Gegentheil, während ich mich zu ihr zu bekennen meinte, der feste Glauben an die Unsterblichkeit der Seele mir im tiefsten Wesen unerschütterlich fortlebte. So ging es mir auch mit andern Lehrsätzen, bei denen mehr eine geistige Entwickelung, und oft nur eine dialektische Gewandtheit im Spiele war, kaum aber ein wahrhaft religiöser Inhalt zur Sprache kam, daher denn auch dieser für seine anderweitige Entwickelung glücklich frei blieb.
Diese Schleiermacher'schen Predigten waren kaum im Zuge, als uns die Religion auch von einer unge¬ wöhnlichen Seite und in einer ganz besondern Zube¬ reitung nahegelegt und angetragen werden wollte. Za¬ charias Werner hatte seine Weihe der Kraft geschrieben, und Iffland sie in Berlin auf die Bühne gebracht. Der Dichter wollte die Religion, welche an und für sich als unschmackhaft und bitter so häufig nicht mundete, mit Hülfe eines guten Geschmacks, den er hinzumischte, dem Publikum eingeben, und hoffte bei dieser Gele¬ genheit auch seine vorräthigen ästhetischen Gaben nur um so besser an Mann zu bringen. Die Söhne des Thals und das Kreuz an der Ostsee waren schon in diesem Sinne gearbeitet. Ein Schritt weiter, und Luther stand auf der Bühne, wo er in jedem Falle von Wirkung sein mußte; um diese jedoch auf's äußerste zu verstärken, hatte der Verfasser dem tüchtigen und derben protestantischen Helden ein kindisches Beiwerk
Gegentheil, waͤhrend ich mich zu ihr zu bekennen meinte, der feſte Glauben an die Unſterblichkeit der Seele mir im tiefſten Weſen unerſchuͤtterlich fortlebte. So ging es mir auch mit andern Lehrſaͤtzen, bei denen mehr eine geiſtige Entwickelung, und oft nur eine dialektiſche Gewandtheit im Spiele war, kaum aber ein wahrhaft religioͤſer Inhalt zur Sprache kam, daher denn auch dieſer fuͤr ſeine anderweitige Entwickelung gluͤcklich frei blieb.
Dieſe Schleiermacher’ſchen Predigten waren kaum im Zuge, als uns die Religion auch von einer unge¬ woͤhnlichen Seite und in einer ganz beſondern Zube¬ reitung nahegelegt und angetragen werden wollte. Za¬ charias Werner hatte ſeine Weihe der Kraft geſchrieben, und Iffland ſie in Berlin auf die Buͤhne gebracht. Der Dichter wollte die Religion, welche an und fuͤr ſich als unſchmackhaft und bitter ſo haͤufig nicht mundete, mit Huͤlfe eines guten Geſchmacks, den er hinzumiſchte, dem Publikum eingeben, und hoffte bei dieſer Gele¬ genheit auch ſeine vorraͤthigen aͤſthetiſchen Gaben nur um ſo beſſer an Mann zu bringen. Die Soͤhne des Thals und das Kreuz an der Oſtſee waren ſchon in dieſem Sinne gearbeitet. Ein Schritt weiter, und Luther ſtand auf der Buͤhne, wo er in jedem Falle von Wirkung ſein mußte; um dieſe jedoch auf’s aͤußerſte zu verſtaͤrken, hatte der Verfaſſer dem tuͤchtigen und derben proteſtantiſchen Helden ein kindiſches Beiwerk
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Gegentheil, waͤhrend ich mich zu ihr zu bekennen
meinte, der feſte Glauben an die Unſterblichkeit der
Seele mir im tiefſten Weſen unerſchuͤtterlich fortlebte.
So ging es mir auch mit andern Lehrſaͤtzen, bei denen
mehr eine geiſtige Entwickelung, und oft nur eine
dialektiſche Gewandtheit im Spiele war, kaum aber ein
wahrhaft religioͤſer Inhalt zur Sprache kam, daher
denn auch dieſer fuͤr ſeine anderweitige Entwickelung
gluͤcklich frei blieb.
Dieſe Schleiermacher’ſchen Predigten waren kaum
im Zuge, als uns die Religion auch von einer unge¬
woͤhnlichen Seite und in einer ganz beſondern Zube¬
reitung nahegelegt und angetragen werden wollte. Za¬
charias Werner hatte ſeine Weihe der Kraft geſchrieben,
und Iffland ſie in Berlin auf die Buͤhne gebracht.
Der Dichter wollte die Religion, welche an und fuͤr
ſich als unſchmackhaft und bitter ſo haͤufig nicht mundete,
mit Huͤlfe eines guten Geſchmacks, den er hinzumiſchte,
dem Publikum eingeben, und hoffte bei dieſer Gele¬
genheit auch ſeine vorraͤthigen aͤſthetiſchen Gaben nur
um ſo beſſer an Mann zu bringen. Die Soͤhne des
Thals und das Kreuz an der Oſtſee waren ſchon in
dieſem Sinne gearbeitet. Ein Schritt weiter, und
Luther ſtand auf der Buͤhne, wo er in jedem Falle
von Wirkung ſein mußte; um dieſe jedoch auf’s aͤußerſte
zu verſtaͤrken, hatte der Verfaſſer dem tuͤchtigen und
derben proteſtantiſchen Helden ein kindiſches Beiwerk
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/132>, abgerufen am 24.11.2024.
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