allerlei Züge anführte, die ihr zum Nachtheil gereichen sollten. Die Untersuchung ihrer Papiere brachte jedoch kein Ergebniß gegen sie; ihre Herkunft und früheren Verhältnisse blieben zweifelhaft. Indeß urtheilte das Gericht in der Vermögenssache zu Gunsten des Hubert Saint-Desire, und Mad. Guachet, um sich den wei¬ tern Ansprüchen und Verfolgungen ihres Gegnes zu entziehen, verließ Mainz und begab sich nach Frankfurt am Main, von wo sie bald nachher in Gesellschaft einer Schweizerin, mit der sie schon in Mainz befreundet gewesen, eine abermalige Reise nach Rußland unter¬ nahm. Dort soll sie mit dieser Gehülfin vereint eine Erziehungsanstalt gegründet haben. Alle weitern Nach¬ richten aber fehlen seitdem; wahrscheinlich hat sie ihren Namen verändert, und ist in der entlegenen Fremde unbekannt und unbeachtet gestorben. Wenigstens ist zu vermuthen, daß sie die Wiederherstellung der Bourbons, wenn dieses Ereigniß noch in ihre Lebenszeit gefallen wäre, eifrigst benutzt haben würde, um neue Hoff¬ nungen und Versuche für ihre Ansprüche damit zu ver¬ knüpfen.
War diese Frau von so merkwürdigen Eigenschaften und Schicksalen nun wirklich eine Tochter des Prinzen von Bourbon-Conti, oder hatte sie nur eine Täuschung gespielt, die jedenfalls eine traurige und unfruchtbare war, und aus der, bei den waltenden Umständen ihre
allerlei Zuͤge anfuͤhrte, die ihr zum Nachtheil gereichen ſollten. Die Unterſuchung ihrer Papiere brachte jedoch kein Ergebniß gegen ſie; ihre Herkunft und fruͤheren Verhaͤltniſſe blieben zweifelhaft. Indeß urtheilte das Gericht in der Vermoͤgensſache zu Gunſten des Hubert Saint-Déſiré, und Mad. Guachet, um ſich den wei¬ tern Anſpruͤchen und Verfolgungen ihres Gegnes zu entziehen, verließ Mainz und begab ſich nach Frankfurt am Main, von wo ſie bald nachher in Geſellſchaft einer Schweizerin, mit der ſie ſchon in Mainz befreundet geweſen, eine abermalige Reiſe nach Rußland unter¬ nahm. Dort ſoll ſie mit dieſer Gehuͤlfin vereint eine Erziehungsanſtalt gegruͤndet haben. Alle weitern Nach¬ richten aber fehlen ſeitdem; wahrſcheinlich hat ſie ihren Namen veraͤndert, und iſt in der entlegenen Fremde unbekannt und unbeachtet geſtorben. Wenigſtens iſt zu vermuthen, daß ſie die Wiederherſtellung der Bourbons, wenn dieſes Ereigniß noch in ihre Lebenszeit gefallen waͤre, eifrigſt benutzt haben wuͤrde, um neue Hoff¬ nungen und Verſuche fuͤr ihre Anſpruͤche damit zu ver¬ knuͤpfen.
War dieſe Frau von ſo merkwuͤrdigen Eigenſchaften und Schickſalen nun wirklich eine Tochter des Prinzen von Bourbon-Conti, oder hatte ſie nur eine Taͤuſchung geſpielt, die jedenfalls eine traurige und unfruchtbare war, und aus der, bei den waltenden Umſtaͤnden ihre
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0468"n="454"/>
allerlei Zuͤge anfuͤhrte, die ihr zum Nachtheil gereichen<lb/>ſollten. Die Unterſuchung ihrer Papiere brachte jedoch<lb/>
kein Ergebniß gegen ſie; ihre Herkunft und fruͤheren<lb/>
Verhaͤltniſſe blieben zweifelhaft. Indeß urtheilte das<lb/>
Gericht in der Vermoͤgensſache zu Gunſten des Hubert<lb/>
Saint-D<hirendition="#aq">é</hi>ſir<hirendition="#aq">é</hi>, und Mad. Guachet, um ſich den wei¬<lb/>
tern Anſpruͤchen und Verfolgungen ihres Gegnes zu<lb/>
entziehen, verließ Mainz und begab ſich nach Frankfurt<lb/>
am Main, von wo ſie bald nachher in Geſellſchaft einer<lb/>
Schweizerin, mit der ſie ſchon in Mainz befreundet<lb/>
geweſen, eine abermalige Reiſe nach Rußland unter¬<lb/>
nahm. Dort ſoll ſie mit dieſer Gehuͤlfin vereint eine<lb/>
Erziehungsanſtalt gegruͤndet haben. Alle weitern Nach¬<lb/>
richten aber fehlen ſeitdem; wahrſcheinlich hat ſie ihren<lb/>
Namen veraͤndert, und iſt in der entlegenen Fremde<lb/>
unbekannt und unbeachtet geſtorben. Wenigſtens iſt zu<lb/>
vermuthen, daß ſie die Wiederherſtellung der Bourbons,<lb/>
wenn dieſes Ereigniß noch in ihre Lebenszeit gefallen<lb/>
waͤre, eifrigſt benutzt haben wuͤrde, um neue Hoff¬<lb/>
nungen und Verſuche fuͤr ihre Anſpruͤche damit zu ver¬<lb/>
knuͤpfen.</p><lb/><p>War dieſe Frau von ſo merkwuͤrdigen Eigenſchaften<lb/>
und Schickſalen nun wirklich eine Tochter des Prinzen<lb/>
von Bourbon-Conti, oder hatte ſie nur eine Taͤuſchung<lb/>
geſpielt, die jedenfalls eine traurige und unfruchtbare<lb/>
war, und aus der, bei den waltenden Umſtaͤnden ihre<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[454/0468]
allerlei Zuͤge anfuͤhrte, die ihr zum Nachtheil gereichen
ſollten. Die Unterſuchung ihrer Papiere brachte jedoch
kein Ergebniß gegen ſie; ihre Herkunft und fruͤheren
Verhaͤltniſſe blieben zweifelhaft. Indeß urtheilte das
Gericht in der Vermoͤgensſache zu Gunſten des Hubert
Saint-Déſiré, und Mad. Guachet, um ſich den wei¬
tern Anſpruͤchen und Verfolgungen ihres Gegnes zu
entziehen, verließ Mainz und begab ſich nach Frankfurt
am Main, von wo ſie bald nachher in Geſellſchaft einer
Schweizerin, mit der ſie ſchon in Mainz befreundet
geweſen, eine abermalige Reiſe nach Rußland unter¬
nahm. Dort ſoll ſie mit dieſer Gehuͤlfin vereint eine
Erziehungsanſtalt gegruͤndet haben. Alle weitern Nach¬
richten aber fehlen ſeitdem; wahrſcheinlich hat ſie ihren
Namen veraͤndert, und iſt in der entlegenen Fremde
unbekannt und unbeachtet geſtorben. Wenigſtens iſt zu
vermuthen, daß ſie die Wiederherſtellung der Bourbons,
wenn dieſes Ereigniß noch in ihre Lebenszeit gefallen
waͤre, eifrigſt benutzt haben wuͤrde, um neue Hoff¬
nungen und Verſuche fuͤr ihre Anſpruͤche damit zu ver¬
knuͤpfen.
War dieſe Frau von ſo merkwuͤrdigen Eigenſchaften
und Schickſalen nun wirklich eine Tochter des Prinzen
von Bourbon-Conti, oder hatte ſie nur eine Taͤuſchung
geſpielt, die jedenfalls eine traurige und unfruchtbare
war, und aus der, bei den waltenden Umſtaͤnden ihre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/468>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.