Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

daß schon bei dem Austritte des Kaisers aus dem
Saale, -- und vorher konnte keine Spritze auf dem
Platze, ja kaum gerufen sein, -- keine Macht der
Löschanstalten das brennende Gebäude könnte gerettet
haben.

Indessen wurden die Bemühungen, über das Ge¬
schick der vermißten Fürstin Auskunft zu erlangen, heftig
und angstvoll fortgesetzt. Die vornehmen Hof- und
Staatsdiener Napoleons flogen hin und her, die Boten
eilten nach allen Richtungen und kamen wieder, immer
fruchtlos, nirgends war eine Spur der Geretteten so
wenig als der Verunglückten zu finden. Alle Wohnun¬
gen der Freunde und Bekannten waren beschickt, die
ganze Nachbarschaft, jeder Winkel des Gartens, und
auch die noch sprühende Brandstätte so viel als möglich
durchsucht; Alles umsonst. Ein Bild des trostlosesten
Jammers irrte der unglückliche Fürst umher, bald in
den Gartengängen, bald in den Sälen erscheinend, die
körperliche Erschöpfung ließ ihn fast schon zusammen¬
sinken, während die Qual des Gemüths ihn zu immer
neuen Anstrengungen aufregte. Man suchte ihn fortzu¬
bringen, zu beruhigen, aber nichts wirkte auf ihn, auch
die Gegenwart und Anrede des Kaisers glitten stumpf
an dieser starren Verzweiflung ab.

Napoleon, des fruchtlosen Daseins überdrüssig, und,
nachdem das Feuer bis auf einzelne Gluthstellen bezwun¬
gen worden, schon ohne Gegenstand persönlicher Thä¬

daß ſchon bei dem Austritte des Kaiſers aus dem
Saale, — und vorher konnte keine Spritze auf dem
Platze, ja kaum gerufen ſein, — keine Macht der
Loͤſchanſtalten das brennende Gebaͤude koͤnnte gerettet
haben.

Indeſſen wurden die Bemuͤhungen, uͤber das Ge¬
ſchick der vermißten Fuͤrſtin Auskunft zu erlangen, heftig
und angſtvoll fortgeſetzt. Die vornehmen Hof- und
Staatsdiener Napoleons flogen hin und her, die Boten
eilten nach allen Richtungen und kamen wieder, immer
fruchtlos, nirgends war eine Spur der Geretteten ſo
wenig als der Verungluͤckten zu finden. Alle Wohnun¬
gen der Freunde und Bekannten waren beſchickt, die
ganze Nachbarſchaft, jeder Winkel des Gartens, und
auch die noch ſpruͤhende Brandſtaͤtte ſo viel als moͤglich
durchſucht; Alles umſonſt. Ein Bild des troſtloſeſten
Jammers irrte der ungluͤckliche Fuͤrſt umher, bald in
den Gartengaͤngen, bald in den Saͤlen erſcheinend, die
koͤrperliche Erſchoͤpfung ließ ihn faſt ſchon zuſammen¬
ſinken, waͤhrend die Qual des Gemuͤths ihn zu immer
neuen Anſtrengungen aufregte. Man ſuchte ihn fortzu¬
bringen, zu beruhigen, aber nichts wirkte auf ihn, auch
die Gegenwart und Anrede des Kaiſers glitten ſtumpf
an dieſer ſtarren Verzweiflung ab.

Napoleon, des fruchtloſen Daſeins uͤberdruͤſſig, und,
nachdem das Feuer bis auf einzelne Gluthſtellen bezwun¬
gen worden, ſchon ohne Gegenſtand perſoͤnlicher Thaͤ¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0298" n="284"/>
daß &#x017F;chon bei dem Austritte des Kai&#x017F;ers aus dem<lb/>
Saale, &#x2014; und vorher konnte keine Spritze auf dem<lb/>
Platze, ja kaum gerufen &#x017F;ein, &#x2014; keine Macht der<lb/>
Lo&#x0364;&#x017F;chan&#x017F;talten das brennende Geba&#x0364;ude ko&#x0364;nnte gerettet<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Inde&#x017F;&#x017F;en wurden die Bemu&#x0364;hungen, u&#x0364;ber das Ge¬<lb/>
&#x017F;chick der vermißten Fu&#x0364;r&#x017F;tin Auskunft zu erlangen, heftig<lb/>
und ang&#x017F;tvoll fortge&#x017F;etzt. Die vornehmen Hof- und<lb/>
Staatsdiener Napoleons flogen hin und her, die Boten<lb/>
eilten nach allen Richtungen und kamen wieder, immer<lb/>
fruchtlos, nirgends war eine Spur der Geretteten &#x017F;o<lb/>
wenig als der Verunglu&#x0364;ckten zu finden. Alle Wohnun¬<lb/>
gen der Freunde und Bekannten waren be&#x017F;chickt, die<lb/>
ganze Nachbar&#x017F;chaft, jeder Winkel des Gartens, und<lb/>
auch die noch &#x017F;pru&#x0364;hende Brand&#x017F;ta&#x0364;tte &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich<lb/>
durch&#x017F;ucht; Alles um&#x017F;on&#x017F;t. Ein Bild des tro&#x017F;tlo&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
Jammers irrte der unglu&#x0364;ckliche Fu&#x0364;r&#x017F;t umher, bald in<lb/>
den Gartenga&#x0364;ngen, bald in den Sa&#x0364;len er&#x017F;cheinend, die<lb/>
ko&#x0364;rperliche Er&#x017F;cho&#x0364;pfung ließ ihn fa&#x017F;t &#x017F;chon zu&#x017F;ammen¬<lb/>
&#x017F;inken, wa&#x0364;hrend die Qual des Gemu&#x0364;ths ihn zu immer<lb/>
neuen An&#x017F;trengungen aufregte. Man &#x017F;uchte ihn fortzu¬<lb/>
bringen, zu beruhigen, aber nichts wirkte auf ihn, auch<lb/>
die Gegenwart und Anrede des Kai&#x017F;ers glitten &#x017F;tumpf<lb/>
an die&#x017F;er &#x017F;tarren Verzweiflung ab.</p><lb/>
          <p>Napoleon, des fruchtlo&#x017F;en Da&#x017F;eins u&#x0364;berdru&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig, und,<lb/>
nachdem das Feuer bis auf einzelne Gluth&#x017F;tellen bezwun¬<lb/>
gen worden, &#x017F;chon ohne Gegen&#x017F;tand per&#x017F;o&#x0364;nlicher Tha&#x0364;¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0298] daß ſchon bei dem Austritte des Kaiſers aus dem Saale, — und vorher konnte keine Spritze auf dem Platze, ja kaum gerufen ſein, — keine Macht der Loͤſchanſtalten das brennende Gebaͤude koͤnnte gerettet haben. Indeſſen wurden die Bemuͤhungen, uͤber das Ge¬ ſchick der vermißten Fuͤrſtin Auskunft zu erlangen, heftig und angſtvoll fortgeſetzt. Die vornehmen Hof- und Staatsdiener Napoleons flogen hin und her, die Boten eilten nach allen Richtungen und kamen wieder, immer fruchtlos, nirgends war eine Spur der Geretteten ſo wenig als der Verungluͤckten zu finden. Alle Wohnun¬ gen der Freunde und Bekannten waren beſchickt, die ganze Nachbarſchaft, jeder Winkel des Gartens, und auch die noch ſpruͤhende Brandſtaͤtte ſo viel als moͤglich durchſucht; Alles umſonſt. Ein Bild des troſtloſeſten Jammers irrte der ungluͤckliche Fuͤrſt umher, bald in den Gartengaͤngen, bald in den Saͤlen erſcheinend, die koͤrperliche Erſchoͤpfung ließ ihn faſt ſchon zuſammen¬ ſinken, waͤhrend die Qual des Gemuͤths ihn zu immer neuen Anſtrengungen aufregte. Man ſuchte ihn fortzu¬ bringen, zu beruhigen, aber nichts wirkte auf ihn, auch die Gegenwart und Anrede des Kaiſers glitten ſtumpf an dieſer ſtarren Verzweiflung ab. Napoleon, des fruchtloſen Daſeins uͤberdruͤſſig, und, nachdem das Feuer bis auf einzelne Gluthſtellen bezwun¬ gen worden, ſchon ohne Gegenſtand perſoͤnlicher Thaͤ¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/298
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/298>, abgerufen am 22.11.2024.