suchte er, wo nicht Genesung, doch Linderung, in heil¬ samen Bädern und im stillen Kreise der Seinen. Die erneuten Kräfte aber widmete er mit erhöhtem Eifer sogleich wieder seinem Dienstberufe.
Schon im Jahre 1824 äußerte er gegen Freunde im Vertrauen, daß seine Kränklichkeit ihn wohl bald nöthigen würde, seinem Amte zu entsagen, und zwei Jahre später glaubte er, diesen Zeitpunkt wirklich ein¬ treten zu sehen; allein das höchste Zutrauen, welches in ihn gesetzt wurde, und die strenge Pflichtgesinnung, mit der er solches erwiederte, bewogen ihn stets wieder, diesen Schritt noch aufzuschieben, und das Zureden sei¬ ner Freunde wie die öftere Besserung seiner Gesund¬ heitsumstände ließen ihn nach überstandener Unterbrechung jedesmal frischen Muthes die Geschäfte wieder aufnehmen.
In solchem Wechsel war der Sommer des Jahres 1830 herangekommen, und Bernstorff nach abermaligen schweren Leiden in das Bad zu Nenndorf gereist, dessen Gebrauch sich ihm schon, früher wohlthätig erwiesen hatte. Jedoch kaum angelangt, empfing er die rasch auf ein¬ einander folgenden Nachrichten von der in Paris aus¬ gebrochenen neuen Revolution, deren Umfang und Er¬ gebniß mit jedem Tage sich bedeutender darstellte. Der Eindruck dieser zerstörenden Ereignisse wirkte so gewalt¬ sam auf sein Gemüth, daß er auf's neue erkrankte; sein Geist und Wille aber blieben ungebeugt, er vertrieb den heftigen Gichtanfall durch heiße Bäder, und eilte
ſuchte er, wo nicht Geneſung, doch Linderung, in heil¬ ſamen Baͤdern und im ſtillen Kreiſe der Seinen. Die erneuten Kraͤfte aber widmete er mit erhoͤhtem Eifer ſogleich wieder ſeinem Dienſtberufe.
Schon im Jahre 1824 aͤußerte er gegen Freunde im Vertrauen, daß ſeine Kraͤnklichkeit ihn wohl bald noͤthigen wuͤrde, ſeinem Amte zu entſagen, und zwei Jahre ſpaͤter glaubte er, dieſen Zeitpunkt wirklich ein¬ treten zu ſehen; allein das hoͤchſte Zutrauen, welches in ihn geſetzt wurde, und die ſtrenge Pflichtgeſinnung, mit der er ſolches erwiederte, bewogen ihn ſtets wieder, dieſen Schritt noch aufzuſchieben, und das Zureden ſei¬ ner Freunde wie die oͤftere Beſſerung ſeiner Geſund¬ heitsumſtaͤnde ließen ihn nach uͤberſtandener Unterbrechung jedesmal friſchen Muthes die Geſchaͤfte wieder aufnehmen.
In ſolchem Wechſel war der Sommer des Jahres 1830 herangekommen, und Bernſtorff nach abermaligen ſchweren Leiden in das Bad zu Nenndorf gereiſt, deſſen Gebrauch ſich ihm ſchon, fruͤher wohlthaͤtig erwieſen hatte. Jedoch kaum angelangt, empfing er die raſch auf ein¬ einander folgenden Nachrichten von der in Paris aus¬ gebrochenen neuen Revolution, deren Umfang und Er¬ gebniß mit jedem Tage ſich bedeutender darſtellte. Der Eindruck dieſer zerſtoͤrenden Ereigniſſe wirkte ſo gewalt¬ ſam auf ſein Gemuͤth, daß er auf's neue erkrankte; ſein Geiſt und Wille aber blieben ungebeugt, er vertrieb den heftigen Gichtanfall durch heiße Baͤder, und eilte
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ſuchte er, wo nicht Geneſung, doch Linderung, in heil¬
ſamen Baͤdern und im ſtillen Kreiſe der Seinen. Die
erneuten Kraͤfte aber widmete er mit erhoͤhtem Eifer
ſogleich wieder ſeinem Dienſtberufe.
Schon im Jahre 1824 aͤußerte er gegen Freunde
im Vertrauen, daß ſeine Kraͤnklichkeit ihn wohl bald
noͤthigen wuͤrde, ſeinem Amte zu entſagen, und zwei
Jahre ſpaͤter glaubte er, dieſen Zeitpunkt wirklich ein¬
treten zu ſehen; allein das hoͤchſte Zutrauen, welches
in ihn geſetzt wurde, und die ſtrenge Pflichtgeſinnung,
mit der er ſolches erwiederte, bewogen ihn ſtets wieder,
dieſen Schritt noch aufzuſchieben, und das Zureden ſei¬
ner Freunde wie die oͤftere Beſſerung ſeiner Geſund¬
heitsumſtaͤnde ließen ihn nach uͤberſtandener Unterbrechung
jedesmal friſchen Muthes die Geſchaͤfte wieder aufnehmen.
In ſolchem Wechſel war der Sommer des Jahres
1830 herangekommen, und Bernſtorff nach abermaligen
ſchweren Leiden in das Bad zu Nenndorf gereiſt, deſſen
Gebrauch ſich ihm ſchon, fruͤher wohlthaͤtig erwieſen hatte.
Jedoch kaum angelangt, empfing er die raſch auf ein¬
einander folgenden Nachrichten von der in Paris aus¬
gebrochenen neuen Revolution, deren Umfang und Er¬
gebniß mit jedem Tage ſich bedeutender darſtellte. Der
Eindruck dieſer zerſtoͤrenden Ereigniſſe wirkte ſo gewalt¬
ſam auf ſein Gemuͤth, daß er auf's neue erkrankte;
ſein Geiſt und Wille aber blieben ungebeugt, er vertrieb
den heftigen Gichtanfall durch heiße Baͤder, und eilte
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/387>, abgerufen am 24.11.2024.
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