Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.O laßt uns hier die Kniee beugen! Für ihn, für ihn wir Alle zeugen. Denn treuer war kein menschlich Herz. Wohl liebte er den freien Scherz; Doch ward das Ernste, Heil'ge nimmer Geopfert seinem reichen Witze, Und spurlos gleich verschwand der Schimmer Auch seiner hellsten Geistesblitze. Seit ihm der theure Bruder fehlte War ihm des Lebens Reiz erblaßt, Und wer ihn sah, sich nicht verhehlte, Daß schon der Tod sein Herz erfaßt. Denn heiß geschärft war dieser Schmerz, Es hatte tief sein Zwillingsherz Ein giftgetränkter Dolch verletzt, Von falscher Freundeshand gewetzt. 4. Den 24. August 1831. Ob sich mit schon ergrautem Haare
Noch Jünglingsanmuth lieblich paare; Ob tiefe, ernste Seelengröße Von Mitgefühl das Herz entblöße; Ob treuer Freundschaft Heiligthum Sich einen mag mit Heldenruhm: So frage nicht, wer ihn gekannt, Den diese Worte schon genannt. O laßt uns hier die Kniee beugen! Für ihn, für ihn wir Alle zeugen. Denn treuer war kein menſchlich Herz. Wohl liebte er den freien Scherz; Doch ward das Ernſte, Heil'ge nimmer Geopfert ſeinem reichen Witze, Und ſpurlos gleich verſchwand der Schimmer Auch ſeiner hellſten Geiſtesblitze. Seit ihm der theure Bruder fehlte War ihm des Lebens Reiz erblaßt, Und wer ihn ſah, ſich nicht verhehlte, Daß ſchon der Tod ſein Herz erfaßt. Denn heiß geſchärft war dieſer Schmerz, Es hatte tief ſein Zwillingsherz Ein giftgetränkter Dolch verletzt, Von falſcher Freundeshand gewetzt. 4. Den 24. Auguſt 1831. Ob ſich mit ſchon ergrautem Haare
Noch Jünglingsanmuth lieblich paare; Ob tiefe, ernſte Seelengröße Von Mitgefühl das Herz entblöße; Ob treuer Freundſchaft Heiligthum Sich einen mag mit Heldenruhm: So frage nicht, wer ihn gekannt, Den dieſe Worte ſchon genannt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0409" n="395"/> <l>O laßt uns hier die Kniee beugen!</l><lb/> <l>Für ihn, für ihn wir Alle zeugen.</l><lb/> <l>Denn treuer war kein menſchlich Herz.</l><lb/> <l>Wohl liebte er den freien Scherz;</l><lb/> <l>Doch ward das Ernſte, Heil'ge nimmer</l><lb/> <l>Geopfert ſeinem reichen Witze,</l><lb/> <l>Und ſpurlos gleich verſchwand der Schimmer</l><lb/> <l>Auch ſeiner hellſten Geiſtesblitze.</l><lb/> <l>Seit ihm der theure Bruder fehlte</l><lb/> <l>War ihm des Lebens Reiz erblaßt,</l><lb/> <l>Und wer ihn ſah, ſich nicht verhehlte,</l><lb/> <l>Daß ſchon der Tod ſein Herz erfaßt.</l><lb/> <l>Denn heiß geſchärft war dieſer Schmerz,</l><lb/> <l>Es hatte tief ſein Zwillingsherz</l><lb/> <l>Ein giftgetränkter Dolch verletzt,</l><lb/> <l>Von falſcher Freundeshand gewetzt.</l><lb/> </lg> </div> <div n="5"> <head><hi rendition="#b">4</hi>.<lb/></head> <p rendition="#c">Den <hi rendition="#b">24</hi>. Auguſt <hi rendition="#b">1831</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ob ſich mit ſchon ergrautem Haare</l><lb/> <l>Noch Jünglingsanmuth lieblich paare;</l><lb/> <l>Ob tiefe, ernſte Seelengröße</l><lb/> <l>Von Mitgefühl das Herz entblöße;</l><lb/> <l>Ob treuer Freundſchaft Heiligthum</l><lb/> <l>Sich einen mag mit Heldenruhm:</l><lb/> <l>So frage nicht, wer ihn gekannt,</l><lb/> <l>Den dieſe Worte ſchon genannt.</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0409]
O laßt uns hier die Kniee beugen!
Für ihn, für ihn wir Alle zeugen.
Denn treuer war kein menſchlich Herz.
Wohl liebte er den freien Scherz;
Doch ward das Ernſte, Heil'ge nimmer
Geopfert ſeinem reichen Witze,
Und ſpurlos gleich verſchwand der Schimmer
Auch ſeiner hellſten Geiſtesblitze.
Seit ihm der theure Bruder fehlte
War ihm des Lebens Reiz erblaßt,
Und wer ihn ſah, ſich nicht verhehlte,
Daß ſchon der Tod ſein Herz erfaßt.
Denn heiß geſchärft war dieſer Schmerz,
Es hatte tief ſein Zwillingsherz
Ein giftgetränkter Dolch verletzt,
Von falſcher Freundeshand gewetzt.
4.
Den 24. Auguſt 1831.
Ob ſich mit ſchon ergrautem Haare
Noch Jünglingsanmuth lieblich paare;
Ob tiefe, ernſte Seelengröße
Von Mitgefühl das Herz entblöße;
Ob treuer Freundſchaft Heiligthum
Sich einen mag mit Heldenruhm:
So frage nicht, wer ihn gekannt,
Den dieſe Worte ſchon genannt.
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