Verbindungen, stellt er eines der ausgezeichnetsten Le¬ bensbilder dar, welche sein Zeitalter aus deutscher Hei¬ math in auswärtigen Strömungen zur Erscheinung kommen ließ.
Das die Welt bewegende Ereigniß am Schlusse des achtzehnten Jahrhunderts war die französische Revolution. Alle Staaten und Völker empfanden diese Bewegung, an welcher überall die regsameren Geister Theil nahmen, als wäre sie eine auch ihnen heimische Angelegenheit. Deutsche Kräfte sind zahlreich eingeströmt in jene nach¬ barlichen Bahnen, und durch wirksames Handeln wie durch geistiges Ausbilden, sowohl förderlich als gegnerisch, haben wir von Anfang einen bedeutenden Beitrag zu den Kämpfen und Entwickelungen geliefert, welche später allerdings im vollsten Sinne auch die unsrigen werden mußten. Allein die Verflechtung deutscher Gesinnungen und Schicksale in den Lauf der französischen Revolution behielt fast immer eine besondere Eigenthümlichkeit, in welcher die Merkmale des Ursprungs unverkennbar blie¬ ben, und hieraus entsteht für jene Bezüge ein eigner Reiz, der uns wohl auffordern dürfte, sie näher zu be¬ trachten und zu behandeln. Wir haben ihnen aber bisher nur wenige Aufmerksamkeit gewidmet. Die Geschicht¬ schreibung des Tages sucht sich der großen Begeben¬ heiten und Wandlungen, so gut sie kann, zu bemächti¬ gen, die persönlichen vernachlässigt sie, oder weiß sie nicht aufzufinden. Doch liegt in diesen letztern nicht
Verbindungen, ſtellt er eines der ausgezeichnetſten Le¬ bensbilder dar, welche ſein Zeitalter aus deutſcher Hei¬ math in auswaͤrtigen Stroͤmungen zur Erſcheinung kommen ließ.
Das die Welt bewegende Ereigniß am Schluſſe des achtzehnten Jahrhunderts war die franzoͤſiſche Revolution. Alle Staaten und Voͤlker empfanden dieſe Bewegung, an welcher uͤberall die regſameren Geiſter Theil nahmen, als waͤre ſie eine auch ihnen heimiſche Angelegenheit. Deutſche Kraͤfte ſind zahlreich eingeſtroͤmt in jene nach¬ barlichen Bahnen, und durch wirkſames Handeln wie durch geiſtiges Ausbilden, ſowohl foͤrderlich als gegneriſch, haben wir von Anfang einen bedeutenden Beitrag zu den Kaͤmpfen und Entwickelungen geliefert, welche ſpaͤter allerdings im vollſten Sinne auch die unſrigen werden mußten. Allein die Verflechtung deutſcher Geſinnungen und Schickſale in den Lauf der franzoͤſiſchen Revolution behielt faſt immer eine beſondere Eigenthuͤmlichkeit, in welcher die Merkmale des Urſprungs unverkennbar blie¬ ben, und hieraus entſteht fuͤr jene Bezuͤge ein eigner Reiz, der uns wohl auffordern duͤrfte, ſie naͤher zu be¬ trachten und zu behandeln. Wir haben ihnen aber bisher nur wenige Aufmerkſamkeit gewidmet. Die Geſchicht¬ ſchreibung des Tages ſucht ſich der großen Begeben¬ heiten und Wandlungen, ſo gut ſie kann, zu bemaͤchti¬ gen, die perſoͤnlichen vernachlaͤſſigt ſie, oder weiß ſie nicht aufzufinden. Doch liegt in dieſen letztern nicht
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Verbindungen, ſtellt er eines der ausgezeichnetſten Le¬
bensbilder dar, welche ſein Zeitalter aus deutſcher Hei¬
math in auswaͤrtigen Stroͤmungen zur Erſcheinung
kommen ließ.
Das die Welt bewegende Ereigniß am Schluſſe des
achtzehnten Jahrhunderts war die franzoͤſiſche Revolution.
Alle Staaten und Voͤlker empfanden dieſe Bewegung,
an welcher uͤberall die regſameren Geiſter Theil nahmen,
als waͤre ſie eine auch ihnen heimiſche Angelegenheit.
Deutſche Kraͤfte ſind zahlreich eingeſtroͤmt in jene nach¬
barlichen Bahnen, und durch wirkſames Handeln wie
durch geiſtiges Ausbilden, ſowohl foͤrderlich als gegneriſch,
haben wir von Anfang einen bedeutenden Beitrag zu den
Kaͤmpfen und Entwickelungen geliefert, welche ſpaͤter
allerdings im vollſten Sinne auch die unſrigen werden
mußten. Allein die Verflechtung deutſcher Geſinnungen
und Schickſale in den Lauf der franzoͤſiſchen Revolution
behielt faſt immer eine beſondere Eigenthuͤmlichkeit, in
welcher die Merkmale des Urſprungs unverkennbar blie¬
ben, und hieraus entſteht fuͤr jene Bezuͤge ein eigner
Reiz, der uns wohl auffordern duͤrfte, ſie naͤher zu be¬
trachten und zu behandeln. Wir haben ihnen aber bisher
nur wenige Aufmerkſamkeit gewidmet. Die Geſchicht¬
ſchreibung des Tages ſucht ſich der großen Begeben¬
heiten und Wandlungen, ſo gut ſie kann, zu bemaͤchti¬
gen, die perſoͤnlichen vernachlaͤſſigt ſie, oder weiß ſie
nicht aufzufinden. Doch liegt in dieſen letztern nicht
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/16>, abgerufen am 23.11.2024.
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