichem Ver¬ mögen, erlaubte ihm, seinem regen Triebe nach freiem Forschen und Umherblicken in den verschiedensten Zwei¬ gen des Erkennens und in mannigfachen Lebensräumen ungehemmt zu folgen. Nachdem er Deutschland und
Guſtav Graf von Schlabrendorf war zu Stettin den 22. Maͤrz 1750 geboren. Sein Vater, Vice¬ praͤſident der pommerſchen Kriegs- und Domainen¬ kammer daſelbſt, wurde im Jahre 1755 als dirigirender Miniſter nach Schleſien verſetzt, wo er waͤhrend des gleich im folgenden Jahre ausgebrochenen ſiebeniaͤhrigen Krieges durch treffliche Anſtalten und kraͤftige Maßregeln zur Behauptung dieſer Provinz eifrig mitwirkte, und Friedrichs des Großen Beifall und allgemein ausge¬ zeichneten Ruhm erwarb. Der Sohn, welcher vom fuͤnften Lebensjahre ſeine Jugend nunmehr in Schleſien verlebte, rechnete deßhalb in der Folge ſtets mit Vor¬ liebe ſich dieſer Provinz angehoͤrig. Seine Erziehung war ſorgfaͤltig und fruchtbar; auf die haͤusliche folgte die oͤffentliche; zum Studium der Rechte beſtimmt, be¬ ſuchte er die Univerſitaͤt zu Frankfurt an der Oder, und nachher die zu Halle. Die gruͤndlichſten Kennt¬ niſſe in alten und neuen Sprachen, ſowie in mannig¬ fachen Gebieten der Wiſſenſchaft und Kunſt, begleiteten ihn bald auf den lebenvollen Schauplatz der großen Er¬ fahrungswelt. In ſeinem zwanzigſten Jahre verlor er ſeinen Vater, und die fruͤhe Unabhaͤngigkeit, bei guͤnſti¬ gen Standesverhaͤltniſſen und ſehr anſehnlichem Ver¬ moͤgen, erlaubte ihm, ſeinem regen Triebe nach freiem Forſchen und Umherblicken in den verſchiedenſten Zwei¬ gen des Erkennens und in mannigfachen Lebensraͤumen ungehemmt zu folgen. Nachdem er Deutſchland und
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Guſtav Graf von Schlabrendorf war zu Stettin
den 22. Maͤrz 1750 geboren. Sein Vater, Vice¬
praͤſident der pommerſchen Kriegs- und Domainen¬
kammer daſelbſt, wurde im Jahre 1755 als dirigirender
Miniſter nach Schleſien verſetzt, wo er waͤhrend des
gleich im folgenden Jahre ausgebrochenen ſiebeniaͤhrigen
Krieges durch treffliche Anſtalten und kraͤftige Maßregeln
zur Behauptung dieſer Provinz eifrig mitwirkte, und
Friedrichs des Großen Beifall und allgemein ausge¬
zeichneten Ruhm erwarb. Der Sohn, welcher vom
fuͤnften Lebensjahre ſeine Jugend nunmehr in Schleſien
verlebte, rechnete deßhalb in der Folge ſtets mit Vor¬
liebe ſich dieſer Provinz angehoͤrig. Seine Erziehung
war ſorgfaͤltig und fruchtbar; auf die haͤusliche folgte
die oͤffentliche; zum Studium der Rechte beſtimmt, be¬
ſuchte er die Univerſitaͤt zu Frankfurt an der Oder,
und nachher die zu Halle. Die gruͤndlichſten Kennt¬
niſſe in alten und neuen Sprachen, ſowie in mannig¬
fachen Gebieten der Wiſſenſchaft und Kunſt, begleiteten
ihn bald auf den lebenvollen Schauplatz der großen Er¬
fahrungswelt. In ſeinem zwanzigſten Jahre verlor er
ſeinen Vater, und die fruͤhe Unabhaͤngigkeit, bei guͤnſti¬
gen Standesverhaͤltniſſen und ſehr anſehnlichem Ver¬
moͤgen, erlaubte ihm, ſeinem regen Triebe nach freiem
Forſchen und Umherblicken in den verſchiedenſten Zwei¬
gen des Erkennens und in mannigfachen Lebensraͤumen
ungehemmt zu folgen. Nachdem er Deutſchland und
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/157>, abgerufen am 23.11.2024.
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