die Galerie ihre Flüchtenden schon größtentheils in den Garten entlassen, der Zugang war durch Menschen nicht mehr versperrt, allein der ganze Saal stand in heller Gluth, während an dem Portale noch ein furchtbares Fluchtgedränge wogte, das unter entsetzlichem Weh- und Angstgeschrei mit gewaltsamer Eile in den Garten abstürzte, während von innen die Flammen jeden Mo¬ ment in verstärkter Wuth nach ihrer Beute griffen, glühende Rauchwolken wirbelnd aufstiegen, schwere Kron¬ leuchter prasselnd niederfielen, Latten, Bretter und Balken brennend übereinander stürzten, und der ganze Raum nur Gluth und Zerstörung zeigte. Das in der Sommerhitze viele Tage hindurch ausgedörrte Holz, die feuerfangenden Stoffe aller Art, die Farbenfirnisse, die Bekleidungen, Alles brannte wie vorbereitet zum Lust¬ feuer, die Eimer Wassers, die man hineingoß, zerstiebten augenblicklich in Dämpfe, und überall fand die Gluth Nahrung, nirgends Einhalt. Kein Gedanke an Hülfe, an Rettung, konnte hier aufkommen. Schneller, als hier es sich lesen läßt, war Alles geschehen, und in den paar Augenblicken, die ich zum Heraneilen und Hineinschauen im Fluge verwendete, liefen auch über mir selbst die Flammen an der Decke der Galerie schon weit hinaus, fielen in meinem Rücken schon brennende Draperien, Lampen und Leuchter herab, und ich durfte nicht säumen, ehe der Weg versperrt wurde, in den Garten zu entkommen.
18 *
die Galerie ihre Fluͤchtenden ſchon groͤßtentheils in den Garten entlaſſen, der Zugang war durch Menſchen nicht mehr verſperrt, allein der ganze Saal ſtand in heller Gluth, waͤhrend an dem Portale noch ein furchtbares Fluchtgedraͤnge wogte, das unter entſetzlichem Weh- und Angſtgeſchrei mit gewaltſamer Eile in den Garten abſtuͤrzte, waͤhrend von innen die Flammen jeden Mo¬ ment in verſtaͤrkter Wuth nach ihrer Beute griffen, gluͤhende Rauchwolken wirbelnd aufſtiegen, ſchwere Kron¬ leuchter praſſelnd niederfielen, Latten, Bretter und Balken brennend uͤbereinander ſtuͤrzten, und der ganze Raum nur Gluth und Zerſtoͤrung zeigte. Das in der Sommerhitze viele Tage hindurch ausgedoͤrrte Holz, die feuerfangenden Stoffe aller Art, die Farbenfirniſſe, die Bekleidungen, Alles brannte wie vorbereitet zum Luſt¬ feuer, die Eimer Waſſers, die man hineingoß, zerſtiebten augenblicklich in Daͤmpfe, und uͤberall fand die Gluth Nahrung, nirgends Einhalt. Kein Gedanke an Huͤlfe, an Rettung, konnte hier aufkommen. Schneller, als hier es ſich leſen laͤßt, war Alles geſchehen, und in den paar Augenblicken, die ich zum Heraneilen und Hineinſchauen im Fluge verwendete, liefen auch uͤber mir ſelbſt die Flammen an der Decke der Galerie ſchon weit hinaus, fielen in meinem Ruͤcken ſchon brennende Draperien, Lampen und Leuchter herab, und ich durfte nicht ſaͤumen, ehe der Weg verſperrt wurde, in den Garten zu entkommen.
18 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0289"n="275"/>
die Galerie ihre Fluͤchtenden ſchon groͤßtentheils in den<lb/>
Garten entlaſſen, der Zugang war durch Menſchen nicht<lb/>
mehr verſperrt, allein der ganze Saal ſtand in heller<lb/>
Gluth, waͤhrend an dem Portale noch ein furchtbares<lb/>
Fluchtgedraͤnge wogte, das unter entſetzlichem Weh-<lb/>
und Angſtgeſchrei mit gewaltſamer Eile in den Garten<lb/>
abſtuͤrzte, waͤhrend von innen die Flammen jeden Mo¬<lb/>
ment in verſtaͤrkter Wuth nach ihrer Beute griffen,<lb/>
gluͤhende Rauchwolken wirbelnd aufſtiegen, ſchwere Kron¬<lb/>
leuchter praſſelnd niederfielen, Latten, Bretter und<lb/>
Balken brennend uͤbereinander ſtuͤrzten, und der ganze<lb/>
Raum nur Gluth und Zerſtoͤrung zeigte. Das in der<lb/>
Sommerhitze viele Tage hindurch ausgedoͤrrte Holz, die<lb/>
feuerfangenden Stoffe aller Art, die Farbenfirniſſe, die<lb/>
Bekleidungen, Alles brannte wie vorbereitet zum Luſt¬<lb/>
feuer, die Eimer Waſſers, die man hineingoß, zerſtiebten<lb/>
augenblicklich in Daͤmpfe, und uͤberall fand die Gluth<lb/>
Nahrung, nirgends Einhalt. Kein Gedanke an Huͤlfe,<lb/>
an Rettung, konnte hier aufkommen. Schneller, als<lb/>
hier es ſich leſen laͤßt, war Alles geſchehen, und in<lb/>
den paar Augenblicken, die ich zum Heraneilen und<lb/>
Hineinſchauen im Fluge verwendete, liefen auch uͤber<lb/>
mir ſelbſt die Flammen an der Decke der Galerie ſchon<lb/>
weit hinaus, fielen in meinem Ruͤcken ſchon brennende<lb/>
Draperien, Lampen und Leuchter herab, und ich durfte<lb/>
nicht ſaͤumen, ehe der Weg verſperrt wurde, in den<lb/>
Garten zu entkommen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">18</hi> *<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[275/0289]
die Galerie ihre Fluͤchtenden ſchon groͤßtentheils in den
Garten entlaſſen, der Zugang war durch Menſchen nicht
mehr verſperrt, allein der ganze Saal ſtand in heller
Gluth, waͤhrend an dem Portale noch ein furchtbares
Fluchtgedraͤnge wogte, das unter entſetzlichem Weh-
und Angſtgeſchrei mit gewaltſamer Eile in den Garten
abſtuͤrzte, waͤhrend von innen die Flammen jeden Mo¬
ment in verſtaͤrkter Wuth nach ihrer Beute griffen,
gluͤhende Rauchwolken wirbelnd aufſtiegen, ſchwere Kron¬
leuchter praſſelnd niederfielen, Latten, Bretter und
Balken brennend uͤbereinander ſtuͤrzten, und der ganze
Raum nur Gluth und Zerſtoͤrung zeigte. Das in der
Sommerhitze viele Tage hindurch ausgedoͤrrte Holz, die
feuerfangenden Stoffe aller Art, die Farbenfirniſſe, die
Bekleidungen, Alles brannte wie vorbereitet zum Luſt¬
feuer, die Eimer Waſſers, die man hineingoß, zerſtiebten
augenblicklich in Daͤmpfe, und uͤberall fand die Gluth
Nahrung, nirgends Einhalt. Kein Gedanke an Huͤlfe,
an Rettung, konnte hier aufkommen. Schneller, als
hier es ſich leſen laͤßt, war Alles geſchehen, und in
den paar Augenblicken, die ich zum Heraneilen und
Hineinſchauen im Fluge verwendete, liefen auch uͤber
mir ſelbſt die Flammen an der Decke der Galerie ſchon
weit hinaus, fielen in meinem Ruͤcken ſchon brennende
Draperien, Lampen und Leuchter herab, und ich durfte
nicht ſaͤumen, ehe der Weg verſperrt wurde, in den
Garten zu entkommen.
18 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/289>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.