Kraft ihres Gemüths eigenthümlich auszudrücken. Man wird nicht ohne Rührung die nachstehenden Zeilen lesen, die sich von ihr erhalten haben, werthe Reliquien eines schönen Daseins, so viel uns bekannt die einzigen von ihrer eignen Hand noch übrigen, denn vergebens haben wir nach mehreren Gedichten oder Briefen von ihr an manchen Orten geforscht. Die drei ersten dieser Ge¬ dichte gehörten zu einer größeren Sammlung, die sie "Anfangslieder" genannt hatte. Das vierte, eines mehr weltlichen Inhaltes, schließt sich doch ebenfalls der frommen Betrachtungsweise an, die in den erstern herrscht, und von welcher selbst ihre heitern Launen und Scherze, denen sie auch in Krankheitsleiden ernster Art nicht entsagte, stets beseelt gewesen sein sollen. Diese Gedichte haben sich in den Papieren Rahel's vor¬ gefunden, welche sie in Frankfurt am Main bekommen zu haben scheint.
1.
Jesus.
Lieber arm, als ohne Jesus reich an Pracht und Herrlichkeit; Lieber krank, als fern vom Heiland frisch die ganze Lebenszeit, Ja, viel lieber nie geboren, als von diesem Freund getrennt, Eine Welt bei Ihm verloren, ist Gewinn, wenn man ihn kennt.
2.
In meine Bibel.
Zuschrift aus der Ewigkeit, Brief von sehr gelehrten Händen,
Kraft ihres Gemuͤths eigenthuͤmlich auszudruͤcken. Man wird nicht ohne Ruͤhrung die nachſtehenden Zeilen leſen, die ſich von ihr erhalten haben, werthe Reliquien eines ſchoͤnen Daſeins, ſo viel uns bekannt die einzigen von ihrer eignen Hand noch uͤbrigen, denn vergebens haben wir nach mehreren Gedichten oder Briefen von ihr an manchen Orten geforſcht. Die drei erſten dieſer Ge¬ dichte gehoͤrten zu einer groͤßeren Sammlung, die ſie „Anfangslieder“ genannt hatte. Das vierte, eines mehr weltlichen Inhaltes, ſchließt ſich doch ebenfalls der frommen Betrachtungsweiſe an, die in den erſtern herrſcht, und von welcher ſelbſt ihre heitern Launen und Scherze, denen ſie auch in Krankheitsleiden ernſter Art nicht entſagte, ſtets beſeelt geweſen ſein ſollen. Dieſe Gedichte haben ſich in den Papieren Rahel’s vor¬ gefunden, welche ſie in Frankfurt am Main bekommen zu haben ſcheint.
1.
Jeſus.
Lieber arm, als ohne Jeſus reich an Pracht und Herrlichkeit; Lieber krank, als fern vom Heiland friſch die ganze Lebenszeit, Ja, viel lieber nie geboren, als von dieſem Freund getrennt, Eine Welt bei Ihm verloren, iſt Gewinn, wenn man ihn kennt.
2.
In meine Bibel.
Zuſchrift aus der Ewigkeit, Brief von ſehr gelehrten Haͤnden,
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Kraft ihres Gemuͤths eigenthuͤmlich auszudruͤcken. Man
wird nicht ohne Ruͤhrung die nachſtehenden Zeilen leſen,
die ſich von ihr erhalten haben, werthe Reliquien eines
ſchoͤnen Daſeins, ſo viel uns bekannt die einzigen von
ihrer eignen Hand noch uͤbrigen, denn vergebens haben
wir nach mehreren Gedichten oder Briefen von ihr an
manchen Orten geforſcht. Die drei erſten dieſer Ge¬
dichte gehoͤrten zu einer groͤßeren Sammlung, die ſie
„Anfangslieder“ genannt hatte. Das vierte, eines
mehr weltlichen Inhaltes, ſchließt ſich doch ebenfalls
der frommen Betrachtungsweiſe an, die in den erſtern
herrſcht, und von welcher ſelbſt ihre heitern Launen
und Scherze, denen ſie auch in Krankheitsleiden ernſter
Art nicht entſagte, ſtets beſeelt geweſen ſein ſollen.
Dieſe Gedichte haben ſich in den Papieren Rahel’s vor¬
gefunden, welche ſie in Frankfurt am Main bekommen
zu haben ſcheint.
1.
Jeſus.
Lieber arm, als ohne Jeſus reich an Pracht und Herrlichkeit;
Lieber krank, als fern vom Heiland friſch die ganze Lebenszeit,
Ja, viel lieber nie geboren, als von dieſem Freund getrennt,
Eine Welt bei Ihm verloren, iſt Gewinn, wenn man ihn kennt.
2.
In meine Bibel.
Zuſchrift aus der Ewigkeit,
Brief von ſehr gelehrten Haͤnden,
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/474>, abgerufen am 24.11.2024.
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