Inzwischen hat seit einer Reihe von Jahren, durch unsre Anregung, die Aufmerksamkeit in Deutschland für den Angelus Silesius ungemein zugenommen. In Baiern sind zwei Ausgaben des cherubinischen Wan¬ dersmannes, wie auch ein neuer Abdruck der geistlichen Lieder an's Licht getreten. Jedoch haben auch ver¬ schiedene Urtheile sich vernehmen lassen, welche den Sinn für eine so mächtige Erscheinung noch in Unsicherheit und Mißtrauen befangen zeigen, und einen Mangel nicht nur des innern Aufschwunges, sondern auch sogar der gelehrten Einsicht darthun. So hat man unter an¬ dern den Vorwurf pantheistischer Ansichten, der eben so bequem scheint als er meistens leer und grundlos ist, auch hier anbringen wollen. Wir machen dagegen nur auf den Umstand aufmerksam, daß die katholische Kirche schon die ersten Abdrücke des Angelus Silesius geneh¬ migt hat, und daß protestantische Geistliche nicht minder für die Verbreitung desselben thätig gewesen sind. Nur schwächer und zaghafter, nicht strenger, als die katho¬ lischen und protestantischen Theologen jener frühern Zeit, erscheint hier der Eifer unsrer Tage.
Wir lassen aber diesen Gegenstand gerne ruhen, und begnügen uns, diese Blätter fernerhin als eine persön¬ liche Gabe der Liebe, der Freundschaft und der Ver¬ ehrung denen zu widmen, die sich an ihnen ohne Aer¬ gerniß erfreuen und erbauen!
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Inzwiſchen hat ſeit einer Reihe von Jahren, durch unſre Anregung, die Aufmerkſamkeit in Deutſchland fuͤr den Angelus Sileſius ungemein zugenommen. In Baiern ſind zwei Ausgaben des cherubiniſchen Wan¬ dersmannes, wie auch ein neuer Abdruck der geiſtlichen Lieder an’s Licht getreten. Jedoch haben auch ver¬ ſchiedene Urtheile ſich vernehmen laſſen, welche den Sinn fuͤr eine ſo maͤchtige Erſcheinung noch in Unſicherheit und Mißtrauen befangen zeigen, und einen Mangel nicht nur des innern Aufſchwunges, ſondern auch ſogar der gelehrten Einſicht darthun. So hat man unter an¬ dern den Vorwurf pantheiſtiſcher Anſichten, der eben ſo bequem ſcheint als er meiſtens leer und grundlos iſt, auch hier anbringen wollen. Wir machen dagegen nur auf den Umſtand aufmerkſam, daß die katholiſche Kirche ſchon die erſten Abdruͤcke des Angelus Sileſius geneh¬ migt hat, und daß proteſtantiſche Geiſtliche nicht minder fuͤr die Verbreitung deſſelben thaͤtig geweſen ſind. Nur ſchwaͤcher und zaghafter, nicht ſtrenger, als die katho¬ liſchen und proteſtantiſchen Theologen jener fruͤhern Zeit, erſcheint hier der Eifer unſrer Tage.
Wir laſſen aber dieſen Gegenſtand gerne ruhen, und begnuͤgen uns, dieſe Blaͤtter fernerhin als eine perſoͤn¬ liche Gabe der Liebe, der Freundſchaft und der Ver¬ ehrung denen zu widmen, die ſich an ihnen ohne Aer¬ gerniß erfreuen und erbauen!
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Inzwiſchen hat ſeit einer Reihe von Jahren, durch
unſre Anregung, die Aufmerkſamkeit in Deutſchland fuͤr
den Angelus Sileſius ungemein zugenommen. In
Baiern ſind zwei Ausgaben des cherubiniſchen Wan¬
dersmannes, wie auch ein neuer Abdruck der geiſtlichen
Lieder an’s Licht getreten. Jedoch haben auch ver¬
ſchiedene Urtheile ſich vernehmen laſſen, welche den Sinn
fuͤr eine ſo maͤchtige Erſcheinung noch in Unſicherheit
und Mißtrauen befangen zeigen, und einen Mangel
nicht nur des innern Aufſchwunges, ſondern auch ſogar
der gelehrten Einſicht darthun. So hat man unter an¬
dern den Vorwurf pantheiſtiſcher Anſichten, der eben
ſo bequem ſcheint als er meiſtens leer und grundlos iſt,
auch hier anbringen wollen. Wir machen dagegen nur
auf den Umſtand aufmerkſam, daß die katholiſche Kirche
ſchon die erſten Abdruͤcke des Angelus Sileſius geneh¬
migt hat, und daß proteſtantiſche Geiſtliche nicht minder
fuͤr die Verbreitung deſſelben thaͤtig geweſen ſind. Nur
ſchwaͤcher und zaghafter, nicht ſtrenger, als die katho¬
liſchen und proteſtantiſchen Theologen jener fruͤhern Zeit,
erſcheint hier der Eifer unſrer Tage.
Wir laſſen aber dieſen Gegenſtand gerne ruhen, und
begnuͤgen uns, dieſe Blaͤtter fernerhin als eine perſoͤn¬
liche Gabe der Liebe, der Freundſchaft und der Ver¬
ehrung denen zu widmen, die ſich an ihnen ohne Aer¬
gerniß erfreuen und erbauen!
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/417>, abgerufen am 24.11.2024.
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