befand sich eine Bühne für die Musiker, zu der aber nur mittelst einer äußern Treppe zu gelangen war; der Hauptausgang des Saales, ein prächtiges Portal, eröff¬ nete sich in der Mitte des Vorgrundes, und führte über mehrere breit- und wohlgelegte Stufen in den Garten hinab, dessen nächster Raum hier auch für das Aus- und Einströmen einer großen Menschenmenge gehörig erweitert und eingerichtet war.
Für Pracht und Bequemlichkeit, für Ordnung und Angemessenheit, war von allen Seiten bestens Sorge getragen, und nichts versäumt, was dem Feste zur Auszeichnung dienen konnte. Im Gefühle jedoch, daß hier einmal, mitten in Paris und vor den Augen Na¬ poleons, auch die Deutschheit sich in voller Gültigkeit dürfe sehen lassen, hatte Jemand den Einfall gehabt, da doch über dem Portal des Saales billig eine Inschrift Platz finde, so müsse der Nationalstolz darauf bestehen, daß sie in deutscher Sprache verfaßt sei, und wenn sich die Franzosen darüber wundern und ärgern wollten, so möchten sie es thun, denn sie dürften es doch nicht allzu laut werden lassen, da es die Sprache der Kaiserin sei, die man anwende, und die österreichische Botschaft gewiß das Recht habe, bei einem jener zu Ehren gege¬ benen Feste ihr, wie die Bilder, so auch die Sprache der Heimath zu vergegenwärtigen. Dies fand allseitige Zustimmung, und noch am letzten Tage wurde die Hand ans Werk gelegt. Für zwei Zeilen war der
befand ſich eine Buͤhne fuͤr die Muſiker, zu der aber nur mittelſt einer aͤußern Treppe zu gelangen war; der Hauptausgang des Saales, ein praͤchtiges Portal, eroͤff¬ nete ſich in der Mitte des Vorgrundes, und fuͤhrte uͤber mehrere breit- und wohlgelegte Stufen in den Garten hinab, deſſen naͤchſter Raum hier auch fuͤr das Aus- und Einſtroͤmen einer großen Menſchenmenge gehoͤrig erweitert und eingerichtet war.
Fuͤr Pracht und Bequemlichkeit, fuͤr Ordnung und Angemeſſenheit, war von allen Seiten beſtens Sorge getragen, und nichts verſaͤumt, was dem Feſte zur Auszeichnung dienen konnte. Im Gefuͤhle jedoch, daß hier einmal, mitten in Paris und vor den Augen Na¬ poleons, auch die Deutſchheit ſich in voller Guͤltigkeit duͤrfe ſehen laſſen, hatte Jemand den Einfall gehabt, da doch uͤber dem Portal des Saales billig eine Inſchrift Platz finde, ſo muͤſſe der Nationalſtolz darauf beſtehen, daß ſie in deutſcher Sprache verfaßt ſei, und wenn ſich die Franzoſen daruͤber wundern und aͤrgern wollten, ſo moͤchten ſie es thun, denn ſie duͤrften es doch nicht allzu laut werden laſſen, da es die Sprache der Kaiſerin ſei, die man anwende, und die oͤſterreichiſche Botſchaft gewiß das Recht habe, bei einem jener zu Ehren gege¬ benen Feſte ihr, wie die Bilder, ſo auch die Sprache der Heimath zu vergegenwaͤrtigen. Dies fand allſeitige Zuſtimmung, und noch am letzten Tage wurde die Hand ans Werk gelegt. Fuͤr zwei Zeilen war der
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befand ſich eine Buͤhne fuͤr die Muſiker, zu der aber
nur mittelſt einer aͤußern Treppe zu gelangen war; der
Hauptausgang des Saales, ein praͤchtiges Portal, eroͤff¬
nete ſich in der Mitte des Vorgrundes, und fuͤhrte
uͤber mehrere breit- und wohlgelegte Stufen in den
Garten hinab, deſſen naͤchſter Raum hier auch fuͤr das
Aus- und Einſtroͤmen einer großen Menſchenmenge
gehoͤrig erweitert und eingerichtet war.
Fuͤr Pracht und Bequemlichkeit, fuͤr Ordnung und
Angemeſſenheit, war von allen Seiten beſtens Sorge
getragen, und nichts verſaͤumt, was dem Feſte zur
Auszeichnung dienen konnte. Im Gefuͤhle jedoch, daß
hier einmal, mitten in Paris und vor den Augen Na¬
poleons, auch die Deutſchheit ſich in voller Guͤltigkeit
duͤrfe ſehen laſſen, hatte Jemand den Einfall gehabt,
da doch uͤber dem Portal des Saales billig eine Inſchrift
Platz finde, ſo muͤſſe der Nationalſtolz darauf beſtehen,
daß ſie in deutſcher Sprache verfaßt ſei, und wenn ſich
die Franzoſen daruͤber wundern und aͤrgern wollten, ſo
moͤchten ſie es thun, denn ſie duͤrften es doch nicht
allzu laut werden laſſen, da es die Sprache der Kaiſerin
ſei, die man anwende, und die oͤſterreichiſche Botſchaft
gewiß das Recht habe, bei einem jener zu Ehren gege¬
benen Feſte ihr, wie die Bilder, ſo auch die Sprache
der Heimath zu vergegenwaͤrtigen. Dies fand allſeitige
Zuſtimmung, und noch am letzten Tage wurde die
Hand ans Werk gelegt. Fuͤr zwei Zeilen war der
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/278>, abgerufen am 22.11.2024.
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