dem Bajonet an. Diese halten standhaft aus und strecken den mehrmals herandringenden Feind auf hun¬ dert Schritt mit einem mörderischen Gewehrfeuer nieder, während die Grenadierbataillone Porter und Leiningen eben so die feindliche Reiterei durch muthiges Entgegen¬ gehen abweisen und zurückwerfen. Eine feindliche Schaar gelangt bis an die Bajonete des Bataillons Georgi, und verliert daselbst seinen Anführer, der vom Pferde gerissen und gefangen wird, und in der österreichischen Masse noch zwei Angriffe seiner Reiter und ein unauf¬ hörliches Kanonenfeuer aushalten muß. Der Oberst¬ lieutenant Graf von Leiningen nimmt persönlich vor der Fronte seines Bataillons einen französischen Stabsoffizier gefangen.
Allein der Kaiser Napoleon hatte bereits einen neuen Rückhalt herangezogen. "Das Geschütz der Garde soll vorrücken," rief er, und 60 Kanonen, befehligt von den Obersten Drouot und Daboville, werden von jen¬ seits Rasdorf herbeigeholt, 40 andre schließen sich an, sie fahren im schrecklichsten Feuer der Oesterreicher auf halbe Schußweite auf, und aus diesen 100 Stücken, deren Reihe fast eine Viertelmeile einnimmt, sprüht ein Regen von Kugeln, Haubitzgranaten und Kartätschen, wie niemand einen ähnlichen erlebt zu haben meint; die Massen der Oesterreicher werden gelichtet, ihr Ge¬ schütz zusammengeschossen; mehrere Bataillone stürmen wiederholt in dieses mörderische Feuer, sie suchen die
dem Bajonet an. Dieſe halten ſtandhaft aus und ſtrecken den mehrmals herandringenden Feind auf hun¬ dert Schritt mit einem moͤrderiſchen Gewehrfeuer nieder, waͤhrend die Grenadierbataillone Porter und Leiningen eben ſo die feindliche Reiterei durch muthiges Entgegen¬ gehen abweiſen und zuruͤckwerfen. Eine feindliche Schaar gelangt bis an die Bajonete des Bataillons Georgi, und verliert daſelbſt ſeinen Anfuͤhrer, der vom Pferde geriſſen und gefangen wird, und in der oͤſterreichiſchen Maſſe noch zwei Angriffe ſeiner Reiter und ein unauf¬ hoͤrliches Kanonenfeuer aushalten muß. Der Oberſt¬ lieutenant Graf von Leiningen nimmt perſoͤnlich vor der Fronte ſeines Bataillons einen franzoͤſiſchen Stabsoffizier gefangen.
Allein der Kaiſer Napoleon hatte bereits einen neuen Ruͤckhalt herangezogen. „Das Geſchuͤtz der Garde ſoll vorruͤcken,“ rief er, und 60 Kanonen, befehligt von den Oberſten Drouot und Daboville, werden von jen¬ ſeits Rasdorf herbeigeholt, 40 andre ſchließen ſich an, ſie fahren im ſchrecklichſten Feuer der Oeſterreicher auf halbe Schußweite auf, und aus dieſen 100 Stuͤcken, deren Reihe faſt eine Viertelmeile einnimmt, ſpruͤht ein Regen von Kugeln, Haubitzgranaten und Kartaͤtſchen, wie niemand einen aͤhnlichen erlebt zu haben meint; die Maſſen der Oeſterreicher werden gelichtet, ihr Ge¬ ſchuͤtz zuſammengeſchoſſen; mehrere Bataillone ſtuͤrmen wiederholt in dieſes moͤrderiſche Feuer, ſie ſuchen die
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dem Bajonet an. Dieſe halten ſtandhaft aus und
ſtrecken den mehrmals herandringenden Feind auf hun¬
dert Schritt mit einem moͤrderiſchen Gewehrfeuer nieder,
waͤhrend die Grenadierbataillone Porter und Leiningen
eben ſo die feindliche Reiterei durch muthiges Entgegen¬
gehen abweiſen und zuruͤckwerfen. Eine feindliche Schaar
gelangt bis an die Bajonete des Bataillons Georgi,
und verliert daſelbſt ſeinen Anfuͤhrer, der vom Pferde
geriſſen und gefangen wird, und in der oͤſterreichiſchen
Maſſe noch zwei Angriffe ſeiner Reiter und ein unauf¬
hoͤrliches Kanonenfeuer aushalten muß. Der Oberſt¬
lieutenant Graf von Leiningen nimmt perſoͤnlich vor der
Fronte ſeines Bataillons einen franzoͤſiſchen Stabsoffizier
gefangen.
Allein der Kaiſer Napoleon hatte bereits einen neuen
Ruͤckhalt herangezogen. „Das Geſchuͤtz der Garde ſoll
vorruͤcken,“ rief er, und 60 Kanonen, befehligt von
den Oberſten Drouot und Daboville, werden von jen¬
ſeits Rasdorf herbeigeholt, 40 andre ſchließen ſich an,
ſie fahren im ſchrecklichſten Feuer der Oeſterreicher auf
halbe Schußweite auf, und aus dieſen 100 Stuͤcken,
deren Reihe faſt eine Viertelmeile einnimmt, ſpruͤht ein
Regen von Kugeln, Haubitzgranaten und Kartaͤtſchen,
wie niemand einen aͤhnlichen erlebt zu haben meint;
die Maſſen der Oeſterreicher werden gelichtet, ihr Ge¬
ſchuͤtz zuſammengeſchoſſen; mehrere Bataillone ſtuͤrmen
wiederholt in dieſes moͤrderiſche Feuer, ſie ſuchen die
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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