seinem Auftreten, noch in keiner Schlacht überwunden worden; dies war die erste, die er verlor, und voll¬ ständig verlor, im offnen Kriegsfelde, eine große Haupt¬ schlacht. Der Erzherzog Karl zuerst entrang dem gewaltig¬ sten Schlachtengewinner der neuern Zeit einen solchen Sieg; und wenn auch späterhin Napoleon wiederholte und größere Niederlagen erleiden mußte, so überließ er doch niemals wieder nur Einem Gegner so ungetheilt den Siegeskranz.
In Berlin, in Schlesien, wo wir durchreisten, war die Begeisterung allgemein; der Zauber der Unbesieg¬ barkeit, durch die jüngsten Glücksfälle erst recht befestigt, war von Napoleon gewichen, man sah die Möglichkeit durch die That; im vollen Siegeslaufe hatte der Wider¬ stand ihn gehemmt; er war geschlagen, sein Heer zer¬ rüttet, auch er konnte zu Grunde gehen, wie er bisher die Andern zu Grunde gerichtet hatte. Ja, wenn man die Landkarte betrachtete, wie tief im feindlichen Lande, und wie entfernt und fast geschieden von Frankreich, er die mißlichste Lage überstehen sollte, so konnte die Hoffnung schimmern, es wende sich mit ihm schon jetzt zum Untergange; und er habe die Worte an seine Soldaten, im Beginne des Krieges, dies solle sein letzter Feldzug in Deutschland sein, sich selber zum Ver¬ hängnisse gesprochen. Wirklich war Tyrol noch im vollen Aufstande, Norddeutschland jeder neuen Bewegung offen, England thätig, Preußen zum Ausbruche geneigt, der
ſeinem Auftreten, noch in keiner Schlacht uͤberwunden worden; dies war die erſte, die er verlor, und voll¬ ſtaͤndig verlor, im offnen Kriegsfelde, eine große Haupt¬ ſchlacht. Der Erzherzog Karl zuerſt entrang dem gewaltig¬ ſten Schlachtengewinner der neuern Zeit einen ſolchen Sieg; und wenn auch ſpaͤterhin Napoleon wiederholte und groͤßere Niederlagen erleiden mußte, ſo uͤberließ er doch niemals wieder nur Einem Gegner ſo ungetheilt den Siegeskranz.
In Berlin, in Schleſien, wo wir durchreiſten, war die Begeiſterung allgemein; der Zauber der Unbeſieg¬ barkeit, durch die juͤngſten Gluͤcksfaͤlle erſt recht befeſtigt, war von Napoleon gewichen, man ſah die Moͤglichkeit durch die That; im vollen Siegeslaufe hatte der Wider¬ ſtand ihn gehemmt; er war geſchlagen, ſein Heer zer¬ ruͤttet, auch er konnte zu Grunde gehen, wie er bisher die Andern zu Grunde gerichtet hatte. Ja, wenn man die Landkarte betrachtete, wie tief im feindlichen Lande, und wie entfernt und faſt geſchieden von Frankreich, er die mißlichſte Lage uͤberſtehen ſollte, ſo konnte die Hoffnung ſchimmern, es wende ſich mit ihm ſchon jetzt zum Untergange; und er habe die Worte an ſeine Soldaten, im Beginne des Krieges, dies ſolle ſein letzter Feldzug in Deutſchland ſein, ſich ſelber zum Ver¬ haͤngniſſe geſprochen. Wirklich war Tyrol noch im vollen Aufſtande, Norddeutſchland jeder neuen Bewegung offen, England thaͤtig, Preußen zum Ausbruche geneigt, der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0194"n="180"/>ſeinem Auftreten, noch in keiner Schlacht uͤberwunden<lb/>
worden; dies war die erſte, die er verlor, und voll¬<lb/>ſtaͤndig verlor, im offnen Kriegsfelde, eine große Haupt¬<lb/>ſchlacht. Der Erzherzog Karl zuerſt entrang dem gewaltig¬<lb/>ſten Schlachtengewinner der neuern Zeit einen ſolchen<lb/>
Sieg; und wenn auch ſpaͤterhin Napoleon wiederholte<lb/>
und groͤßere Niederlagen erleiden mußte, ſo uͤberließ er<lb/>
doch niemals wieder nur Einem Gegner ſo ungetheilt<lb/>
den Siegeskranz.</p><lb/><p>In Berlin, in Schleſien, wo wir durchreiſten, war<lb/>
die Begeiſterung allgemein; der Zauber der Unbeſieg¬<lb/>
barkeit, durch die juͤngſten Gluͤcksfaͤlle erſt recht befeſtigt,<lb/>
war von Napoleon gewichen, man ſah die Moͤglichkeit<lb/>
durch die That; im vollen Siegeslaufe hatte der Wider¬<lb/>ſtand ihn gehemmt; er war geſchlagen, ſein Heer zer¬<lb/>
ruͤttet, auch er konnte zu Grunde gehen, wie er bisher<lb/>
die Andern zu Grunde gerichtet hatte. Ja, wenn man<lb/>
die Landkarte betrachtete, wie tief im feindlichen Lande,<lb/>
und wie entfernt und faſt geſchieden von Frankreich,<lb/>
er die mißlichſte Lage uͤberſtehen ſollte, ſo konnte die<lb/>
Hoffnung ſchimmern, es wende ſich mit ihm ſchon jetzt<lb/>
zum Untergange; und er habe die Worte an ſeine<lb/>
Soldaten, im Beginne des Krieges, dies ſolle ſein<lb/>
letzter Feldzug in Deutſchland ſein, ſich ſelber zum Ver¬<lb/>
haͤngniſſe geſprochen. Wirklich war Tyrol noch im vollen<lb/>
Aufſtande, Norddeutſchland jeder neuen Bewegung offen,<lb/>
England thaͤtig, Preußen zum Ausbruche geneigt, der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[180/0194]
ſeinem Auftreten, noch in keiner Schlacht uͤberwunden
worden; dies war die erſte, die er verlor, und voll¬
ſtaͤndig verlor, im offnen Kriegsfelde, eine große Haupt¬
ſchlacht. Der Erzherzog Karl zuerſt entrang dem gewaltig¬
ſten Schlachtengewinner der neuern Zeit einen ſolchen
Sieg; und wenn auch ſpaͤterhin Napoleon wiederholte
und groͤßere Niederlagen erleiden mußte, ſo uͤberließ er
doch niemals wieder nur Einem Gegner ſo ungetheilt
den Siegeskranz.
In Berlin, in Schleſien, wo wir durchreiſten, war
die Begeiſterung allgemein; der Zauber der Unbeſieg¬
barkeit, durch die juͤngſten Gluͤcksfaͤlle erſt recht befeſtigt,
war von Napoleon gewichen, man ſah die Moͤglichkeit
durch die That; im vollen Siegeslaufe hatte der Wider¬
ſtand ihn gehemmt; er war geſchlagen, ſein Heer zer¬
ruͤttet, auch er konnte zu Grunde gehen, wie er bisher
die Andern zu Grunde gerichtet hatte. Ja, wenn man
die Landkarte betrachtete, wie tief im feindlichen Lande,
und wie entfernt und faſt geſchieden von Frankreich,
er die mißlichſte Lage uͤberſtehen ſollte, ſo konnte die
Hoffnung ſchimmern, es wende ſich mit ihm ſchon jetzt
zum Untergange; und er habe die Worte an ſeine
Soldaten, im Beginne des Krieges, dies ſolle ſein
letzter Feldzug in Deutſchland ſein, ſich ſelber zum Ver¬
haͤngniſſe geſprochen. Wirklich war Tyrol noch im vollen
Aufſtande, Norddeutſchland jeder neuen Bewegung offen,
England thaͤtig, Preußen zum Ausbruche geneigt, der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/194>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.