zu verrichten, welche der Tag erforderte, am meisten aber mit Exerziren. Vom frühen Morgen an wurden kleinere und größere Abtheilungen eingeübt; denn die erlittenen starken Verluste waren durch junge Mannschaft ersetzt worden, welche nun eilig ausgebildet werden sollte. Diese fleißigen Uebungen, und die Pünktlichkeit, mit welcher die mannigfachen Dienstverrichtungen nach eingetheilter Zeitfolge wechselten, gab der kriegerischen Bewegung einen Anschein ruhiger Friedensordnung. Dreimal täglich traten die Regimenter herkömmlich zum Gebet in's Gewehr; immer auf's neue berief der Trom¬ melschlag die Feldwebel und Korporale zum Anhören der auszutheilenden Befehle; wurde Vergatterung geschla¬ gen, so war im Augenblicke die unabsehbare Front schweigsam aufgestellt; die zahlreichen Lagerwachen hiel¬ ten vorwärts ihre Postenkette besetzt, und nur mit einbrechender Dunkelheit unterbrach ihr wechselseitiger Zuruf die große Stille. Die Truppen lagen sämmtlich unter freiem Himmel; aus der Mitte jedes Regiments erhob sich nur Ein Zelt, welches als Feldkapelle für den Gottesdienst bestimmt war, zugleich aber dem Ober¬ sten einen bedeckten Raum darbot; alle übrigen Offi¬ ziere, wie die Gemeinen, begnügten sich mit Erdgruben, denen etwan ein Dach von Rasen und Laubgezweig das Ansehn von Hütten und einigen Schutz gegen das Wetter lieh. Betrachtete man dieses Kriegsvolk in seiner ausdruckvollen Kräftigkeit, gelassenen Bewegung,
zu verrichten, welche der Tag erforderte, am meiſten aber mit Exerziren. Vom fruͤhen Morgen an wurden kleinere und groͤßere Abtheilungen eingeuͤbt; denn die erlittenen ſtarken Verluſte waren durch junge Mannſchaft erſetzt worden, welche nun eilig ausgebildet werden ſollte. Dieſe fleißigen Uebungen, und die Puͤnktlichkeit, mit welcher die mannigfachen Dienſtverrichtungen nach eingetheilter Zeitfolge wechſelten, gab der kriegeriſchen Bewegung einen Anſchein ruhiger Friedensordnung. Dreimal taͤglich traten die Regimenter herkoͤmmlich zum Gebet in’s Gewehr; immer auf’s neue berief der Trom¬ melſchlag die Feldwebel und Korporale zum Anhoͤren der auszutheilenden Befehle; wurde Vergatterung geſchla¬ gen, ſo war im Augenblicke die unabſehbare Front ſchweigſam aufgeſtellt; die zahlreichen Lagerwachen hiel¬ ten vorwaͤrts ihre Poſtenkette beſetzt, und nur mit einbrechender Dunkelheit unterbrach ihr wechſelſeitiger Zuruf die große Stille. Die Truppen lagen ſaͤmmtlich unter freiem Himmel; aus der Mitte jedes Regiments erhob ſich nur Ein Zelt, welches als Feldkapelle fuͤr den Gottesdienſt beſtimmt war, zugleich aber dem Ober¬ ſten einen bedeckten Raum darbot; alle uͤbrigen Offi¬ ziere, wie die Gemeinen, begnuͤgten ſich mit Erdgruben, denen etwan ein Dach von Raſen und Laubgezweig das Anſehn von Huͤtten und einigen Schutz gegen das Wetter lieh. Betrachtete man dieſes Kriegsvolk in ſeiner ausdruckvollen Kraͤftigkeit, gelaſſenen Bewegung,
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[189/0203]
zu verrichten, welche der Tag erforderte, am meiſten
aber mit Exerziren. Vom fruͤhen Morgen an wurden
kleinere und groͤßere Abtheilungen eingeuͤbt; denn die
erlittenen ſtarken Verluſte waren durch junge Mannſchaft
erſetzt worden, welche nun eilig ausgebildet werden
ſollte. Dieſe fleißigen Uebungen, und die Puͤnktlichkeit,
mit welcher die mannigfachen Dienſtverrichtungen nach
eingetheilter Zeitfolge wechſelten, gab der kriegeriſchen
Bewegung einen Anſchein ruhiger Friedensordnung.
Dreimal taͤglich traten die Regimenter herkoͤmmlich zum
Gebet in’s Gewehr; immer auf’s neue berief der Trom¬
melſchlag die Feldwebel und Korporale zum Anhoͤren
der auszutheilenden Befehle; wurde Vergatterung geſchla¬
gen, ſo war im Augenblicke die unabſehbare Front
ſchweigſam aufgeſtellt; die zahlreichen Lagerwachen hiel¬
ten vorwaͤrts ihre Poſtenkette beſetzt, und nur mit
einbrechender Dunkelheit unterbrach ihr wechſelſeitiger
Zuruf die große Stille. Die Truppen lagen ſaͤmmtlich
unter freiem Himmel; aus der Mitte jedes Regiments
erhob ſich nur Ein Zelt, welches als Feldkapelle fuͤr
den Gottesdienſt beſtimmt war, zugleich aber dem Ober¬
ſten einen bedeckten Raum darbot; alle uͤbrigen Offi¬
ziere, wie die Gemeinen, begnuͤgten ſich mit Erdgruben,
denen etwan ein Dach von Raſen und Laubgezweig
das Anſehn von Huͤtten und einigen Schutz gegen das
Wetter lieh. Betrachtete man dieſes Kriegsvolk in
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/203>, abgerufen am 27.11.2024.
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