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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

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die ich aus meinen Büchern mit einigen seltenen Gaben
sehr erwünscht vermehren konnte. Zu meinem Leidwe¬
sen aber war auch Raumer von dem Reichardt'schen
Kreise ganz befangen, und zwar mit den stärksten Ban¬
den, denn er war heftig verliebt, schon mit der Hoff¬
nung zu heirathen, wie auch später in Erfüllung ging.
Diese Gebundenheit wirkte kühlend auf unser Verhältniß,
und die außerordentliche Gunst Schleiermachers und die
künftige Verschwägerung mit Steffens konnte Raumern
auch sonst in den jüngern Kreisen nicht gegen die schar¬
fen Zweifel und Angriffe schützen, welche Harscher und
Marwitz, deren stolze Strenge im Versagen bis zur
Härte ging, über die Tüchtigkeit und Gründlichkeit sei¬
nes Strebens und Wissens fast mit Feindschaft aus¬
drückten; ihren Liebling gegen diese zu vertheidigen ge¬
lang den Meistern selbst nicht immer, um so weniger
mir, der ich mich seiner stets annahm, während jene
dagegen fest auf ihrem Sinn auch in der Folgezeit ver¬
harrten. Bekker und Przystanowski aber, welche auch
schwer sich zur Anerkennung bequemten, und Raumern
damals gar nicht wollten gelten lassen, mußten in spä¬
terer Zeit seine Anziehungskraft um so stärker erfahren,
indem sie bei näherem Zusammenleben leidenschaftliche
Zuneigung für ihn faßten.

Unter den Ausflügen, die wir in die Landschaft
machten, -- am häufigsten nach Gibichenstein, niemals
nach Passendorf, wo die Menge der Studenten jenseits

die ich aus meinen Buͤchern mit einigen ſeltenen Gaben
ſehr erwuͤnſcht vermehren konnte. Zu meinem Leidwe¬
ſen aber war auch Raumer von dem Reichardt'ſchen
Kreiſe ganz befangen, und zwar mit den ſtaͤrkſten Ban¬
den, denn er war heftig verliebt, ſchon mit der Hoff¬
nung zu heirathen, wie auch ſpaͤter in Erfuͤllung ging.
Dieſe Gebundenheit wirkte kuͤhlend auf unſer Verhaͤltniß,
und die außerordentliche Gunſt Schleiermachers und die
kuͤnftige Verſchwaͤgerung mit Steffens konnte Raumern
auch ſonſt in den juͤngern Kreiſen nicht gegen die ſchar¬
fen Zweifel und Angriffe ſchuͤtzen, welche Harſcher und
Marwitz, deren ſtolze Strenge im Verſagen bis zur
Haͤrte ging, uͤber die Tuͤchtigkeit und Gruͤndlichkeit ſei¬
nes Strebens und Wiſſens faſt mit Feindſchaft aus¬
druͤckten; ihren Liebling gegen dieſe zu vertheidigen ge¬
lang den Meiſtern ſelbſt nicht immer, um ſo weniger
mir, der ich mich ſeiner ſtets annahm, waͤhrend jene
dagegen feſt auf ihrem Sinn auch in der Folgezeit ver¬
harrten. Bekker und Przyſtanowski aber, welche auch
ſchwer ſich zur Anerkennung bequemten, und Raumern
damals gar nicht wollten gelten laſſen, mußten in ſpaͤ¬
terer Zeit ſeine Anziehungskraft um ſo ſtaͤrker erfahren,
indem ſie bei naͤherem Zuſammenleben leidenſchaftliche
Zuneigung fuͤr ihn faßten.

Unter den Ausfluͤgen, die wir in die Landſchaft
machten, — am haͤufigſten nach Gibichenſtein, niemals
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[107/0121] die ich aus meinen Buͤchern mit einigen ſeltenen Gaben ſehr erwuͤnſcht vermehren konnte. Zu meinem Leidwe¬ ſen aber war auch Raumer von dem Reichardt'ſchen Kreiſe ganz befangen, und zwar mit den ſtaͤrkſten Ban¬ den, denn er war heftig verliebt, ſchon mit der Hoff¬ nung zu heirathen, wie auch ſpaͤter in Erfuͤllung ging. Dieſe Gebundenheit wirkte kuͤhlend auf unſer Verhaͤltniß, und die außerordentliche Gunſt Schleiermachers und die kuͤnftige Verſchwaͤgerung mit Steffens konnte Raumern auch ſonſt in den juͤngern Kreiſen nicht gegen die ſchar¬ fen Zweifel und Angriffe ſchuͤtzen, welche Harſcher und Marwitz, deren ſtolze Strenge im Verſagen bis zur Haͤrte ging, uͤber die Tuͤchtigkeit und Gruͤndlichkeit ſei¬ nes Strebens und Wiſſens faſt mit Feindſchaft aus¬ druͤckten; ihren Liebling gegen dieſe zu vertheidigen ge¬ lang den Meiſtern ſelbſt nicht immer, um ſo weniger mir, der ich mich ſeiner ſtets annahm, waͤhrend jene dagegen feſt auf ihrem Sinn auch in der Folgezeit ver¬ harrten. Bekker und Przyſtanowski aber, welche auch ſchwer ſich zur Anerkennung bequemten, und Raumern damals gar nicht wollten gelten laſſen, mußten in ſpaͤ¬ terer Zeit ſeine Anziehungskraft um ſo ſtaͤrker erfahren, indem ſie bei naͤherem Zuſammenleben leidenſchaftliche Zuneigung fuͤr ihn faßten. Unter den Ausfluͤgen, die wir in die Landſchaft machten, — am haͤufigſten nach Gibichenſtein, niemals nach Paſſendorf, wo die Menge der Studenten jenſeits

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/121>, abgerufen am 21.11.2024.