und daß die Zwecke, Gewohnheiten, Liebhabereien und Kämpfe der Loge auf tausend Meilen von der Wissen¬ schaftlehre abstanden. Aber daß Fichte auch nur einen Augenblick hatte glauben können, hier festen Grund zu finden, gereichte noch immer bei uns der Maurerei zum Ruhme, und durfte das Interesse nähren, mit welchem gelegentlich die Geheimnisse zur Sprache kamen, über die man am liebsten doch persönlich zu erfahren wünschte, wie es damit beschaffen und was eigentlich daran sei. Meine Aufmerksamkeit war durch obige Erwähnung wieder auf die Freimaurerei gewandt, und ich äußerte wohl einmal die Ungeduld, noch nicht das in Preußen gesetzlich erforderte fünfundzwanzigste Lebensjahr erreicht zu haben, um zu diesen Mysterien zutrittfähig zu sein.
Dies war nicht unbeachtet geblieben. Professor Darbes, ein nicht ungeschickter Portraitmahler, vorzüg¬ lich aber als heitrer und kundiger Lebemann geschätzt und gesucht, war in der Berliner Gesellschaftswelt sehr ausgebreitet; seine Kunst, sein unterhaltender Humor, seine gewandte Sprechfertigkeit, und besonders auch die Freimaurerei, welche er von Grund aus zu kennen und mit Eifer zu treiben im Rufe stand, gaben ihm in den vornehmsten wie in den mittlern Kreisen leichten Zutritt und ein gewisses Ansehn. In Kopenhagen geboren, von katholischen Aeltern stammend, die ihn zum geist¬ lichen Stande bestimmt hatten, aber bald verwaist und früh in die Weltschule gekommen, hatte er sich in
und daß die Zwecke, Gewohnheiten, Liebhabereien und Kaͤmpfe der Loge auf tauſend Meilen von der Wiſſen¬ ſchaftlehre abſtanden. Aber daß Fichte auch nur einen Augenblick hatte glauben koͤnnen, hier feſten Grund zu finden, gereichte noch immer bei uns der Maurerei zum Ruhme, und durfte das Intereſſe naͤhren, mit welchem gelegentlich die Geheimniſſe zur Sprache kamen, uͤber die man am liebſten doch perſoͤnlich zu erfahren wuͤnſchte, wie es damit beſchaffen und was eigentlich daran ſei. Meine Aufmerkſamkeit war durch obige Erwaͤhnung wieder auf die Freimaurerei gewandt, und ich aͤußerte wohl einmal die Ungeduld, noch nicht das in Preußen geſetzlich erforderte fuͤnfundzwanzigſte Lebensjahr erreicht zu haben, um zu dieſen Myſterien zutrittfaͤhig zu ſein.
Dies war nicht unbeachtet geblieben. Profeſſor Darbes, ein nicht ungeſchickter Portraitmahler, vorzuͤg¬ lich aber als heitrer und kundiger Lebemann geſchaͤtzt und geſucht, war in der Berliner Geſellſchaftswelt ſehr ausgebreitet; ſeine Kunſt, ſein unterhaltender Humor, ſeine gewandte Sprechfertigkeit, und beſonders auch die Freimaurerei, welche er von Grund aus zu kennen und mit Eifer zu treiben im Rufe ſtand, gaben ihm in den vornehmſten wie in den mittlern Kreiſen leichten Zutritt und ein gewiſſes Anſehn. In Kopenhagen geboren, von katholiſchen Aeltern ſtammend, die ihn zum geiſt¬ lichen Stande beſtimmt hatten, aber bald verwaiſt und fruͤh in die Weltſchule gekommen, hatte er ſich in
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und daß die Zwecke, Gewohnheiten, Liebhabereien und
Kaͤmpfe der Loge auf tauſend Meilen von der Wiſſen¬
ſchaftlehre abſtanden. Aber daß Fichte auch nur einen
Augenblick hatte glauben koͤnnen, hier feſten Grund zu
finden, gereichte noch immer bei uns der Maurerei zum
Ruhme, und durfte das Intereſſe naͤhren, mit welchem
gelegentlich die Geheimniſſe zur Sprache kamen, uͤber
die man am liebſten doch perſoͤnlich zu erfahren wuͤnſchte,
wie es damit beſchaffen und was eigentlich daran ſei.
Meine Aufmerkſamkeit war durch obige Erwaͤhnung
wieder auf die Freimaurerei gewandt, und ich aͤußerte
wohl einmal die Ungeduld, noch nicht das in Preußen
geſetzlich erforderte fuͤnfundzwanzigſte Lebensjahr erreicht
zu haben, um zu dieſen Myſterien zutrittfaͤhig zu ſein.
Dies war nicht unbeachtet geblieben. Profeſſor
Darbes, ein nicht ungeſchickter Portraitmahler, vorzuͤg¬
lich aber als heitrer und kundiger Lebemann geſchaͤtzt
und geſucht, war in der Berliner Geſellſchaftswelt ſehr
ausgebreitet; ſeine Kunſt, ſein unterhaltender Humor,
ſeine gewandte Sprechfertigkeit, und beſonders auch die
Freimaurerei, welche er von Grund aus zu kennen und
mit Eifer zu treiben im Rufe ſtand, gaben ihm in den
vornehmſten wie in den mittlern Kreiſen leichten Zutritt
und ein gewiſſes Anſehn. In Kopenhagen geboren,
von katholiſchen Aeltern ſtammend, die ihn zum geiſt¬
lichen Stande beſtimmt hatten, aber bald verwaiſt und
fruͤh in die Weltſchule gekommen, hatte er ſich in
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/51>, abgerufen am 23.11.2024.
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