Die Kriegsgerüchte und Truppenbewegungen hatten schon den ganzen Sommer mit schwächeren Friedens¬ aussichten abgewechselt, nachdem aber Napoleon durch Stiftung des von ihm abhängigen und offenbar gegen Preußen gerichteten Rheinischen Bundes tief in Deutsch¬ land hinein festen Fuß gefaßt, mußte die Friedens¬ hoffnung völlig schwinden, und in Preußen verlangte alles, was eine Stimme hatte, heftig nach Krieg. Reichardt war nicht der letzte, und versuchte sich in Kriegsliedern, die an den preußischen Grenadier nicht eben vortheilhaft erinnerten, es wurde den Oesterrei¬ chern darin sehr unziemlich vorgehalten, man habe im vorigen Jahre bei Ulm wohl gesehen, daß keine Preußen dort gewesen. Auch Achim von Arnim dichtete eine Anzahl Lieder von politischem Inhalt, und ein Lied auf den Rheinbund, das er mir vorlas, war in der That von glücklichster Tonart und schönster Laune. Preußische Truppen, welche sich allmählig gegen Süden und Westen zogen, waren in und bei Halle zu sehen, und erhöhten das Vertrauen und die Lust zum Kriege. Einige Hitzköpfe geriethen völlig in Wuth, wenn man friedlichen Vergleich noch für möglich halten, oder die Ueberlegenheit der preußischen Kriegsmacht über die französische nicht unbedingt annehmen wollte. Ich erin¬ nere mich, daß ich mit dem Geheimen Rath Schmalz über den Markt ging, und ein andrer Professor ihn mit Neuigkeiten ansprach, daß der Krieg nun entschieden
Die Kriegsgeruͤchte und Truppenbewegungen hatten ſchon den ganzen Sommer mit ſchwaͤcheren Friedens¬ ausſichten abgewechſelt, nachdem aber Napoleon durch Stiftung des von ihm abhaͤngigen und offenbar gegen Preußen gerichteten Rheiniſchen Bundes tief in Deutſch¬ land hinein feſten Fuß gefaßt, mußte die Friedens¬ hoffnung voͤllig ſchwinden, und in Preußen verlangte alles, was eine Stimme hatte, heftig nach Krieg. Reichardt war nicht der letzte, und verſuchte ſich in Kriegsliedern, die an den preußiſchen Grenadier nicht eben vortheilhaft erinnerten, es wurde den Oeſterrei¬ chern darin ſehr unziemlich vorgehalten, man habe im vorigen Jahre bei Ulm wohl geſehen, daß keine Preußen dort geweſen. Auch Achim von Arnim dichtete eine Anzahl Lieder von politiſchem Inhalt, und ein Lied auf den Rheinbund, das er mir vorlas, war in der That von gluͤcklichſter Tonart und ſchoͤnſter Laune. Preußiſche Truppen, welche ſich allmaͤhlig gegen Suͤden und Weſten zogen, waren in und bei Halle zu ſehen, und erhoͤhten das Vertrauen und die Luſt zum Kriege. Einige Hitzkoͤpfe geriethen voͤllig in Wuth, wenn man friedlichen Vergleich noch fuͤr moͤglich halten, oder die Ueberlegenheit der preußiſchen Kriegsmacht uͤber die franzoͤſiſche nicht unbedingt annehmen wollte. Ich erin¬ nere mich, daß ich mit dem Geheimen Rath Schmalz uͤber den Markt ging, und ein andrer Profeſſor ihn mit Neuigkeiten anſprach, daß der Krieg nun entſchieden
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Die Kriegsgeruͤchte und Truppenbewegungen hatten
ſchon den ganzen Sommer mit ſchwaͤcheren Friedens¬
ausſichten abgewechſelt, nachdem aber Napoleon durch
Stiftung des von ihm abhaͤngigen und offenbar gegen
Preußen gerichteten Rheiniſchen Bundes tief in Deutſch¬
land hinein feſten Fuß gefaßt, mußte die Friedens¬
hoffnung voͤllig ſchwinden, und in Preußen verlangte
alles, was eine Stimme hatte, heftig nach Krieg.
Reichardt war nicht der letzte, und verſuchte ſich in
Kriegsliedern, die an den preußiſchen Grenadier nicht
eben vortheilhaft erinnerten, es wurde den Oeſterrei¬
chern darin ſehr unziemlich vorgehalten, man habe im
vorigen Jahre bei Ulm wohl geſehen, daß keine Preußen
dort geweſen. Auch Achim von Arnim dichtete eine
Anzahl Lieder von politiſchem Inhalt, und ein Lied
auf den Rheinbund, das er mir vorlas, war in der
That von gluͤcklichſter Tonart und ſchoͤnſter Laune.
Preußiſche Truppen, welche ſich allmaͤhlig gegen Suͤden
und Weſten zogen, waren in und bei Halle zu ſehen,
und erhoͤhten das Vertrauen und die Luſt zum Kriege.
Einige Hitzkoͤpfe geriethen voͤllig in Wuth, wenn man
friedlichen Vergleich noch fuͤr moͤglich halten, oder die
Ueberlegenheit der preußiſchen Kriegsmacht uͤber die
franzoͤſiſche nicht unbedingt annehmen wollte. Ich erin¬
nere mich, daß ich mit dem Geheimen Rath Schmalz
uͤber den Markt ging, und ein andrer Profeſſor ihn
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/135>, abgerufen am 24.11.2024.
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