zu bemerken wäre; einige Anekdoten aus dieser Sphäre mögen doch beides vielleicht für manche Leser sein. Die Nachrichten über den diplomatischen Gang der Verhand¬ lungen wegen Sachsen auf dem Wiener Kongresse konn¬ ten im Augenblicke, als der Verfasser sie schrieb, ein gutes Zeugniß für seine diplomatische Gegenwart und Aufmerksamkeit abgeben; seitdem ist die Neugier in diesem Betreff vollständiger befriedigt worden, oder auch unbefriedigt erloschen. Der Verfasser hat es auch eigent¬ lich mehr auf seine persönliche Geschichte angelegt, und da finden sich freilich Andeutungen und Bekenntnisse genug, die aber nicht zu gehöriger Reife kommen, und sowohl Verwicklungen als Aufschlüsse auf halbem Wege stehen lassen. Wenn man auf so bedenkliche Sachen hinweisen mag, wie S. 80 in den ersten Zeilen, so sollte man mit andren Dingen nicht mehr so große Umstände machen. Die litterarische Gestalt und vielleicht auch der historische Werth des Buches würde allerdings gewonnen haben, wenn die darin unläugbare Richtung zum Aergerniß und Verfänglichen noch etwas mehr wäre ausgebildet worden; und daß der moralische Werth dabei noch ungefähr eben so gut zu stehen käme, als bei der jetzigen halben Zurückhaltung, ist ganz außer Zweifel. --
zu bemerken waͤre; einige Anekdoten aus dieſer Sphaͤre moͤgen doch beides vielleicht fuͤr manche Leſer ſein. Die Nachrichten uͤber den diplomatiſchen Gang der Verhand¬ lungen wegen Sachſen auf dem Wiener Kongreſſe konn¬ ten im Augenblicke, als der Verfaſſer ſie ſchrieb, ein gutes Zeugniß fuͤr ſeine diplomatiſche Gegenwart und Aufmerkſamkeit abgeben; ſeitdem iſt die Neugier in dieſem Betreff vollſtaͤndiger befriedigt worden, oder auch unbefriedigt erloſchen. Der Verfaſſer hat es auch eigent¬ lich mehr auf ſeine perſoͤnliche Geſchichte angelegt, und da finden ſich freilich Andeutungen und Bekenntniſſe genug, die aber nicht zu gehoͤriger Reife kommen, und ſowohl Verwicklungen als Aufſchluͤſſe auf halbem Wege ſtehen laſſen. Wenn man auf ſo bedenkliche Sachen hinweiſen mag, wie S. 80 in den erſten Zeilen, ſo ſollte man mit andren Dingen nicht mehr ſo große Umſtaͤnde machen. Die litterariſche Geſtalt und vielleicht auch der hiſtoriſche Werth des Buches wuͤrde allerdings gewonnen haben, wenn die darin unlaͤugbare Richtung zum Aergerniß und Verfaͤnglichen noch etwas mehr waͤre ausgebildet worden; und daß der moraliſche Werth dabei noch ungefaͤhr eben ſo gut zu ſtehen kaͤme, als bei der jetzigen halben Zuruͤckhaltung, iſt ganz außer Zweifel. —
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zu bemerken waͤre; einige Anekdoten aus dieſer Sphaͤre
moͤgen doch beides vielleicht fuͤr manche Leſer ſein. Die
Nachrichten uͤber den diplomatiſchen Gang der Verhand¬
lungen wegen Sachſen auf dem Wiener Kongreſſe konn¬
ten im Augenblicke, als der Verfaſſer ſie ſchrieb, ein
gutes Zeugniß fuͤr ſeine diplomatiſche Gegenwart und
Aufmerkſamkeit abgeben; ſeitdem iſt die Neugier in
dieſem Betreff vollſtaͤndiger befriedigt worden, oder auch
unbefriedigt erloſchen. Der Verfaſſer hat es auch eigent¬
lich mehr auf ſeine perſoͤnliche Geſchichte angelegt, und
da finden ſich freilich Andeutungen und Bekenntniſſe
genug, die aber nicht zu gehoͤriger Reife kommen, und
ſowohl Verwicklungen als Aufſchluͤſſe auf halbem Wege
ſtehen laſſen. Wenn man auf ſo bedenkliche Sachen
hinweiſen mag, wie S. 80 in den erſten Zeilen, ſo
ſollte man mit andren Dingen nicht mehr ſo große
Umſtaͤnde machen. Die litterariſche Geſtalt und vielleicht
auch der hiſtoriſche Werth des Buches wuͤrde allerdings
gewonnen haben, wenn die darin unlaͤugbare Richtung
zum Aergerniß und Verfaͤnglichen noch etwas mehr waͤre
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noch ungefaͤhr eben ſo gut zu ſtehen kaͤme, als bei der
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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