Friedrich Wilhelm Neumann, geboren zu Berlin den 8. Januar 1781, war der Sohn eines Kaufmanns, der früh starb und kein Vermögen hinterließ; bald nach¬ her starb auch die Mutter, und der älternlose Knabe kam zu einem Stiefgroßvater, der ein ansehnliches Buch¬ händlergeschäft betrieb. Bis in sein vierzehntes Jahr besuchte er das Gymnasium und machte gute Fortschritte; weil aber die äußern Mittel zur Fortsetzung der Studien fehlten, mußte er sich wider seine Neigung den Han¬ delsgeschäften widmen; ein bedeutendes Haus nahm ihn wohlwollend auf, und während zehn Jahren, die er hier verweilte, erwarb und übte er eine große Geschäfts¬ einsicht, die ihm späterhin auch im Staatsdienste nütz¬ lich wurde. In der Familie wurde er wie ein Sohn des Hauses angesehen, und konnte an allen Vortheilen eines reichen Lebens Theil nehmen. Da jedoch man¬ ches in der Umgebung seinem Sinne widersprach, so gewöhnte er sich früh an schweigsame Zurückgezogenheit
Wilhelm Neumann.
Friedrich Wilhelm Neumann, geboren zu Berlin den 8. Januar 1781, war der Sohn eines Kaufmanns, der fruͤh ſtarb und kein Vermoͤgen hinterließ; bald nach¬ her ſtarb auch die Mutter, und der aͤlternloſe Knabe kam zu einem Stiefgroßvater, der ein anſehnliches Buch¬ haͤndlergeſchaͤft betrieb. Bis in ſein vierzehntes Jahr beſuchte er das Gymnaſium und machte gute Fortſchritte; weil aber die aͤußern Mittel zur Fortſetzung der Studien fehlten, mußte er ſich wider ſeine Neigung den Han¬ delsgeſchaͤften widmen; ein bedeutendes Haus nahm ihn wohlwollend auf, und waͤhrend zehn Jahren, die er hier verweilte, erwarb und uͤbte er eine große Geſchaͤfts¬ einſicht, die ihm ſpaͤterhin auch im Staatsdienſte nuͤtz¬ lich wurde. In der Familie wurde er wie ein Sohn des Hauſes angeſehen, und konnte an allen Vortheilen eines reichen Lebens Theil nehmen. Da jedoch man¬ ches in der Umgebung ſeinem Sinne widerſprach, ſo gewoͤhnte er ſich fruͤh an ſchweigſame Zuruͤckgezogenheit
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Wilhelm Neumann.
Friedrich Wilhelm Neumann, geboren zu Berlin den
8. Januar 1781, war der Sohn eines Kaufmanns,
der fruͤh ſtarb und kein Vermoͤgen hinterließ; bald nach¬
her ſtarb auch die Mutter, und der aͤlternloſe Knabe
kam zu einem Stiefgroßvater, der ein anſehnliches Buch¬
haͤndlergeſchaͤft betrieb. Bis in ſein vierzehntes Jahr
beſuchte er das Gymnaſium und machte gute Fortſchritte;
weil aber die aͤußern Mittel zur Fortſetzung der Studien
fehlten, mußte er ſich wider ſeine Neigung den Han¬
delsgeſchaͤften widmen; ein bedeutendes Haus nahm ihn
wohlwollend auf, und waͤhrend zehn Jahren, die er
hier verweilte, erwarb und uͤbte er eine große Geſchaͤfts¬
einſicht, die ihm ſpaͤterhin auch im Staatsdienſte nuͤtz¬
lich wurde. In der Familie wurde er wie ein Sohn
des Hauſes angeſehen, und konnte an allen Vortheilen
eines reichen Lebens Theil nehmen. Da jedoch man¬
ches in der Umgebung ſeinem Sinne widerſprach, ſo
gewoͤhnte er ſich fruͤh an ſchweigſame Zuruͤckgezogenheit
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. [345]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/359>, abgerufen am 22.11.2024.
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